Patrick Gessner, Vorsitzender des AfD-Kreisverbandes Unterfranken Nord, wirkt zufrieden. Er zählt rund 60 Köpfe im Saal des Hotels Goger in Augsfeld. Und der AfD-Bezirksvorsitzende Richard Graupner stellt erfreut fest, dass nicht nur Parteifreunde gekommen sind: "Nur die Hälfte sind Mitglieder." Für den Landtagsabgeordneten aus Schweinfurt ein Beleg, dass seine Partei immer mehr Interesse in der Bevölkerung wecke. Zumal an diesem Dienstagabend Petr Bystron in den Haßfurter Stadtteil kommt, Bundestagsabgeordneter aus München und die Nummer 2 auf der AfD-Liste zur Europawahl.
Drei Stunden wird die Veranstaltung, die den Titel von Bystrons 2021 erschienenem Buch "Make Europa Great Again" trägt, dauern. Am Ende schütteln Zuhörerinnen und Zuhörer dem 51-Jährigen die Hand, klopfen ihm auf die Schulter: "Danke für den schönen Abend". Manche lassen sich das Buch signieren und mit dem Kandidaten fotografieren.
Verdacht gegen Bystron: Zahlungen von prorussischen Quellen erhalten
Nicht selbstverständlich, nachdem vor einigen Wochen in den Medien Vorwürfe gegen den AfD-Politiker laut wurden. Der Verdacht: Bystron könnte Zahlungen der Internetplattform "Voice of Europe" oder anderen prorussischen Quellen erhalten haben. "Das sind Vorwürfe, die wir nicht auf die leichte Schulter nehmen dürfen, die können bei unseren Wählern tödlich sein", wirft ein Mann im Publikum ein.
Auch in Augsfeld kontert Bystron die Vorwürfe gegen ihn, die AfD oder den EU-Spitzenkandidaten Maximilian Krah mit der ganz großen Erklärung. Er malt das Bild einer Verschwörung der Medienkonzerne und der Altparteien: "Die machen aus uns jetzt Vaterlandsverräter", sagt der 51-Jährige. Dabei sei seine Partei im Lande die einzige und wahre patriotische Kraft.
Bystron entwirft das Bild einer Welt, die immer mehr von Großkonzernen beherrscht werde. Supranationale, also überstaatliche Strukturen würden sich bilden mit dem Ziel, die Souveränität der Nationalstaaten aufzulösen. "Macht tendiert zu Monopolen und Oligopolen", sagt der Bundestagsabgeordnete. "Das muss man als Staat verhindern."
Der AfD-Abgeordnete hat mit dem Begriff Populist kein Problem
Genau diese Verhinderungsrolle schreibt er der AfD zu. Sie verteidige den Mittelstand und die nationalen Interessen, sei Fürsprecherin der Familien, die Anwältin des Volkes. Dass er selbst als Populist bezeichnet wird, gefällt ihm: "Wir sagen nicht nur, was das Volk will. Wir wollen dann auch umsetzen, was das Volk will", erklärt der Europawahl-Kandidat. Und verspricht, im Falle des AfD-Erfolgs, Volksentscheide zu den wichtigen Themen.
"Wir sind überall im Aufwind", sagt der Wahlkämpfer mit Blick auf rechtspopulistische Kräfte wie Vox in Spanien, die österreichische FPÖ oder Chega in Portugal. Die anderen Parteien hätten Angst, "dass wir stärkste Kraft im EU-Parlament werden", meint Bystron. Dass sich die rechtsextreme Politikerin Marine Le Pen in Frankreich jüngst von der AfD distanziert hat, erwähnt er nicht.
Auch dazu, was seine Partei eigentlich in und mit Europa machen will, äußert sich der Münchner nicht weiter. Überzeugt gibt er sich jedenfalls davon, dass das Euro-System irgendwann zusammenbrechen werde. Richard Graupner, der AfD-Chef in Unterfranken, erklärt in Augsfeld: "Wir sind keine Europa-Gegner, wir wollen nur die nationale Eigenständigkeit bewahren."
Bystron: AfD hat russischen Angriffskrieg klar verurteilt
Unablässig attackiert Bystron an diesem Abend die Nato, die USA, die Bundesregierung und die Großkonzerne, in denen er Kriegstreiber und Profiteure des Krieges in der Ukraine sieht. Niemand im Saal widerspricht, niemand relativiert.
Zu Putin kommt vom AfD-Politiker kein einziges kritisches Wort. Ist die AfD angesichts des Angriffs auf die Ukraine nicht generell zu russlandfreundlich? Auf die Nachfrage dieser Redaktion antwortet Petr Bystron: "Da haben Sie recht." Seine Partei stelle sich da falsch dar. In Wirklichkeit habe die AfD den Angriffskrieg klar verurteilt.
Fragen aus Publikum beantwortet der Europawahlkämpfer geduldig und geschickt. Und mit sehr speziellem Humor: "Heben Sie bitte nur den linken Arm", sagt er mit Blick auf Getränkebestellungen im Saal.
In den Haßbergen die erste große Veranstaltung mit führendem AfD-Politiker
Bystron ist seit Gründung der AfD im Jahr 2013 der erste führende Politiker seiner Partei, der zu einer öffentlichen Veranstaltung in den Landkreis Haßberge kommt. In den Haßbergen hatte die AfD bei Wahlen bislang praktisch keinerlei Wahlkampf gemacht und sich kaum öffentlich gezeigt.
Der Bystron-Auftritt jetzt: Er wird ein insgesamt friedlicher Abend. Nur kurz vor der Veranstaltung demonstriert eine kleine Gruppe vor dem Hotel gegen die AfD und den Europakandidaten.
