Zu den großen Themen in der Corona-Pandemie gehört auch die Forderung nach Unterstützung für diejenigen, die durch Maßnahmen gegen die Ausbreitung der Krankheit in eine Schieflage geraten sind. Das betrifft nicht nur zahlreiche Menschen, die ihrem Beruf nicht mehr nachgehen können, sondern auch die Vereine. Die Gemeinderatsfraktion und Jochen Ambros, der Ortsvorsitzende der Knetzgauer Grünen, haben daher einen Offenen Brief an Landrat Wilhelm Schneider geschrieben. In diesem fordern sie ihn auf, "öffentlich zu erklären, welche Form der Unterstützung unsere Vereine von Seiten des Landkreises noch erwarten können".
Einnahmen schwinden, Ausgaben bleiben
Denn viele Vereine leiden unter dem gleichen Problem wie ein großer Teil der Kleinunternehmer: Ein Teil der Einnahmen, der bei den Vereinen unter anderem durch Feste und Veranstaltungen hereinkommen würde, bricht weg, während laufende Kosten wie beispielsweise die Miete für Räumlichkeiten weiterlaufen.
So beschreibt es beispielsweise Josef Feustel, Vorsitzender des Tennisclubs Knetzgau. "Wir haben schon Einbußen", sagt er. Zwar gibt es weiterhin die Mitgliedsbeiträge, und das "private Hobby-Spielen" geht auch, schließlich spielen beim Tennis nur zwei Menschen gegeneinander - die in großem Abstand stehen. Feiern und Veranstaltungen, die zusätzlich etwas Geld in die Vereinskasse gebracht hätten, mussten aber ausfallen. Er nimmt es dennoch relativ gelassen: "Die Situation können wir nicht ändern. Es hat sich halt so ergeben."
Wer ist für die Vereine zuständig?
Georg Schwab, Zweiter Vorsitzender der Westheimer Musikanten, beklagt eine gewisse Ungleichbehandlung: "Es geht nicht, dass die Profis Geld einstreichen, und die Kleinen kriegen keine Unterstützung." Auch dass Unternehmen wie die Lufthansa Gelder erhalten, während es für die Vereine viel zu wenig Unterstützung gebe, könne er nicht nachvollziehen.
"Die sollten jedem eingetragenen Verein mal 500 Euro geben", meint Schwab. Damit, so meint er, wäre vielen schon ein ganzes Stück weit geholfen. Doch an der Formulierung zeigt sich schon eine der großen Fragen, wenn es um Hilfen für Vereine geht: Wer sind denn "die"? Aus welcher Kasse sollte eine Unterstützung für die Vereine kommen? Landrat Wilhelm Schneider weist in einer Stellungnahme zum Offenen Brief der Knetzgauer Grünen darauf hin, dass für die Förderung der Vereine generell die Gemeinden zuständig seien, nicht der Landkreis.
Kein Geld für freiwillige Leistungen
Wenn der Landkreis also die Vereine unterstützen würde, dann wäre das keine Pflichtaufgabe, sondern eine freiwillige Leistung, und eine solche könne sich ein Kreis, der ohnehin auf Stabilisierungshilfen angewiesen ist, einfach nicht leisten. Außerdem vertritt Schneider die Meinung, wenn der Staat den Vereinen wegen der Pandemie Einschränkungen vorschreibt, dann müsse er auch den entsprechenden Ausgleich schaffen und Ausfälle kompensieren.
Der Landrat verweist an dieser Stelle außerdem auf die Soforthilfe des Freistaates Bayern für Unternehmen, die durch die Corona-Krise in Liquiditätsengpässe geraten sind. "Diese Hilfe kann auch von Vereinen in Anspruch genommen werden, wenn sie im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe unternehmerisch tätig sind."
Was wird aus den Jahreshauptversammlungen?
