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Haßfurt
Sophia Zehe von Bestattungen Zehe in Haßfurt: Immer mehr Menschen wollen ihren letzten Weg selbst bestimmen
Im Interview mit der Redaktion gibt die Unternehmerin Aufschluss über die Trends der Zeit. Und äußert sich zur Zukunft der christlichen Friedhöfe.
Das traditionelle Grab – hier auf dem Friedhof in Ebelsbach – stellt heute nur noch eine von vielen Möglichkeiten der Bestattung dar.  
Foto: Johanna Heim | Das traditionelle Grab – hier auf dem Friedhof in Ebelsbach – stellt heute nur noch eine von vielen Möglichkeiten der Bestattung dar.  
Wolfgang Aull
 |  aktualisiert: 06.11.2024 02:40 Uhr

Ein Mensch stirbt, ein Bestattungsunternehmen kommt mit dem Sarg angefahren und binnen weniger Tage findet der Verstorbene auf einem Friedhof, von einem Geistlichen zeremoniell begleitet, seine letzte Ruhe. Später wird ein Grabstein aufgestellt, das Grab von Angehörigen mit Blumenschmuck gepflegt, bis es nach circa zwanzig Jahren aufgelöst oder für einen weiteren Familienangehörigen zur Verfügung gehalten wird. Was lange Gültigkeit hatte, verliert derzeit massiv an Bedeutung. Die Firma Bestattungen Zehe ist ein Familienunternehmen mit Sitz in Haßfurt und Filialen in Ebern und Knetzgau. Die Redaktion hat mit Sophia Zehe, 25, gesprochen.

Frage: Die deutsche Bestattungskultur wurde im Jahre 2020 von der Unesco zum immateriellen Kulturerbe erhoben. Dies klingt feierlich, von traditionellen und bewährten Säulen getragen. Wie erleben Sie Bestattungskultur?

Sophia Zehe: In den letzten Jahrzehnten hat sich die Bestattungskultur sehr gewandelt. Die traditionellen Erdbestattungen, die über Jahrhunderte hinweg die gängige Praxis waren, treten zunehmend in den Hintergrund. Eine der auffälligsten Entwicklungen ist der zunehmende Trend hin zur Feuerbestattung.

Woran könnte dies Ihrer Ansicht nach liegen?

Zehe: Die Bestattungskultur ist vielfältiger geworden. Viele Menschen wünschen eine Bestattungsform, die nicht zwingend an traditionelle Praktiken gebunden ist. Stattdessen suchen sie nach Möglichkeiten, ihre Trauer auf eine Weise auszudrücken, die individuell zu ihnen passt.

Nicht überall – wie hier im Falle eines Kindergrabes in Kopenhagen – dürfen Grabstätten so individuell gestaltet sein, wie es sich die Angehörigen wünschten.
Foto: Martin Sage | Nicht überall – wie hier im Falle eines Kindergrabes in Kopenhagen – dürfen Grabstätten so individuell gestaltet sein, wie es sich die Angehörigen wünschten.
Sie sagen, "Menschen wünschen eine Bestattungsform." Entscheiden nicht die Hinterbliebenen, wie und wo die Beisetzung erfolgt?

Zehe: Es ist zu beobachten, dass sich Menschen vermehrt mit dem Thema der eigenen Bestattung auseinandersetzen. Sie wollen ihren letzten Weg selbst bestimmen und ihre Angehörigen entlasten.

Wie könnte dies aussehen?

Naturnahe Bestattungen, wie beispielsweise im Ruheforst oder Friedwald, sind aktuell sehr beliebt. Seebestattungen sind eine gerne genutzte alternative Bestattungsform. Der Fantasie sind bekanntlich keine Grenzen gesetzt.

Werden Sie auch nach weiteren Beisetzungsalternativen gefragt?

Auch Luftbestattungen und Diamantbestattungen sind Alternativen, für die sich Hinterbliebene interessieren.

