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KÖNIGSBERG
Stadtrat lässt Gottwald abblitzen
Zulässige Begründung oder nicht? Der Stadtrat lehnte einen Teil der Unterschriftenlisten ab.
Foto: Martin Sage | Zulässige Begründung oder nicht? Der Stadtrat lehnte einen Teil der Unterschriftenlisten ab.
Peter Schmieder
 |  aktualisiert: 29.03.2021 10:53 Uhr

Wie es sich bereits im Vorfeld angekündigt hatte, hat der Königsberger Stadtrat mit einer breiten Mehrheit das Bürgerbegehren zur Rückabwicklung der Fusion der Sparkassen Schweinfurt und Ostunterfranken abgelehnt. Bei nur einer Gegenstimme entschied das Gremium, die Forderungen von Sparkassenkritiker Rainer Gottwald nicht zu einem Bürgerentscheid zuzulassen.

Als wollte das Wetter die Dramatik der Situation unterstreichen, waren während der Sitzung von draußen immer wieder Donner zu hören, gelegentlich zuckte auch ein Blitz am Himmel. Mehrfach wollten sich Besucher zu Wort melden, denen Bürgermeister Claus Bittenbrünn erklärte, dass eine öffentliche Stadtratssitzung keine Bürgerversammlung sei – Besucher dürfen zuhören, aber nicht mitdiskutieren. Gerade als sich Rainer Gottwald zu Wort melden wollte, war ein Alarm zu hören, so dass die beiden Stadträte und Feuerwehrkommandanten Peter Schüler und Ralf Schlinke aus dem Sitzungssaal stürmten, um zu einem Einsatz zu kommen.

Zuspitzung oder Lüge?

Hauptverwaltungsleiter Johannes Mücke führte aus, insgesamt seien 83 Listen mit Unterschriften vorgelegt worden. Mindestens zehn Prozent der Wahlberechtigten müssen darauf unterschrieben haben, um einen Bürgerentscheid herbeizuführen – im Fall von Königsberg wären 302 Unterschriften nötig gewesen. Tatsächlich fanden sich weit mehr Unterschriften auf den Listen, aus Sicht der Königsberger Verwaltung sind allerdings einige Listen ungültig. Dabei ging es um die Begründung des Bürgerbegehrens, die auf der Unterschriftenliste mit abgedruckt werden muss.

„Die Begründung auf der Liste muss so ausführlich sein, dass sich jemand, der das Anliegen nur von der Liste kennt, sich ein Bild davon machen kann“, übersetzte Verwaltungsleiter Mücke einen in Behördensprache formulierten Gesetzestext in verständliches Deutsch. Dabei sei es auch erlaubt, dass die Begründung zugespitzt und einseitig ist. An dieser Stelle fragte Bürgermeister Bittenbrünn: „Und was ist, wenn die Begründung eine Lüge ist?“ Denn aus der Sicht von Bittenbrünn und Mücke, der sich auch die überwiegende Mehrheit der Stadträte anschloss, ist Gottwalds Begründung in einem Maße falsch, das über eine einfache Zuspitzung zu weit hinausgeht.

„Kein Verschenken von kommunalem Eigentum“, steht auf den Zetteln. „Es wird kein kommunales Eigentum verschenkt“, erklärte Mücke. An der Sparkasse Ostunterfranken hatte die Stadt Königsberg einen Anteil von 17 Prozent, nach der Fusion hat sie 5,58 Prozent an der rund drei Mal so großen Sparkasse Schweinfurt-Haßberge. „Wenn ich in der Schule war, weiß ich, dass das ungefähr gleich ist“, sagte Bittenbrünn. Damit handle es sich um eine Falschaussage.

Weiter lautet Gottwalds Begründung: „Identitätsverlust von Stadt Königsberg und Landkreis Haßberge.“ Hierzu meinte der Bürgermeister: „Die Sparkasse Königsberg gibt's schon lange nicht mehr. Der Kunde merkt nicht, ob er in die Sparkasse Ostunterfranken oder die Sparkasse Schweinfurt-Haßberge geht.“ Einen Identitätsverlust für Königsberg gebe es also nicht. „Und ich kann nicht als Stadt gegen den Identitätsverlust des Landkreises stimmen.“

Fehler eingeräumt

Der Bürgermeister räumte ein, dass Sparkasse und Politik Fehler in der Informationspolitik gemacht hätten. „Es hätte letztes Jahr mal eine Veranstaltung geben sollen.“ Auch könne er die Sorge von Sparkassenmitarbeitern um Arbeitsplatzveränderungen verstehen. Dennoch halte er die Fusion insgesamt für sinnvoll. „Meiner Meinung nach profitieren die Mitarbeiter.“

Dem widersprach Thomas Heller. „Ich sehe nicht die Sinnhaftigkeit der Fusion“, meinte der Stadtrat, der schon einmal im Königsberger Stadtrat gegen die Fusion gestimmt hatte.

