Auf „Spurensuche zwischen Main und Haßberge“ führte das Projekt „Jüdische Lebenswege“ zahlreiche interessierte Besucher nach Friesenhausen ins Schloss der Familie von Eichborn und nach Burgpreppach, als Gast ins Schloss der Familie von Monika von Deuster.
Vor zwei Jahren waren beide Schlösser Drehorte und Kulisse zu der deutsch-russischen Koproduktion „Paradies“ des russischen Regie-Altmeisters Andrei Konchalovsky und Co-Regisseur Stanislav Güntner. Bei einigen Filmszenen wirkten als Statisten Friesenhäuser Bürger mit (wir berichteten).
Der Film „Paradies“ erzählt von drei Schicksalen während der NS-Zeit im besetzten Frankreich. Das in Schwarz-Weiß gedrehte Filmdrama ist eine vielschichtige Parabel über den Zweiten Weltkrieg und über menschliche Abgründe. Im Mittelpunkt des gut zweistündigen Filmdramas stehen die Geschichte von Juden, der französische Widerstand und russische Emigranten und ihre Verfolgung durch die SS und die Gestapo. Der mehrfach prämierte Film erhielt unter anderem den Friedenspreis des Deutschen Films. Für die ästhetisch beeindruckende und eigenwillige Inszenierung wurde Konchalovsky bei den 73. Filmfestspielen von Venedig mit dem Silbernen Löwen als bester Regisseur ausgezeichnet.
Christian Wittman, der Vorsitzende des Vereins „besser-gemeinsam-leben“ in Friesenhausen, hatte ursprünglich die Idee, den Film vor Ort zu zeigen. Als Partner konnte Bruno Schneyer vom Zeiler Capitol-Theater-Kino gewonnen werden. Über 130 Zuschauern konnte Melanie von Truchseß als Gastgeber und Sprecherin der Friesenhäuser Schlossherrn-Familie von Eichborn zur Erstaufführung des Kinofilms begrüßen. Der große Scheunensaal war bis zum letzten Platz so gut wie ausverkauft.
Am darauf folgenden Tag öffnete am Samstagnachmittag Monika von Deuster die Pforten von Schloss Burgpreppach und begrüßte stellvertretend für Bürgermeister Hermann Niediek die Besucher. Das ehemalige Wasserschloss war ebenfalls in einigen Filmsequenzen Drehort der Filmleute.
Eine Bilderausstellung im Treppenhaus mit Infotafeln über die Lebenswege der ehemaligen jüdischen Mitbürger im Ort gestaltete Annie Hilton. Sie hatte vor Jahren die Geschichte der jüdischen Familien im Ort als Thema für ein Referat in der vierten Klasse zusammengetragen. Der Verein Natur und Familie (NatFam) ergänzte die sehenswerte Ausstellung mit Lehrobjekten aus der ehemalige jüdischen Präparanten-Schule (Talmud Tora). Die Schüler wohnten in Burgpreppach im angeschlossenen Internat oder bei jüdischen Familien. Saul Munk war der letzte Rabbiner im Ort.
Evamaria Bräuer (Gerolzhofen) gab in ihren beiden informativen Vorträgen einen Einblick in jüdische Bräuche, der religiösen und weltlichen Symbole und in das Alltagsleben der Landjuden. In den Pausen ergänzte im Schlosshof das Duo Bernhard von der Goltz und Rainer Schwander mit Klezmermusik das Programm. Höhepunkt war auch hier die Filmvorführung von „Paradies“ am Abend, für die noch ausreichend Platz im großen Festsaal des Schlosses vorhanden war.
Besichtigungen und Führungen ergänzten das Projekt „Jüdische Lebenswege“, etwa am Sonntag in der Synagoge von Memmelsdorf, verbunden mit der Eröffnung der Wanderausstellung „Vergiss mein nicht“ über die Schicksale jüdischer Kinder im Landkreis Haßberge und am Sonntag mit der Führung im Museum „Jüdische Lebenswege“ in Kleinsteinach. Auch die Synagoge in Maßbach (Lkr. Bad Kissingen) war von Freitag bis Sonntag zu besichtigen unter dem Motto: „Gefallen, ermordet und begraben“ – vom Kriegerdenkmal zum Judenfriedhof.