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HAßFURT
Stadtwerk Haßfurt lässt Putin zittern
Wo der Wasserstoff ins Gasnetz eingespeist wird, zeigen hier Stadtwerk-Geschäftsführer Norbert Zösch (links) und sein Mitarbeiter Markus Eichhorn. Für diese Technologie wurde das Stadtwerk Haßfurt am Donnerstagabend in Nürnberg mit dem Bayerischen Energiepreis ausgezeichnet.
Foto: Alois Wohlfahrt | Wo der Wasserstoff ins Gasnetz eingespeist wird, zeigen hier Stadtwerk-Geschäftsführer Norbert Zösch (links) und sein Mitarbeiter Markus Eichhorn.
Wolfgang Sandler
 |  aktualisiert: 29.03.2021 10:48 Uhr

Es war sicherlich eine der ersten Amtshandlungen des neuen bayerischen Ministers für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie, Hubert Aiwanger, dem Haßfurter Stadtwerks-Geschäftsführer Norbert Zösch die Hände zu schütteln und ihm einen Scheck über 2000 Euro in selbige zu drücken. Das Stadtwerk Haßfurt hatte nämlich eine Kategorie des Bayerischen Energiepreises 2018 – „Energieverteilung und Speicherung“ – mit dem Praxiseinsatz der zukunftsweisenden Power-to-Gas-Technologie für sich entscheiden können. Die Preisverleihung erfolgte am Donnerstagabend in Nürnberg.

Damit werden die Erkenntnisse honoriert, die das Gemeinschaftsunternehmen der Städtische Betriebe Haßfurt GmbH und der Hamburger Ökoenergiegenossenschaft Greenpeace Energy – die Windgas Haßfurt GmbH – für die Speicherung erneuerbarer Energien sammelt.

Besuch in Haßfurt spontan zugesagt

Der frischgebackene Energieminister bekannte bei der Preisübergabe an Norbert Zösch, dass er ursprünglich diese moderne Technologie in Niedersachsen besichtigen wollte, da er gar nicht gewusst habe, dass es so etwas auch in „seinem“ Land gibt. Er sagte Zösch deshalb spontan zu, eigens nach Haßfurt zu kommen, um sich über die Power-to-Gas-Anlage zu informieren.

„Die Energiewende gelingt nur durch eine effiziente Energieverwendung.“
Hubert Aiwanger, Energieminister

Schon seit Oktober 2016 wird in Haßfurt überschüssige Energie aus erneuerbaren Kraftwerken im städtischen Stromnetz von einem Elektrolyseur in umweltfreundlichen Wasserstoff umgewandelt, heißt es in der Laudatio auf das Stadtwerk. Dieses sogenannte „Windgas“ werde für proWindgas-Kunden von Greenpeace Energy ins Gasnetz eingespeist. Je mehr Strom im Zuge der Energiewende künftig aus Windkraft- und Solaranlagen stammt, desto größer werden die dabei entstehenden Stromüberschüsse sein. Diese lassen sich als Windgas in großen Mengen ins Gasnetz einspeisen, wo sie über lange Zeiträume gespeichert und bei Bedarf wieder verstromt werden können. So lassen sich bis zu drei Monate lange Phasen ohne Wind und Sonnenschein überbrücken. Die dafür nötige Speicherkapazität bietet nur die Windgas-Technologie, die das bestehende Gasnetz samt unterirdischer Lager nutzt.

Sicherung des Stromnetzes

Der reaktionsschnelle 1,25-MW-Elektrolyseur der neuesten Generation von Siemens stabilisiere zugleich das Stromnetz, bei dem Erzeugung und Verbrauch immer im Gleichgewicht sein müssen. Dafür fährt er seine Leistung binnen Sekunden herauf oder herab, um Frequenzschwankungen im Netz zu kompensieren und so etwa Blackouts zu verhindern, heißt es weiter in der Begründung der Preisverleihung.