Vier verschiedene Versionen

Bei der Frage, ob der Stadtrat das Bürgerbegehren zulassen muss, ging es schließlich darum, dass insgesamt vier verschiedene Versionen der Unterschriftenliste existieren: Die Vorderseite ist immer gleich und enthält die bereits zitiert kurze Begründung. Die Rückseite ist dagegen unterschiedlich. In drei Version findet sich dort eine ausführlichere Begründung, warum Gottwald eine Rückabwicklung der Fusion fordert, teilweise auch mit einer Beschreibung des aktuellen Standes der Unterschriftensammlung und des geplanten weiteren Vorgehens. Daneben gibt es noch eine Variante, in der die Rückseite leer ist.

Aus Sicht der Verwaltung sind die Listen mit einem Text auf der Rückseite gültig. Diejenigen, die nur den kurzen Text auf der Vorderseite haben, seien dagegen ungültig – nicht, weil die Begründung zu kurz oder pointiert sei, sondern weil sie faktisch falsch sei. Damit blieben 210 Unterschriften; zu wenig für ein Bürgerbegehren.

Heftig fiel auch die Kritik des Bürgermeisters am Verhalten Gottwalds aus. Dessen Aussage, Königsberg werde „dominiert von einem Großunternehmer, der für die Fusion ist“, weshalb es fast niemand wage „gegenteiliger Meinung zu sein“ bezeichnete Bittenbrünn als „unter aller Kanone“. Damit nahm er Stadtrat Otto Kirchner, den Chef der Fränkischen Rohrwerke, in Schutz.

Prüfung durchs Innenministerium

Rainer Gottwald wollte sich zu Wort melden, der Stadtrat lehnte es allerdings einstimmig ab, ihn sprechen zu lassen. Bei einer Gegenstimme von Thomas Heller folgten die Stadträte in der folgenden Abstimmung dem Beschlussvorschlag und lehnten damit das Bürgerbegehren ab. In einer zweiten Abstimmung ging es um die materielle Zulässigkeit des Bürgerbegehrens. Das Innenministerium und die Regierung von Unterfranken waren zum Ergebnis gekommen, dass eine Rückabwicklung einer Fusion im Sparkassengesetz nicht vorgesehen sei. Damit sei das Bürgerbegehren „nicht auf ein Ziel gerichtet, das sich verwirklichen lässt“.

Auch hier entschied das Gremium bei einer Gegenstimme von Thomas Heller, dass das Bürgerbegehren materiell nicht zulässig sei. Sollte Rainer Gottwald also vor dem Verwaltungsgericht durchsetzen können, dass alle Unterschriften für gültig erklärt werden, müsste er noch eine weitere Hürde überwinden, um doch noch einen Bürgerentscheid herbeizuführen.

Unter den insgesamt 15 Zuschauern der Sitzung waren neben Gottwald auch die beiden Sparkassenchefs Johannes Rieger und Peter Schleich. Rieger war früher Vorsitzender der Sparkasse Schweinfurt und leitet jetzt die gesamte Sparkasse Schweinfurt-Haßberge, der ehemalige Haßfurter Sparkassenchef Schleich ist nun Vorstandsmitglied.

Gottwald will vor Gericht gehen

Rainer Gottwald kündigte unmittelbar nach der Sitzung gegenüber dieser Redaktion an, gleich am nächsten Tag zum Verwaltungsgericht zu gehen. Außerdem warf er die Frage auf, ob Claus Bittenbrünn überhaupt berechtigt gewesen sei, die Sitzung zu leiten und in Sachen Sparkasse mit abzustimmen. Immerhin sei der Bürgermeister als Mitglied des Sparkassenverwaltungsrats, dessen Bezüge sich durch die Fusion erhöhen, in der Sache befangen. „Ich gehe davon aus, dass ich gewinne“, sagte Gottwald selbstbewusst.

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