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BURGPREPPACH
Menschen ohne Rechte
Gedenktag an die Opfer des NS-Regimes: Das Schicksal der jüdischen Familie Berney aus Burgpreppach steht für das so vieler. Sie wurde vertrieben und deportiert. Wer sich nicht in Sicherheit brachte, wurde ermordet.
Cordula Kappner
 |  aktualisiert: 03.12.2019 08:55 Uhr

Der Ort Burgpreppach war Sitz eines Distriktrabbinats und einer Präparanden-Schule. Im Jahr 1900 hatte er 190 jüdische Einwohner. Schon im Jahr 1642 wird erwähnt: „Juden leben in Burgpreppach.“ Ihre Schutzherren waren die Herren Fuchs von Bimbach und Dornheim.

Im unheilvollen Jahr 1933 lebten im Ort 78 jüdische Bürger. Sie waren nach dem Emanzipationsgesetz vom 10. Dezember 1861 gleichgestellte deutsche Staatsbürger, die ihren Wohnsitz frei wählen durften. Zudem konnten sie wählen und gewählt werden. Nach dem Machtantritt der Nationalsozialisten 1933 zogen viele von ihnen weg, weil sie sich dort sicherer glaubten.

Andere emigrierten, wenn sie die Möglichkeit dazu hatten. 1939, dem Jahr des Kriegsbeginns, lebten noch 49 jüdische Bürger in Burgpreppach, Ende 1940 nur noch Amalie Eckmann und das Ehepaar Steinhardt. Die Präparanden-Schule und die jüdische Volksschule waren bereits aufgelöst. Am 6. Januar 1941 war der Ort im Nazijargon „judenfrei“, sicherlich zur großen Freude des Bürgermeisters.

Zu den alteingesessenen Familien in Burgpreppach gehörte Familie Traub. Nathan Traub war als Schächter zuständig für das rituelle Schlachten koscherer Tiere und Vorsänger der jüdischen Gemeinde. Er wurde 1811 in Burgpreppach geboren und war verheiratet mit Esther Heuchelbach aus Pfarrweisach. Die Enkelin Meta war am 10. März 1897 in Burgpreppach als Tochter seines Sohnes, des Eisenhändlers und Kaufmanns Leopold Traub und dessen Frau Therese, geborene Ullmann, auf die Welt gekommen.

Verbindung an den Rand des Spessarts

Am 18. Februar 1923 heiratete Meta den Kaufmann Elias Berney, der aus Karbach (Lkr. Main-Spessart) kam, wo er am 10. Juli 1884 geboren wurde. Seine Eltern waren der Händler Löb Berney und Zerline, geborene Löwennich, die in Karbach im Haus Nummer 212 wohnten.

Das Haus Nummer 54 in Burgpreppach beherbergte die Eisenhandlung, die Elias Berney von den Eltern seiner Frau Meta, geborene Traub, übernommen hat. Das Haus wurde 1940 zwangsverkauft.
Foto: Archiv Kappner | Das Haus Nummer 54 in Burgpreppach beherbergte die Eisenhandlung, die Elias Berney von den Eltern seiner Frau Meta, geborene Traub, übernommen hat. Das Haus wurde 1940 zwangsverkauft.

Elias Berney heiratete in zwei alteingesessene jüdische Familien in Burgpreppach ein. Er wohnte mit seiner Familie im Haus Nummer 54 in Burgpreppach. Er führte die Eisenhandlung L. Ullmann & Söhne, die er von den Eltern seiner Frau übernommen hatte. Im Jahr 1940 wurde das Geschäft zum Preis von 6000 Reichmarkt (RM) vom Bürgermeister an einen neuen Eigentümer verkauft.

In seinem Buch „Juden in Mainfranken 1933-1945“ beschreibt Herbert A. Schultheis' aus Würzburg den unfreiwilligen Verkauf der Immobilie in folgender Passage:

„Schwieriger gestaltete sich die Veräußerung des Besitzes der Erben der jüdischen Eisenhandlung L. Ullmann & Söhne, Inhaber Elias Berney, in Burgpreppach. Der Besitz, ein Wohnhaus mit Nebengebäuden und Garten in Burgpreppach, sollte binnen zwei Wochen an einen von der zuständigen Parteidienststelle noch nicht benannten Erwerber veräußert werden. Die Frist lief ab, ohne dass es zu einem Verkauf kam.
Der Grabstein von Therese Ullmann (1855-1927) auf dem jüdischen Friedhof in Burgpreppach. Therese Traub, geborene Ullmann, starb am 27. Dezember 1927 in einem Altenheim in Würzburg. Wahrscheinlich auf Veranlassung ihrer Tochter Meta Berney wurde sie auf dem jüdischen Friedhof in Burgpreppach begraben.
Foto: Archiv Kappner | Der Grabstein von Therese Ullmann (1855-1927) auf dem jüdischen Friedhof in Burgpreppach. Therese Traub, geborene Ullmann, starb am 27. Dezember 1927 in einem Altenheim in Würzburg.

Auf Anweisung des Regierungspräsidenten vom 27. Dezember 1939 wurde Bürgermeister Lauerbach von Burgpreppach als Treuhänder aufgestellt. Bürgermeister Lauerbach wurde am 1. Februar 1940 vereidigt und hatte nun für den Verkauf des Anwesens zu sorgen. Einige Wochen später verkaufte Bürgermeister Lauerbach auftragsgemäß das Anwesen samt laden und Warenlager zum Preis von 6000 RM an einen Mechaniker und dessen Ehefrau (ergänzt sei, der Mechaniker wurde dem Kreiswirtschaftsberater vorgeschlagen). Der Regierungspräsident genehmigte diesen Kaufvertrag am 28. Juni 1940.

