Am Wochenende ging es im Internet rund: Unter einem Beitrag des Haßfurter Stadtrats Volker Ortloff (CSU) auf Facebook schrieben zahlreiche Personen kritische Kommentare. Sie unterstellen dem Kommunalpolitiker, der bei den Wahlen im März um den Posten des Haßfurter Bürgermeisters kandidiert hatte, er schreibe zu unreflektiert über die Zeit des Nationalsozialismus. Dazu kommt die Unterstellung, Ortloff wolle gezielt rechte Wähler ansprechen, ebenso wie Rücktrittsforderungen. Mittlerweile hat sich auch der Vorstand der Haßfurter der CSU öffentlich distanziert – allerdings nur von der Wortwahl, wie Ortsverbandsvorsitzende Claudia Glückert betont. Eine rechte Gesinnung wolle sie Ortloff nicht unterstellen.
"Diese Dynamik habe ich so noch nicht erlebt", sagt Ortloff auf Anfrage dieser Redaktion. Angefangen hat die Aufregung am Freitagabend mit einem Urlaubs-Post. Volker Ortloff besuchte mit seiner Frau die Eifel und stellt noch am Abend Fotos auf Facebook, die er an diesem Tag gemacht hatte. Dazu kommentierte er: "Heute Nationalpark Eifel in Verbindung mit großartigen und wahnsinnigen Orten. Die Urftalsperre als zweitgrößter Trinkwasserspeicher Deutschlands. Aber auch die Ordensburg Vogelsang als ehemalige Kaderschmiede ab 1936."
"Beide Seiten darstellen"
"Ich wollte beide Seiten darstellen", erklärt Volker Ortloff seinen Post im Telefonat mit dieser Redaktion. Sprich: Das Wort "großartig" bezieht sich auf die Talsperre, das "wahnsinnig" dagegen auf die Ordensburg, in der die NSDAP ihren Führungsnachwuchs ausbildete. "Ich habe ja auch Erfahrung mit Kasernen", sagt der ehrenamtliche Politiker, der im Hauptberuf Bundeswehroffizier ist. "Und ich habe versucht, mir vorzustellen, was da passiert ist", sagt er über seinen Besuch auf der Ordensburg – und macht unmissverständlich deutlich, wie schrecklich er die Taten der Nazis findet.
Seinen Facebook-Post hatten einige Leser allerdings anders verstanden. Ihrer Meinung nach lässt sich Ortloffs Formulierung auch so verstehen, dass er die Nazi-Kaderschmiede als großartig bezeichnet habe. Viele kommentierten unter seinem Beitrag und kritisierten seine Wortwahl. Besonders einige Kommunalpolitiker der SPD - sowohl aus der Kreisstadt als auch aus dem Rest des Landkreises - äußerten heftige Kritik.
Screenshots und Rücktrittsforderungen
Der Haßfurter Stadtrat Stephan Schneider machte sogar einen Screenshot von Ortloffs Post und teilte diesen auf seiner eigenen Facebook-Seite. Dazu kommentierte er: "Die Worte Ordensburg Vogelsang, großartig und Kaderschmiede in einem Post zu verwenden, ohne auf die dunkle Geschichte dieses Ortes hinzuweisen, geht gar nicht. Solche Kaderschmieden brauchen wir nie mehr!" Auch der Haßfurter SPD-ler Marco Feustel teilte den Screenshot und fordert Ortloff auf, alle Ämter niederzulegen.
Mittlerweile hat die Geschichte so hohe Wellen geschlagen, dass auch die Spitze der Haßfurter CSU reagiert hat. "Wir distanzieren uns klar und deutlich von den Inhalten des Posts zur Ordensburg", schrieb Ortsverbandsvorsitzende Claudia Glückert im Namen des gesamten Vorstands am Sonntag unter Ortloffs Post. Darauf antwortete CSU-Stadtrat und stellvertretender Bürgermeister Norbert Geier, er schließe sich Glückerts Aussage an.
"Es geht nicht um die Person"
Glückert betont im Gespräch mit dieser Redaktion: "Es geht nicht um die Person." Sie kenne Volker Ortloff gut genug, um zu wissen, dass er die Nazis nicht verherrlichen würde. "Ich schätze ihn auch und mag ihn als Menschen", sagt die Stadträtin. Bei seinem Post habe es sich um eine "unglückliche Formulierung" gehandelt. "Ich arbeite nach wie vor sehr gerne mit ihm zusammen." Zu der Distanzierung, die sie unter Ortloffs Beitrag schrieb, habe sich der Ortsvorstand am Sonntag gemeinsam entschieden.
