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LANDKREIS
Zugedröhnt am Lenkrad
Bundesregierung legt Drogenbericht 2006 vor       -  Vor allem Marihuana-Produkte haben die von der Polizei erwischten Autofahrer konsumiert. Symbolfoto: Torsten Leukert/dpa
Foto: A3478 Torsten Leukert (dpa) | Vor allem Marihuana-Produkte haben die von der Polizei erwischten Autofahrer konsumiert. Symbolfoto: Torsten Leukert/dpa
Von Johannes Schlereth
 |  aktualisiert: 02.04.2019 11:34 Uhr

„Alkohol und Drogendelikte halten sich fast die Waage im Straßenverkehr“, sagt Alfons Hausmann, der Dienststellenleiter der Polizeiinspektion in Hammelburg. Auch in Bad Brückenau steuere man erstmals auf eine „paritätische Anzahl von Alkoholfahrten und Fahrten unter Einfluss illegaler Drogen zu“, teilt Dienststellenleiter Herbert Markert mit .

Anders sieht es bereits in Bad Kissingen aus: „Mittlerweile erwischen wir mehr Verkehrsteilnehmer, die durch Drogen statt durch Alkohol auffallen“, sagt Stefan Haschke, Dienststellenleiter der Kissinger Polizei. „Das muss nicht zwingend heißen, dass mehr Drogen konsumiert werden.“ Denn: Die Beamten sind besser ausgebildet und erkennen eher Rausch-Symptome. „Deshalb ziehen wir mehr Fälle aus dem Dunkelfeld ins Hellfeld“, meint auch Christian Pörtner, Vize-Dienststellenleiter der Kissinger Polizei.

„Man muss sich das wie ein großes Fass mit Wasser vorstellen und je nachdem, wie groß meine Kelle ist, dementsprechend schöpfe ich mehr oder weniger Wasser. Je mehr Fahnder, desto mehr Erfolg“, erklärt Hausmann beispielhaft.

Großer Beliebtheit erfreuen sich in allen Dienstbereichen des Landkreises vor allem Marihuana-Produkte.

„Beim Alkohol passen die Kumpels auf, dass der Fahrer nichts trinkt – da müssen wir auch bei Cannabis hinkommen.“

Christian Pörtner, Vize-Dienststellenleiter

der Bad Kissinger Polizeiinspektion

An zweiter Stelle rangieren Amphetamine. Harte Drogen gibt es eher selten im Landkreis. „In Bad Kissingen kommen erst weit abgeschlagen die harten Drogen, wie zum Beispiel Heroin“, teilt Haschke mit. Eine Überraschung bereiteten sogenannte „Kräutermischungen“ den Beamten aus Bad Brückenau: „Bis vor ein paar Jahren schien es, als ob damit die Drogenzone überflutet wird – jetzt sind sie hier fast vollständig verschwunden.“

„Wenn wir jemanden erwischen, werden neben der Staatsanwaltschaft auch Fachbehörden verständigt – zum Beispiel die Führerscheinstelle. Das kann dann bis zum Führerscheinentzug gehen“, nennt Markert mögliche Folgen. „Drogen im Straßenverkehr bergen ein enormes Gefahrenpotenzial für die anderen Verkehrsteilnehmer“, fügt Hausmann an. Sein Mittel zum Erfolg: „Verfolgungsdruck“ durch Kontrollen.

„Dadurch ließen sich auch alkoholbedingte Unfälle einigermaßen in den Griff kriegen: Schwere Unfälle mit alkoholisierten Fahrern sind dadurch zurückgegangen.“ Es gelte, ein Bewusstsein für die Gefährlichkeit der Drogen zu schaffen. „Bestes Beispiel sind Partys am Wochenende: Beim Alkohol passen die Kumpels auf, dass der Fahrer nichts trinkt – da müssen wir auch bei Cannabis hinkommen“, hofft Pörtner. Jedoch sei die Zunahme von Drogendelikten nicht nur auf den Landkreis begrenzt. „Es ist in ganz Unterfranken festzustellen“, merkt Markert an. „Ein Hauptgrund für den gestiegenen Konsum ist die Diskussion über die strafrechtliche Freigabe von Cannabis“, sagt Stefan Haschke. „Die soziale Akzeptanz ist gestiegen. Man fährt nach Holland in den Urlaub und denkt sich: So schlimm kann das ja nicht sein. Eine echte Einstiegsdroge eben“, fügt Hausmann an, der in den 90er Jahren Drogenpräventionsbeauftragter an Schulen war.

Wie kommt's?

Als Entwicklungsprotokoll für den zunehmend legeren Umgang mit Betäubungsmitteln eignet sich die Statistik der Betäubungsmittel-Kriminalität der Polizeiinspektion Bad Brückenau aus den Jahren 2010 bis 2017. „Zu Beginn meiner Amtszeit im Jahr 2010 existierte eine Rauschgiftszene in Bad Brückenau, die sehr konspirativ aufgestellt war. Das heißt: Es wurde vorwiegend in Wohnungen konsumiert und kaum an öffentlichen Orten. Bei Kontrollen von verdächtigen Personen konnten wir selten illegale Betäubungsmittel finden“, blickt Dienststellenleiter Herbert Markert zurück. Dies habe sich mit der Debatte um die Legalisierung weicher Drogen ab dem Jahr 2015 seiner Meinung nach grundlegend geändert. Durch die Diskussion sei das „Unrechtsbewusstsein erodiert“ worden, was sich durch einen Anstieg der Drogendelikte in der Statistik bemerkbar mache. „2014 hatten wir 54 Fälle und 2016 schon 86 Fälle in unserem Bereich“, gibt Markert Einblick in sein Zahlenwerk. 2017 waren die Drogendelikte in Bad Brückenau wieder rückläufig, was wahrscheinlich mit der Verhaftung von insgesamt 18 Dealern im Jahr 2016 zusammenhänge. Allerdings sei erneut ein starker Anstieg zu bemerken, was sich darauf rückführen lasse, dass sich neue Beschaffungsmöglichkeiten ergeben hätten. „Es ist eine Sisyphus-Arbeit“, konstatiert der Leiter der Inspektion Bad Brückenau. JOSCH
 
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