„Die Energiewende gelingt nur durch eine effiziente Energieverwendung. Wir brauchen neue Ideen, wie wir die Energienutzung intelligent steuern. Wettbewerbe wie der Bayerische Energiepreis fördern die Entwicklung der Technologien, die wir dafür brauchen“, sagte Aiwanger angesichts dieser geballten Technik.

Haßfurt leistet Pionierarbeit

„Wir leisten hier in Haßfurt Pionierarbeit“, sagte Norbert Zösch. „Ohne das Engagement der Kommunen wird die Energiewende kaum erfolgreich sein. Wir hoffen, unser Beispiel findet viele Nachahmer.“

Die Veranstalter bewiesen Sinn für Humor, als der Moderator den Haßfurter Stadtwerksleiter fragte, ob denn der russische Präsident Wladimir Putin als schwergewichtiger Gaslieferant des Westens nicht nervös werde, wenn hier auf diese Art Gas gewonnen werde. Zösch fing den Ball auf, den ihm der Moderator zugespielt habe: „Solange wir nur in Haßfurt Windgas produzieren, kann er ruhig bleiben. Aber wenn Sie, Herr Minister, mit Ihrer Ankündigung, diese Technik zu forcieren, ernst machen, kann er sich schon mal Gedanken machen.“

Preis wird alle zwei Jahre ausgelobt

Das Bayerische Wirtschaftsministerium zeichnet alle zwei Jahre herausragende Leistungen für eine effiziente Energiegewinnung und -nutzung aus. Die hohe Resonanz von 168 eingereichten Bewerbungen zeige das starke Interesse bei Unternehmen, Forschungseinrichtungen und Organisationen, so Minister Aiwanger. Zum elften Mal wählte eine Jury aus Energieexperten die Preisträger aus. „Wir wollen ein effizientes und nachhaltiges Energiesystem aus und für Bayern. Auch in diesem Jahr beweisen die Preisträger, dass bayerische Unternehmen und Forschungseinrichtungen hierfür hervorragend aufgestellt sind“, sagte Hubert Aiwanger.

Den Bayerischen Energiepreis 2018, der mit 15 000 Euro dotiert ist, erhält die Unterfränkische Überlandzentrale eG (ÜZ Mainfranken) für das Projekt „ÜZ – Erneuerbarer Energie einen Wert geben!“. An das Netz der Energiegenossenschaft ÜZ Mainfranken sind über 6350 Anlagen angeschlossen, die Strom aus erneuerbaren Energien produzieren. Gemeinsam mit Kommunen entwickelt die ÜZ Mainfranken die wärmetechnische Erschließung von Neubaugebieten, die Nutzung der oberflächennahen Geothermie mit Erdsonden und den Einsatz von Wärmepumpen mit kombinierten Speichern. Das Gesamtkonzept verbindet Strom und Wärme und vermeidet, zu viel Strom zu produzieren. Dazu stellt die ÜZ Mainfranken die Wärmequelle schlüsselfertig bereit.

„Ohne das Engagement der Kommunen wird die Energiewende kaum erfolgreich sein.“
Geschäftsführer Norbert Zösch, Stadtwerk Haßfurt

Was den Haßfurter Stadtwerks-Geschäftsführer zur neidlosen Anerkennung veranlasste: „Die ÜZ ist natürlich größer und kann mehr Projekte vorweisen.“ Und mit einem kommunalen Schmunzeln: „Die haben natürlich auch keine defizitären Bereiche am Hals wie ein Schwimmbad, eine Eishalle und so weiter.“

Gegen zahlreiche Mitbewerber durchgesetzt

Neben dem Hauptpreis vergibt das Ministerium aber immer auch weitere Preise in sieben Kategorien. Und den Bayerischen Energiepreis in der Kategorie „Energieverteilung und -speicherung“ konnte eben das Stadtwerk Haßfurt erringen. Seit 1999 wurden insgesamt 1567 Bewerbungen eingereicht, 113 Preisträger konnten ausgezeichnet werden.

Lesen Sie dazu auch das Streiflicht.