Andere hingegen verteidigen Volker Ortloff. Mehrere Kommentatoren schreiben, es sei klar, dass sich das Wort "wahnsinnig" und nicht das Wort "großartig" auf die Ordensburg beziehe. Sie unterstellen gerade den SPD-lern, die kommentiert hatten, den Text absichtlich falsch zu interpretieren, um einen CSU-Politiker in eine rechte Ecke zu stellen. Ein Kommentator wirft Claudia Glückert und Norbert Geier Rückgratlosigkeit vor, wenn sie sich aufgrund dessen distanzieren.
Volker Ortloff selbst hat sich noch einmal in einem längeren Post unter seinem ursprünglichen Beitrag zu der Kritik geäußert. Darin räumt er ein, er hätte den Text unmissverständlicher formulieren können und sollen. Zudem macht er deutlich: "Wenn wir bald wieder öffentlich der Toten und Opfer von nationalsozialistischer Gewalt, 75 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs gedenken, werden wir uns wieder bewusst machen, wie sinnlos Krieg ist. Wie verbrecherisch die NS-Diktatur war."
Phänomen Facebook
Über die Distanzierung seiner Stadtratskollegen sagt er: "Es ist eine typische Reaktion, wie sich Leute von einem vermeintlich anrüchigen Post distanzieren, um sich selbst zu schützen." Er spricht von einer verständlichen, menschlichen Reaktion und betont, er nehme es den beiden nicht übel. "Aber sie hätten auch erst mal mit mir reden können." Glückert antwortet auf die Frage, ob sie Ortloff mittlerweile auf die Kontroverse angesprochen habe: "Wir stehen in Kontakt."
Ortloff und Glückert sind sich auch einig, dass viele Kommentatoren den Post absichtlich fehlinterpretiert hätten, um Ortloff zu schaden. Wenn beispielsweise ein Kommentator schreibt, er unterstelle dem CSU-Politiker "gezielten Tabubruch zur Erschließung von Naziwählerpotentialen", gehe das viel zu weit. Volker Ortloff spricht von einem "Musterbeispiel, was aus einem Post gemacht werden kann". Er spricht dabei vom "Phänomen Facebook" und sagt: "Ich war erstaunt, was da abgegangen ist."
Gemeinsame Aktion aller Parteien?
Lobend erwähnt Ortloff im Telefonat mit dieser Redaktion allerdings die Reaktion des Grünen-Politikers Markus Kuhn. Dieser hatte unter Ortloffs Urlaubs-Beitrag geschrieben: "Ich bin sicher, dass Sie selbst diese Sätze (mit dieser Wortwahl) so nicht nochmal veröffentlichen würden, und außerdem habe ich keinerlei Veranlassung, Ihnen auch nur im Entferntesten Sympathie für faschistisches Gedankengut zu unterstellen." Er ruft alle Parteien im Haßfurter Stadtrat dazu auf, das Ereignis zum Anlass zu nehmen, mit einer gemeinsamen Aktion ein Zeichen gegen Rassismus zu setzen, und schlägt einen gemeinsamen Ausflug zum NS-Dokumentationszentrum in Nürnberg vor. Ortloff kündigt an, er wolle dieses Angebot annehmen und werde es im Gremium einbringen.
Muss aber wirklich alles in den sozialen Medien geteilt werden? Ein Text ist schneller unter den Leuten als man denkt! Egal welche Partei!!!!!!
Muss denn heute jemand vorsichtig sein, etwas zu posten oder zu sagen?
Angst vor den Reaktionen haben?
Bei Parteizugehörigkeit, Angst dass man die "Parteidoktrin" verletzen könnte?
Wäre das normal?
Allein schon den Kommentar zu "dokumentieren" sind "Stasi Methoden"
Kniefiesler finden alles, auch bei Unbescholtenen.
Während nebenbei beinahe der Reichstag gestürmt wurde!!!
Erkennt endlich, dass diese Parteienstichlerei und Postenverteilerei der Demokratie nur schadet.
Ihr habt euch als Demokraten zusammenzuraufen, eben um es zu verhindern.
Am Ende haben wir sonst wirklich einen, der es dann auch tatsächlich GROßARTIG findet.
Wehret den Anfängen bedeutet nicht, jedem das Wort im Munde umzudrehen.....
Wenn ihr das nicht langsam begreift, wird der Reichstag eines Tages tatsächlich gestürmt
Gott behüte