Der Untermerzbacher Agraringenieur Helmut Döhler ist kein unbekannter Erfinder im stillen Kämmerlein. Er ist als Experte für Umweltschutz und Umwelttechnik in der Landwirtschaft anerkannt und hat auch das Bundesumweltministerium schon beraten. Auch beim Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) kennt man von verschiedenen Fachvorträgen her sein Stallkonzept. "Das System kombiniert nach unseren Informationen verschiedene bekannte und aus unserer Sicht vielversprechende Ansätze zur Steigerung des Tierwohls und der Emissionsminderung im Stall mit einer Behandlung und Verwertung der Exkremente", hieß es Mitte der Woche auf Anfrage dieser Redaktion hin aus dem Hause von Ministerin Julia Klöckner (CDU).
Urinstabilisierung: Ohne größeren technischen Aufwand machbar
Der verfolgte Ansatz, Kot und Urin zu trennen und Hemmstoffe (sogenannte Ureasehemmer) einzusetzen, um Ammoniak-Emissionen zu vermindern, könne eine wirksame Maßnahme sein, betonte eine Ministeriumssprecherin. Sie verwies auf weitere auf diesem Grundprinzip beruhende Techniken, die derzeit in dem Verbundvorhaben "Emissionsminderung Nutztierhaltung" (EmiMin) unter Koordinierung des Kuratoriums für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft (KTBL) untersucht würden. Die Stabilisierung des Urins ohne größeren technischen Aufwand und die Gewinnung von Nährstoffsalzen durch Fällungsreaktion hält das BMEL für realisierbar.
Die Verwertung des Kotes in einer Biogasanlage bezeichnet das Ministerium als "technisch etabliert". Falls keine Biogasanlage auf dem Betrieb vorhanden ist, müsste der Kot allerdings zwischengelagert und transportiert werden. Im Sinne des Emissionsschutzes hält Klöckners Ressort eine Trocknung nur dann für fortschrittlich, wenn eine kosten- und CO2-neutrale Wärmequelle zur Verfügung steht.
Verwertung der Fest- und Dickphasen "meist noch ungeklärt"
Die von Helmut Döhler in Aussicht gestellten Emissionsminderungen gegenüber einem "zwangsgelüfteten Stall ohne Abluftbehandlung" hält man in Bonn und Berlin für theoretisch möglich. In der Weiterbehandlung des Kots teile das Konzept allerdings die Probleme der meisten Konzepte für Gülleaufbereitung: "Eine effiziente Nährstoffrückgewinnung ist in der Regel nur für die Flüssigphasen möglich. Die Verwertung der Fest- und Dickphasen bzw. der daraus resultierenden Produkte ist meist noch ungeklärt", hielt eine Ministeriumssprecherin fest.
Das BMEL bezeichnete es als klares Ziel von Ministerin Klöckner, die Tierhaltung in Deutschland tierwohlgerecht umzubauen. Mehr Platz im Stall, mehr Auslauf, Tageslicht und Frischluft koste aber Geld, die Tierhalter bräuchten hier einen verlässlichen Finanzierungspfad. Die Sprecherin weist auf die von Klöckner eingesetzte Borchert-Kommission hin, die ermittelt, welche Tierwohlstandards bis wann erreicht werden können und welche Kosten dafür anfallen und spricht von einem "milliardenschweren und langfristigen Konzept".
Mehr Geld und weniger Bürokratie für Landwirte
Schon jetzt habe das Ministerium zahlreiche Maßnahmen ergriffen, wie die 300 Millionen Euro, die 2020 und 2021 für den Umbau der Ställe zur Verfügung stehen, die Änderung des Baurechts im Sinne von weniger Bürokratie oder die Einführung des dreistufigen Tierwohlkennzeichens für Schweine.