Wie das EDV-Zeitalter so richtig seinen Lauf nahm? Daran kann sich Herbert Lang noch zu gut erinnern. Mitte der 1980er Jahre kam ein Landwirt auf ihn zu. Der Mann war gerade von einer großen Landwirtschafts-Messe zurückgekommen und berichtete ganz aufgeregt: "Herr Lang, wir müssen was machen. Dort stehen lauter so große Kästen rum". Die "Kästen", das waren Computer-Bildschirme, erinnert sich Lang schmunzelnd. Von Internet war da zwar noch nicht die Rede, aber diese Zeit war der Auftakt, die Landwirte fit zu machen in EDV. Und in der Folge dann auch für das Internet, berichtet der Leiter des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Schweinfurt.
Dieses fit machen fürs EDV-Zeitalter setzte bei den Landwirten an, besonders aber auch bei zwei Gruppen: dem Nachwuchs und bei den Bäuerinnen. Denn die Frauen kümmerten sich auf vielen Betrieben um die Buchführung. Und da hielt die EDV mit Riesenschritten Einzug.
Begeisterungsfähig waren die Auszubildenden. Zumal sie an einer Schule lernten, die Besonderes bot: "Wir waren eine der ersten Landwirtschaftsschul-Standorte in Bayern, die PCs angeschafft hatte". Und die waren sogar mit LAN vernetzt.
Das Ziel damals: Jeder Landwirt sollte so informiert sein, wenn er einen PC kauft, wie wenn er einen Traktor kauft, so Herbert Lang.
Bald schon wurden am Amt auch die ersten "Netze" genutzt. Ein "Vorläufer" des Internets war für das Amt das "Balis", das Bayerische Landwirtschaftliche Informationssystem. Ämter waren durch dieses System untereinander verbunden. Wie wichtig es ist, schnelle Informationen zu bekommen, das erfuhren Lang und seine Kollegen so nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl. Untersuchungsergebnisse zur Strahlenbelastung konnten so sehr schnell weitergegeben werden.
Ein weiterer Info-Kanal in der Vor-Internet-Zeit: Btx, Bildschirmtext. Der wurde gerne genutzt, um Daten von Wetterstationen einzuholen und auch weiterzugeben.
Schmunzelnd erinnert sich Lang noch an einen Kurs der Anfangszeit, "Augen auf beim Computerkauf". Da gab's auch eine Empfehlung, wie ein Computer ausgestattet sein sollte: 16 Bit Prozessor, 512 Kilobyte Arbeitsspeicher und eine Zehn-Megabyte-Festplatte.
Solche Empfehlungen wurden immer wieder sehr schnell Makulatur, als das Internet Fahrt aufnahm. "1988/1989 ging's richtig los", erinnert sich der Maroldsweisacher Landwirt Werner Wunderlich noch an die ersten Gehversuche im Internet. Auch wenn die Geschwindigkeit zu wünschen übrig ließ, so genoß er es richtig, Informationen von überall her zu bekommen. Und plötzlich sei man "nicht mehr auf einer Insel" gewesen. Der Vorsitzende des Maschinen- und Betriebshilfsrings Haßgau ist sich sicher, dass dies auch der Grund war, warum gerade Landwirte aus der Region schon sehr früh und intensiv das Internet nutzten. "Je weiter man entfernt ist von den Zentren, umso wichtiger ist es doch, schnell an Informationen zu kommen".
Richtig Fahrt aufgenommen hat die Internet-Nutzung bei den Landwirten in der Region dann zur Jahrtausendwende. Unter anderem auch wegen einer eher ungeliebten Vorgabe: der jährliche Mehrfachantrag, der von den Landwirten auszufüllen war. Das Amt in Schweinfurt hatte damals als einziges in Bayern darauf gesetzt, dass Landwirte dies auch übers Internet erledigen können, berichten Herbert Lang und sein Kollege Horst Rost. 2003 konnten die ersten Anträge online erledigt werden. Die Landwirte erkannten sehr schnell, dass dies nicht nur ein Antragssystem war, sondern zugleich auch ein Info-System war. So konnten angesichts der Luftbilder Flächen direkt eingesehen werden. Sehr schnell erreichte das Schweinfurter Amt, dass über 90 Prozent der Landwirte ihren Antrag übers Internet abgaben. "Die Landwirte haben da einfach mitgezogen", so Lang.
Zu dieser Zeit gehörte das Internet für Georg Dürrstein längst zum täglichen Arbeitsmittel. Der Landwirtschaftsmeister „beackert“ Felder seit Jahrzehnten digital. In den vergangenen Jahren hatte er immer wieder mit EDV-Lösungen auf sich aufmerksam gemacht, die Landwirten die Arbeit erleichtern sollen und er erinnert sich nur zu genau an die Anfänge, "als der Telefonhörer noch aufs Modem gelegt werden musste", um Dateien zu verschicken. Seit 1993 ist für ihn und seine Frau Inge das Internet bei der täglichen Arbeit im Unternehmen nicht mehr wegzudenken.
Dies gilt für die Entwicklung von EDV-Lösungen für die Landwirte genauso, wie für die Arbeit der Landwirte selbst, so Werner Wunderlich. Anschaulich ist dies in seiner Maschinenhalle zu sehen. Hier der Schlepper, der zur Zeit der Einführung des Internets angeschafft wurde, dessen Kabine beinahe spartanisch wirkt, gegenüber dem Hightech-Cockpit des neuen Schleppers. Joystick, Bordcomputer, kleine Bildschirme bestimmen das Bild. "Das alles funktioniert aber nur, wenn wir auch ein schnelles Internet haben", so Werner Wunderlich. Und genau dies ist das Problem.
Das Hauptproblem ist die Netzabdeckung, so Herbert Lang und Horst Rost. Die Datenmengen, die gesendet werden müssen, werden immer größer. Darum benötige die Landwirtschaft ein hochleistungsfähiges Netz.
Doch genau hier krankt es in Deutschland, so der Königsberger Georg Dürrstein. "Wenn man es vergleicht mit anderen Regionen Europas, dann sieht man erst einmal, wie armselig unsere Region ist". Für ihn ist es "eine Schande", dass in 30 Jahren keine flächendeckende Versorgung geschafft wurde. Dürrstein: "Wir sind kommunikationstechnisch gesehen ein Dritte-Welt-Land".
Dabei sei gerade unter dem Gesichtspunkt nachhaltige Produktion von Nahrungsmitteln ein hochleistungsfähiges Netz eine Voraussetzung. Wenn zum Beispiel die Planzenschutzspritze durch den Hackroboter ersetzt werden soll, dann müssten eben überall und immer die benötigten GPS-Daten und Korrektur-Signale erreichbar sein. Denn der Schlepper ist inzwischen zu einer Infozentrale geworden, so Dürrstein. Und diese Infozentrale müsse auch immer ans Netz gehen können.
Die Menge an Daten, die Landwirte generieren, sei es, weil es von ihnen verlangt wird in Folge von Vorgaben, aber auch, weil sie sie für das betriebliche Management benötigen, beschwört aber auch eine Gefahr herauf: "Der Landwirt wird gläsern und das ist die große Befürchtung der Landwirte," so Herbert Lang.
Angesichts der Massen an Daten, die die Landwirte liefern, stellt sich für Lang zudem eine ganz gravierende Frage: "Wem gehören die Daten?" Und daran anschließend: "Wer verdient damit Geld?". Sich diesen "großen Fragen" zu stellen, darin sieht Lang eine besondere Herausforderung für die Zukunft.