Wer den Unverpacktladen in der Hofheimer Hauptstraße betritt, merkt schnell, worauf es den Besitzern ankommt: In einer Ecke neben dem Eingang stehen Zahnpasta, Essig und Trockenshampoo – alles vegan. Entlang der Wand auf der linken Seite befinden sich Glasbehälter, darin Backerbsen, Hirse oder Sojaschnetzel - alles bio.
Im davorliegenden Café sitzen Familien mit kleinen Kindern, Rentner und Jugendliche. In der Mitte ist eine Kinderspielecke, ein Büchertauschregal bietet spannende Geschichten zum Lesen. Manch einer verspeist vegane Brownies mit Frischkäse-Topping oder eine Curry-Bowl mit Tofu, Reis, Blumenkohl und Cashewnüssen. Regional, biologisch und unverpackt einkaufen und essen - das verbinden viele vor allem mit größeren Städten - mit Bamberg, Würzburg oder Berlin. Inzwischen aber ist das auch in Hofheim möglich. Dort eröffnete am vergangenen Donnerstag der eigenen Angaben zufolge erste Unverpacktladen mit Vollsortiment im Haßbergkreis.
Wie aber kommen Andrea Bauer und Dominik Mützel, die Betreiber, darauf, ausgerechnet in Hofheim einen solchen Laden mitsamt Café zu eröffnen?
Die Idee entstand nach einer Weltreise
"Während einer Weltreise vor sechs Jahren sind uns am Meer die gigantischen Müllberge und das viele Plastik aufgefallen. Wir dachten uns: Das darf doch einfach nicht sein", sagt der 30-Jährige, während seine Lebenspartnerin zustimmend nickt. Die beiden haben sich in München kennengelernt. Mützel ist gelernter Techniker und bei Bad Kissingen groß geworden, Bauer ist ausgebildete Industriekauffrau und in Oberbayern aufgewachsen.
"Viele Menschen in Hofheim haben sich ein Café gewünscht und wir wollten uns für Nachhaltigkeit einsetzen. Warum also nicht beides miteinander verbinden?", fasst Mützel den Entstehungsgedanken zusammen. Nachdem sie vor etwa zwei Jahren wegen der Corona-Pandemie eine zweite Weltreise abgebrochen hatten, entschlossen sie sich dazu, in das Haus von Mützels Vater in Hofheim zu ziehen - und dort im Erdgeschoss mit den Renovierungsarbeiten für den Unverpacktladen zu starten. Der Name für das Projekt war schnell gefunden: Er geht auf den zweijährigen Golden Retriever des Paars zurück: "Maya".
Das Café als Ort zum Ausprobieren
Dass ein solches Projekt auch Risiken in sich birgt, dessen seien sich Mützel und Bauer bewuss, sagen sie. Mit festen Haarshampoos oder veganem Kuchen könne schließlich nicht jeder sofort etwas anfangen. Auch deswegen sei in ihrem Konzept das Café so wichtig: "Hier können die Leute viele Dinge erst mal ausprobieren, bevor sie etwas im Laden kaufen", sagt die 28-jährige Andrea Bauer. Das Ziel der beiden: Möglichst viele Produkte aus dem Unverpacktladen sollen auch im Café Verwendung finden.
Doch wie regional und umweltschonend sind der Unverpacktladen und das Café wirklich? Kundinnen und Kunden können ihren eigenen Behälter mitbringen und diesen vorab wiegen lassen. Nach dem Befüllen der Gläser geht es an die Kasse. Dort werden die Behältnisse gewogen und schließlich das Nettogewicht ermittelt. "Wer keinen eigenen Behälter hat, kann sich von uns Gläser leihen oder auch neue Gläser und Papiertüten kaufen", sagt Bauer.
Nicht alle Produkte kommen aus der Region
Mützel und Bauer räumen allerdings ein: Nicht alle Produkte sind aus der Region und ohne Plastik. So kommen etwa die roten Paprika aus Spanien, die Mangos aus Mexiko und die Limetten aus Costa-Rica. Der Käse ist in einer Plastikverpackung, die aber bald durch eine Käseglocke ersetzt werden soll.
"Wir sind kein Supermarkt, aber wollen unseren Kunden natürlich eine gewisse Auswahl bieten. Das funktioniert nicht ohne Abstriche", sagt Mützel. Bei glutenfreien Produkten gehe es schon wegen einer möglicher Gluten-Kontamination nicht ohne Verpackung.
Immerhin: Nach eigenen Angaben bezieht das Paar etwa 50 Prozent seiner Lebensmittel aus Bayern. Dazu zählen unter anderem Pralinen aus Haßfurt, Mehl aus Ebern und Getreide aus dem Landkreis Würzburg. Vom Biogroßhandel Ökoring kaufen Mützel und Bauer die meisten ihrer Lebensmittel, insgesamt, sagen sie, arbeiten sie mit 40 Lieferanten zusammen. "Wir wollen Schritt für Schritt auf immer mehr kleine, regionale Anbieter setzen", erklärt Bauer.
Einkauf teurer als beim Discounter
Aber kann sich das auch jeder leisten? Mit dem oft geäußerten Vorwurf, Unverpacktläden seien vor allem etwas für Besserverdiener, kann Mützel nichts anfangen: "Natürlich kann man unsere Preise nicht mit denen in einem Discounter vergleichen. Ich würde sagen, dass wir uns preislich ungefähr auf dem Niveau eines Biomarkts befinden."
Doch das nehmen die Kunden offenbar gerne in Kauf: "Ich finde die höheren Preise absolut gerechtfertigt, wenn die Produkte wirklich nachhaltig sind", sagt etwa Brigitte Schleicher aus Haßfurt, die zur Eröffnung am vergangenen Donnerstag gekommen ist. Ihr erster Eindruck: "Einfach toll." Zwar falle die Auswahl im Vergleich zu einem Supermarkt geringer aus, dafür sei der Laden viel übersichtlicher und gemütlicher. "Es ist das erste Mal, dass ich in einem Unverpacktladen bin, aber ich versuche schon seit einiger Zeit, bewusst einzukaufen und vor allem Abfall zu vermeiden."
Kunden können sich Produkte wünschen
Um den Laden und das Café weiterzuentwickeln, versuchen Mützel und Bauer mit den Leuten in Dialog zu treten. Auf einer Liste können Kundinnen und Kunden ihre Wünsche äußern. Denn gerade am Anfang gibt es noch viele offene Frage: Welche Mengen gilt es einzukaufen? Wie viele und welche Getränke oder Torten braucht es? Und ganz grundsätzlich: Was wollen die Leute überhaupt?
Etwa 200 Menschen haben am Eröffnungstag den Weg in das Café und den Unverpacktladen gefunden, so die Betreiber. Mützel und Bauer sind damit zufrieden. Mit ihren sieben Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wollten sie bewusst langsam starten, weswegen sie die Eröffnung nur über die Social- Media-Platfform Instagram beworben haben. Ihr langfristiges Ziel: Sie wollen gut von ihrem Geschäft leben können.
Die Öffnungszeiten des Cafés sind Mittwoch bis Sonntag von 11 bis 18 Uhr. Der Unverpacktladen hat Mittwoch bis Samstag von 11 bis 18 Uhr geöffnet.