Das Stadtwerk Haßfurt wurde mit dem Bayerischen Energiepreis 2018 für seine Power-to-Gas-Anlage ausgezeichnet. Den mit 2000 Euro dotierten Preis nahmen aus den Händen von Minister Hubert Aiwanger (Zweiter von rechts) Hans-Joachim Schiewer (Stadtwerk) und Bürgermeister Günther Werner (von links) sowie der Geschäftsführer des Stadtwerks Haßfurt, Norbert Zösch (rechts), entgegen.
Foto: Felix Zösch | Das Stadtwerk Haßfurt wurde mit dem Bayerischen Energiepreis 2018 für seine Power-to-Gas-Anlage ausgezeichnet. Den mit 2000 Euro dotierten Preis nahmen aus den Händen von Minister Hubert Aiwanger (Zweiter von rechts) ...
 
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  • radfahrer
    Meögliches Contra: Schadstofferhöhung wegen rieseiger Verluste?

    Aus grundsätzlichen naturwissenschaflichen Gründen, verliert hochwertiger Strom immer 2 Drittel bis 3 Viertel seines Werts, wenn er in den einfachen Brennstoff Wasserstoff umgewandelt und dann in Strom/Kraft zurückverwandelt wird. Man kann
    Strom-Wasserstoffspeicher mit jedem effizienten Speicher vergleichen. Stets ist der Energieverbrauch des Strom-Wasserstoffwegs ggü. dem Vergleichssystem drei- bis viermal höher. Die riesigen Verluste dieses Wasserstoff-Umwegs müssen immer über Mehrproduktion von Kohle-, Atom- oder erneuerbare Kraftwerken ausgeglichen werden. Daher führt der Umweg über Wasserstoff immer auch zu deutlichen Klimagas- und Schadstofferhöhungen.
    Ist Power-to-Gas ein Heilsbringer für die Energiewende oder eine teure Spielerei mit zu hohen Energieverlusten?
    Sollte man zumindest Überschüsse als Gas spreichern oder lieber auf andere Speicher setzen?
    https://www.erneuerbareenergien.de/archiv/umfrage-wie-sinnvol..
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  • Wenn hochwertiger Strom aber erst gar nicht produziert werden kann, weil es das Stromnetz nicht hergibt, dann verliert er sogar 4 viertel seines Wertes :O Dann muss man entweder Leitungen bauen, was die manche Anwohner aber nicht wollen (siehe SüdLink), oder solche Lösungen finden.
    Ob es in Haßfurt tatsächlich nötig ist, ob die dortigen Windmühlen davor häufig abgeschaltet wurden, weiß ich nicht. Ist aber mit der geringen Leistung auch eindeutig eine Pilotanlage.
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  • radfahrer
    "leonhardd" Windmühlenabschaltung begründet sich wie folgt:

    Wenn im Norden der Wind auffrischt, werden die Windparks im Landesinneren abgebremst, weil niemand weiß wohin mit der Energie - ein Irrsinn, der noch dadurch gesteigert wird, dass die abgeregelten WEA-Anlagen selbst Strom aus dem Netz
    ziehen, damit deren Kühlung und Elektronik nicht ausfallen. Den WEA-Besitzern kann es egal sein, ob Strom gebraucht wird oder nicht. Denn für ihre Rendite spielt dies keine Rolle. Sie haben von Gesetzes wegen Anspruch auf Ausfallhonorar, sobald die WEA-Rotoren wegen überlasteter Netze in den Leerlauf gehen. Die Bürger hingegen
    zahlen drauf. Bereits 2015 wurden den Verbrauchern ca. 250 Millionen Euro für Strom in Rechnungs gestellt, den sie nie bekommen haben. "Wir haben die Situation, dass wir Windstrom aus dem Norden nicht dorthin leiten können, wo der Strom gebraucht wird", räumte BK Merkel ein.
    Quelle: "DER SPIEGEL", Ausgabe 27/2016

    Speichertechnoligie fehlt ebenfalls!?
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