Katja Winter hat den Blick fest auf den Boden geheftet und stapft zügig zwischen einigen Baumstämmen hindurch. Es raschelt und knackt bei jedem ihrer Schritte über den Waldboden, doch sie muss nicht lange suchen. Noch bevor die grünen Halme zum Vorschein kommen, liegt der markante Duft von Knoblauch in der Luft. Winter geht in die Hocke und pflückt vorsichtig einige Blätter Bärlauch. "Das ist eines der bekanntesten Wildkräuter", sagt sie und schnuppert daran. "Der Geruch ist ein typisches Erkennungsmerkmal."
Katja Winter ist seit Beginn des Jahres Rangerin im Naturpark Haßberge. Normalerweise wäre sie hier im Wald zwischen Zeil am Main und Krum mit einer Schulklasse unterwegs, sagt Winter. Doch das Coronavirus habe ihr einen Strich durch die Rechnung gemacht. "Es ist zwar verständlich, aber schade, dass alle Veranstaltungen bis Anfang Mai abgesagt werden mussten."
Die Rangerin organisiert neben Führungen und Projekten für Schüler auch öffentliche Veranstaltungen. "Außerdem beantworte ich die Fragen der Besucher – egal ob Einheimische oder Touristen", erklärt sie. Öffentlichkeitsarbeit ist aber nur eine von Winters Aufgaben. Als Rangerin sei sie unter anderem auch dafür verantwortlich, den Zustand der Wanderwege und der Informationstafeln im Naturpark zu überprüfen. Mit Projekten wie dem Bau von Insektenhotels gehört auch der Naturschutz zu ihrem Aufgabenfeld. "Viele können mit dem Beruf des Rangers nicht so viel anfangen, deswegen muss ich oft erklären, was ich eigentlich mache."
Vielfältige Aufgaben drinnen und draußen
Organisatorische Aufgaben erledigt die 37-Jährige in ihrem Büro in Hofheim, häufig ist sie aber auch im Gelände unterwegs. "Mein Arbeitsplatz ist mit 860 Quadratkilometern ziemlich groß", erklärt Winter. Über diese Fläche und insgesamt vier Landkreise – die Haßberge, Rhön-Grabfeld, Bamberg und Schweinfurt – erstreckt sich der Naturpark. Der größte Anteil liegt mit etwa 65 Prozent im Haßbergkreis.
Doch wie wird man zur Rangerin? Katja Winter ist schon seit ihrer Kindheit sehr naturverbunden. Sie hat Umweltwissenschaften in Lüneburg studiert und sich zur Natur- und Erlebnispädagogin weitergebildet. Zuletzt arbeitete sie in Bamberg in der Umweltstation Lias-Grube. Mittlerweile wohnt Winter wieder in Zeil, wo sie auch aufgewachsen ist.
"Wenn ich draußen unterwegs bin, schaue ich auch gerne auf die Details und Kleinigkeiten am Wegesrand", sagt die Rangerin und hebt ein kleines, trockenes Stück Moos auf. Auf den ersten Blick wirke es zwar wie abgestorben, sagt sie, durch den nächsten Regen werde es jedoch wieder zum Leben erweckt. Ihre Faszination für solche Phänomene wolle sie an Kinder und Erwachsene weitergeben. Wissenschaftliche Fachbegriffe sind für sie dabei zweitrangig. Stattdessen gehe es darum, auf eine humorvolle und unterhaltsame Art Informationen zu vermitteln und für die Natur zu begeistern.
Die Themen ihrer Führungen stimme sie immer stark auf die Umgebung und die Jahreszeiten ab, erklärt Winter. So wolle sie ein Naturerlebnis mit allen Sinnen möglich machen. An Muttertag etwa gehe es um die Vielfalt der Blüten am Wegesrand, im Herbst sei eine Weinbergwanderung geplant. Auch der Klimawandel sei aktuell ein großes Thema, sagt die Rangerin: "Selbst ein Laie kann erkennen, dass sich der Wald verändert." Das wolle sie bei Waldbegehungen in Kooperation mit lokalen Forstexperten ebenfalls thematisieren.
"An dieser Stelle sind nicht nur die Wildkräuter interessant, sondern auch das Totholz", sagt die Rangerin und überquert mit einem großen Schritt den Setzbach. Einige Meter weiter liegen mehrere dicke Baumstämme am Boden. "Hier wird man nach einiger Zeit wunderbar erkennen, dass sich eine Eiche viel langsamer zersetzt als ein Buche", erklärt Winter. Das liege an der Gerbsäure, die Eichen zum Schutz vor Schädlingen und Pilzbefall produzieren. Durch diesen Stoff werde auch das Holz haltbarer.
Zweite Rangerstelle in Planung
Momentan ist Winter die einzige Rangerin im Naturpark Haßberge. Im Laufe des Jahres werde sie jedoch Unterstützung bekommen, sagt sie. Dann soll es voraussichtlich einen zweiten Vollzeit-Rangerposten für das Gebiet geben. Luxus sei das nicht, findet Winter. Immerhin gehe es um eine große Fläche mit zahlreichen Naturerlebnis-Pfaden für Kinder und einem riesigen Wanderwegenetz. Allein der Burgen- und Schlösserwanderweg habe eine Länge von 212 Kilometern, betont sie.
Einen völlig neuen Weg beschreitet der Naturpark mit dem Einsatz der Ranger nicht. Im Spessart etwa gibt es schon seit einigen Jahren ein ähnliches Konzept. Der erste Ranger nahm dort 2018 seine Tätigkeit auf. Mittlerweile ist, ebenso wie im Biosphärenreservat Rhön, ein vierköpfiges Team im Einsatz. Für diese Stellen bekommen die Naturparks eine Förderung vom bayerischen Umweltministerium. Je nach Flächengröße gibt es vom Freistaat einen Zuschuss für zwei bis vier Rangerposten.
Winter will ihre Möglichkeiten als Rangerin nutzen, um den Naturpark und seine Angebote besonders bei der einheimischen Bevölkerung bekannter zu machen: "Viele wissen gar nicht, welches Potential direkt vor ihrer Haustüre liegt. Das wollen wir ändern."