In größten Schwierigkeiten

Aber Elias Berney dürfte von dieser Genehmigung nichts erfahren haben, denn Berneys Rechtsberater, der ,Konsulent‘ Richard Müller, schrieb am 11. September 1940 an den Landrat in Hofheim bezugnehmend auf seine Bitte vom 2. August 1940 um Genehmigung des Kaufvertrages: ,Ich erhalte fortgesetzt Briefe und Karten der Eheleute Elias Bernei (Berney) – jüdische Kennkarte A 00101 Hofheim und Meta Sara Bernei – jüdische Kennkarte A 00137 Hofheim – dass sie infolge Verzögerung ihrer Auswanderung in den allerschwierigsten Verhältnissen sind und dass sie auch den Versuch durch die jüdische Gemeinde in Karlsruhe, ein einstweiliges Darlehen zu erhalten, nicht mit Erfolg durchführen konnten. Das Gesuch wurde abgelehnt, weil die Eheleute Bernei noch nicht 6 Monate in Karlsruhe wohnen. Ich bitte deshalb nochmals nach Möglichkeit die Genehmigung baldigst zu erteilen, damit den Schwierigkeiten für die Eheleute abgeholfen werden kann.‘“

In glücklicheren Tagen war Elias Berney Kassier der Israelitischen Kultusgemeinde in Burgpreppach gewesen. Ihm und und seiner Frau Meta wurden zwei Söhne geboren: Leo und Nathan. Leo erinnerte sich in den 80er Jahren an seine Kindheit in Burgpreppach:

„Schon 1927/28 gab es Mitglieder der NSDAP in Burgpreppach. 1932 hing der ,Stürmer‘ in Burgpreppach öffentlich aus, in einem Schaukasten vor dem Gutshof und vor dem Haus von Henig. Bis 1933 waren bei einer Kirchweih alle Kinder des Dorfes zusammen gewesen. Aber schon vor 1933 haben wir, die jüdischen Kinder, um die Häuser der Antisemiten des Dorfes einen Bogen gemacht, weil deren Kinder uns mit Steinen bewarfen.“

Das Foto aus dem Jahr 1989 zeigt die Familie von Leo Berney und Alina Berney (geboren 1925 in Stuttgart) in Tel Aviv in Israel.
Foto: Archiv Kappner | Das Foto aus dem Jahr 1989 zeigt die Familie von Leo Berney und Alina Berney (geboren 1925 in Stuttgart) in Tel Aviv in Israel.

Daran hat sich auch die Rabbinertochter Hanna Munk erinnert, die hochbetagt in Jerusalem lebt.

Am 25. Juni 1939 beauftragte der Landrat des Landkreises Hofheim bei der Geheimen Staatspolizei-Leitstelle Würzburg für sieben jüdische Kinder in Burgpreppach die Kinderausweise für einen Sammeltransport ins Ausland, unter ihnen Nathan Berney und Gerhard Eckmann. Vier von ihnen haben nicht überlebt, ein Schicksal ist ungeklärt.

Die Autorin forscht seit vielen Jahren zur Geschichte und zum Schicksal der ehemaligen jüdischen Bürger des Landkreises Haßberge. Hierzu konzipierte sie rund 40 Ausstellungen.

Gedenktag 27. Januar

Seit dem Jahr 1996 ist der 27. Januar in Deutschland gesetzlicher Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus'. Anlass ist die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau, des größten Vernichtungslagers der Nazis, durch die Sowjetarmee am 27. Januar 1945. Im Jahr 2005 haben die Vereinten Nationen den Tag zum internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocausts erklärt. Er soll an alle Opfer des NS-Regimes erinnern: Juden, Christen, Siniti und Roma, Menschen mit Behinderung, Homosexuelle, politisch Andersdenkende, Frauen und Männer des Widerstands, Wissenschaftler, Künstler, Journalisten, Kriegsgefangene und Deserteure.

Die Fortsetzung dieses Berichts lesen sie hier.

Der Grabstein von Ida Berney (geb. Kohlmann). Sie wurde im Februar 1852 geboren und starb am 7. November 1935. Das Grab liegt auf auf dem jüdischen Friedhof von Karbach (Lkr. Main-Spessart).
Foto: Archiv Kappner | Der Grabstein von Ida Berney (geb. Kohlmann). Sie wurde im Februar 1852 geboren und starb am 7. November 1935. Das Grab liegt auf auf dem jüdischen Friedhof von Karbach (Lkr. Main-Spessart).
Die ehemalige Synagoge in Karbach (Lkr. Main-Spessart). Sie wurde 1844 erbaut und 1903 renoviert. Sie beherbergt heute das Rathaus.
Foto: Archiv Kappner | Die ehemalige Synagoge in Karbach (Lkr. Main-Spessart). Sie wurde 1844 erbaut und 1903 renoviert. Sie beherbergt heute das Rathaus.
 
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    Die vollständige rechtliche Gleichstellung der Juden in Bayern folgte mit der Verfassung des 1871 gegründeten Deutschen Reiches.
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