zurück
Kreis Haßberge
Standpunkt: Mut zu mehr Experiment
Dass sich die Kreispolitik nun auf die Bürgerinitiative für die Gelbe Tonne zubewegt und einen Kompromiss sucht, ist ein gutes Lehrstück für mehr Basisdemokratie.
Martin Sage
 |  aktualisiert: 07.04.2020 12:13 Uhr

Kompromiss ist das Zauberwort der Demokratie. Alter Hut: Kompromisse zu finden als größtmöglichen Konsens in einer Gesellschaft ist mühsam und führt bisweilen zu Ermüdungserscheinungen in Sachen Demokratie. Neuer Hut: Im Landkreis Haßberge zeichnet sich jetzt ein Kompromiss in einem der härtesten hiesigen Streitpunkte der jüngeren Vergangenheit ab: Wie soll der Verpackungsmüll beseitigt werden? 

Lange Zeit standen sich die Befürworter der Gelben Tonne, die den Verpackungsmüll von zu Hause abgeholt haben wollen (Holsystem), und die Verfechter der Wertstoffhöfe, zu denen der Bürger Verpackungen selbst bringen muss (Bringsystem), unversöhnlich gegenüber. Zuständig für den Abfall ist der Landkreis. Weil der Kreistag mehrheitlich für das bestehende Bringsystem war, schien die Gelbe Tonne keine Chance zu haben.

Das hat eine Bürgerinitiative geändert. Sie hat einen Bürgerentscheid erkämpft. Er soll im März stattfinden. Und weil es durchaus danach ausschaut, als könnte die Initiative gewinnen, bewegt sich nun auch die Kreispolitik. Ganz demokratisch, indem sie einen Kompromiss sucht und auch schon gefunden hat: Warum nicht beide Systeme kombinieren? Wer die Tonne will, kriegt sie. Wem das Bringsystem geeigneter erscheint, darf weiter zum Wertstoffhof fahren. So einfach ist das plötzlich.

 

Wenn es so kommt, dann startet im Haßbergkreis ein bemerkenswertes Experiment. Wie viele Bürger setzen künftig auf die Gelbe Tonne, wie viele auf die Wertstoffhöfe? Wie wird sich das auf die Kosten für den Landkreis und die einzelnen Haushalte auswirken, wie auf die Müllstatistik und auf die Umweltbilanz? Es ist ja umstritten, welches Verfahren ökonomischer und welches ökologischer ist. Das macht den Mix besonders reizvoll. Interessant am einzigartigen Nebeneinander von Hol und Bring wäre auch, welche persönlichen Erfahrungen die Bürger machen, und was sie daraus lernen: Dass die Tonne das Gelbe vom Ei ist, oder doch nicht? Dass die Wertstoffhöfe sinnvoll oder überflüssig sind? Wie wird die Kreispolitik reagieren, sollte sich Bürgers Verhalten bei der Entsorgung grundlegend ändern? 

In jedem Fall zeigt das Beispiel Gelbe Tonne, dass der Bürgerwille etwas  bewegen kann, wo der politische Wille unbeweglich erscheint. Das ist Basisdemokratie, ungeachtet vom Streitpunkt. In diesem Sinne ist es gut, wenn der Landkreis mehr Demokratie und Experiment wagt.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Haßfurt
Martin Sage
Basisdemokratie
Gelbe Tonne
Verpackungsmüll
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top