Bestattungsunternehmerin Sophia Zehe: 'Es ist zu beobachten, dass sich Menschen vermehrt mit dem Thema der eigenen Bestattung auseinandersetzen.'
Foto: Wolfgang Aull | Bestattungsunternehmerin Sophia Zehe: "Es ist zu beobachten, dass sich Menschen vermehrt mit dem Thema der eigenen Bestattung auseinandersetzen."
Und die Beisetzung an sich: Früher war es doch selbstverständlich, dass hier der Pfarrer in Erscheinung trat. Nun verliert der Glaube zunehmend an Bedeutung. Entsteht hier nicht eine Lücke, und wenn, wie wird sie ausgefüllt?

Ja, wenn die Zeremonie nicht von einem Geistlichen begleitet wird, entsteht eine Lücke. Jedoch: Es gibt ein großes Angebot an Trauerrednern und Trauerrednerinnen, die sie ausfüllen können. Diese bieten eine Alternative beziehungsweise Ergänzung zu Geistlichen, die die Zeremonien nach den persönlichen Vorstellungen der Angehörigen gestalten.

Ihre Einschätzung zum kommunalen beziehungsweise christlichen Friedhof. Welche Zukunft hat er?

Die Zukunft kommunaler und christlicher Friedhöfe hängt stark davon ab, wie gut sie sich an die sich wandelnden Wünsche und Bedürfnisse der Angehörigen anpassen. Es ist zu sehen, dass viele Friedhofsträger diesen Wandel erkennen und auf diesen auch reagieren. Auf vielen Friedhöfen wurden beispielsweise naturnahe Grabstätten geschaffen, die eine gerne genutzte Bestattungsform sind. Ebenso pflegefreie Gräber. Wenn jedoch die Friedhofsträger nicht bereit sind, auf diese Veränderungen zu reagieren, könnte es auf Dauer zu einem Rückgang der Nachfrage kommen.

Platzsparend und pflegeleicht: Eine Nischenwand für Urnen auf dem Westfriedhof in Nürnberg (Archivfoto).
Foto: Daniel Karmann, dpa | Platzsparend und pflegeleicht: Eine Nischenwand für Urnen auf dem Westfriedhof in Nürnberg (Archivfoto).
An welche Hürden denken Sie hierbei?

Ein zentrales Thema ist die Grabpflege. Die Pflege eines regulären Erd- oder Urnengrabes bedeutet viel Aufwand. Auch kommt es oft vor, dass Angehörige weiter weg wohnen und somit die Grabpflege selbst gar nicht übernehmen können.

Oder wollen?

Viele Angehörige und auch Vorsorgende wünschen sich eine unkomplizierte Lösung, die mit ihrem Lebensstil vereinbar ist. Ich erlebe es auch oft, dass Hinterbliebene auf alternative, ortsungebundene Gedenkmöglichkeiten setzen. Schmuck mit dem Fingerabdruck des Verstorbenen beispielsweise.

Noch ein persönlicher Tipp zum Abschluss?

Eine Bestattungsvorsorge ist ein guter Weg, um bereits zu Lebzeiten das festzuhalten, was einem im Falle des Ablebens wichtig ist. Sehen Sie, sich zu Lebzeiten mit der eigenen Bestattung auseinanderzusetzen, klingt für viele Menschen zunächst einmal ungewöhnlich. Und doch zeigt unsere Erfahrung, dass es hierfür einige gute Gründe gibt: Im Trauerfall fällt es schwer, Entscheidungen mit großer Tragweite zu treffen. Wir erleben, dass es für viele Menschen einfach eine emotionale Entlastung ist zu wissen, dass der eigene Abschied geregelt ist. Ihre Angehörigen wiederum müssen in ihrer Trauer weniger Entscheidungen treffen und können sicher sein, dass alles in ihrem Sinne abläuft. Und die Wünsche des Verstorbenen werden selbstverständlich, soweit das möglich ist, so umgesetzt wie gewünscht.

 
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