Doch fehlendes Geld ist nicht das einzige Problem, mit dem viele Vereine derzeit zu kämpfen haben. So machen es Kontaktbeschränkungen auch unmöglich, Jahreshauptversammlungen abzuhalten. Und die sind mehr als ein gesellschaftliches Ereignis oder eine Gelegenheit für die Mitglieder, sich einmal wieder zu sehen. "Von den Protokollen und den Mitgliederbeschlüssen dieser Versammlungen hängen gegebenenfalls elementare Fragen ab, wie etwa, ob der Verein weiterhin als gemeinnützig gilt oder auch ob ein Kredit aufgenommen werden darf oder nicht", schreiben die Grünen in ihrem Offenen Brief.
"Zum Glück hatten wir im Frühjahr noch unsere Jahreshauptversammlung", sagt Harald Kuhn, Vorsitzender des Imkervereins Haßfurt-Zeil. Das war kurz bevor Corona in Deutschland zum alles beherrschenden Thema wurde. Auch er weiß, dass es im Vereinsrecht wichtig ist, bestimmte Termine einzuhalten. Im kommenden Frühjahr wird wohl keine Versammlung mit Entlastung der Vorstandschaft möglich sein. "Zum Glück stehen bei uns keine Neuwahlen an", sagt er. Auch vom Landesverband seien keine Informationen gekommen, wie mit der Situation umzugehen sei.
Die Grünen kritisieren in ihrem Offenen Brief vor allem, die Vereine würde hier im Regen stehen gelassen, wenn es um verlässliche Informationen geht. So bestehe "eine völlige Unklarheit, ob und wie Jahreshauptversammlungen unter Corona-Bedingungen abzuhalten sind", heißt es in dem Schreiben. "Von behördlicher Seite gibt es da leider nur widersprüchliche Informationen oder Verweise auf andere Ämter, die dann genauso wenig wissen wie die Stelle, die man jeweils davor kontaktiert hat."
Videokonferenz statt Vereinssitzung?
Der Landrat verweist in seiner Stellungnahme darauf, dass für Vereinssitzungen die gleichen Regeln gelten wie für alle anderen Treffen auch. Während des Lockdowns heißt das: Maximal zehn Personen aus höchstens zwei Haushalten. "Was aber möglich ist, sind digitale Sitzungen oder Videokonferenzen." Das kommt für viele Vereine jedoch nicht in Frage, denn viele ältere Mitglieder kämen mit der modernen Technik nicht zurecht und wären damit ausgeschlossen.
Keine Antwort liefert Schneider allerdings auf die Frage, welche rechtlichen Konsequenzen es haben wird, wenn Vereine ihre Sitzungen ausfallen lassen oder verschieben müssen. Werden Behörden unter diesen besonderen Bedingungen beispielsweise die Prüfung der Gemeinnützigkeit aussetzen?
Manche Vereinsvertreter beschreiben auch ein weiteres Problem, auf das die Politik allerdings kaum Einfluss nehmen kann: Wenn Veranstaltungen ausfallen müssen, verlieren viele Menschen auch den Bezug zu den Vereinen. Sonst waren Feste, das Maibaumaufstellen oder auch Weihnachtsmärkte die Gelegenheiten, bei denen Nachwuchsmusiker auf Blaskapellen aufmerksam wurden und ihnen vielleicht später betraten, erzählt Georg Schwab. "Das Sozialleben geht kaputt. Das alles wieder aufzubauen, wird schwierig."
Rückgrat des sozialen Lebens
Harald Kuhn beklagt, dass den Imkern nun die Möglichkeit zu Fortbildungen fehlt. "Vieles kann man am Telefon nicht erklären, das muss man zeigen", sagt er. Und so merke er auch, dass ohne den Kontakt zum Verein oft die Lust verloren gehe.
In einem Punkt sind sich der Landrat und die Knetzgauer Grünen allerdings einig: Sie bezeichnen die Vereine als "das Rückgrat des sozialen Lebens in unseren Dörfern, Städten und Gemeinden". Wilhelm Schneider lässt daher verlauten: "Ich wünsche allen Vereinen, Vorständen und Mitgliedern, dass das Vereinsleben bald wieder unbeschwert durchgeführt werden kann. Die Corona-Pandemie hat uns bitter vor Augen geführt, was uns fehlt."