
Selbst ein paar Tage vor der Eröffnung könnte man den Eindruck gewinnen, als wollte der Ort seinem Glück nicht trauen: Immer wieder schauen Bürger im Gewerbegebiet Bleichäcker vorbei und überzeugen sich persönlich davon, dass als letzter Schritt der Vorbereitungen nun Waren von großen Lkw in die Verkaufsräume verladen werden: Tatsächlich, Maros neuer Einkaufsmarkt wird Wirklichkeit.
Eine Marktgemeinde "ohne Markt"
Es sah zuletzt nicht gut aus, was die Nahversorgung der knapp 3300 Einwohner zählenden Marktgemeinde anbelangt. Erst war die Tankstelle weg und dann auch noch die zwei kleineren Edeka-Läden im Ort. "Was das Einkaufen anbelangt, waren wir eine Marktgemeinde ohne Markt", meinte am Mittwoch ein älterer Bürger, der mit dem Fahrrad ein paar Runden im neuen Gewerbegebiet direkt an der Bundesstraße 279 einen Steinwurf vom nördlichen Siedlungsrand entfernt drehte. "Für uns ist das eine sehr gute Entwicklung", freute sich der Mann mit Fingerzeig auf den Netto-Markt.

"Denn unsere Mitbürger mussten zuletzt zum Einkaufen nach Ebern, Hofheim oder Bad Königshofen fahren", sagt Bürgermeister Wolfram Thein (SPD). Oder gar bis Coburg. Von einer echten Nahversorgung kann da keine Rede sein, was vor allem der älteren Bevölkerung zu schaffen machte, deren Anteil ja wächst. Ganz abgesehen von der Relevanz des Individualverkehrs für den Klimawandel. Die Gemeinde hatte zuletzt sogar die Einkaufsfahrt mit dem Bus nach Ebern bezuschusst; vor zwei Jahren hatte der City-Bus seine Jungfernfahrt, der ebenfalls Ebern ansteuert, wo es viele Einkaufsmöglichkeiten gibt.
5000 Artikel auf 800 Quadratmetern
Ab nächster Woche aber können sich die Marokkaner wieder vor der eigenen Haustüre versorgen, Der Marken-Discounter Netto verspricht ein umfassendes Sortiment mit 5000 Artikeln, ob Obst und Gemüse, Fleisch oder Wurst, Molkereierzeugnisse, Backwaren, Zeitschriften, Wasch-, Putz oder Reinigungsprodukte. Der Fokus liege auf Frische, Qualität und Regionalität, heißt es in einer Pressemitteilung des Unternehmens zur neuen Filiale.
Discounter wollen nicht unbedingt aufs flache Land
"Es war ein kein leichtes Unterfangen", blickte Bürgermeister Thein in Gespräch mit der Redaktion auf den Kampf gegen den Abwärtstrend in "Maro" zurück: Denn die Discounter stünden nicht gerade Schlange, wenn es um einen Standort auf dem flachen Lande geht. Was Thein verwundert, denn in den Städten sei es offenbar für die Märkte kein Problem, sich gegenseitig auf die Füße zu treten. In Maroldsweisach mit seinen 17 Gemeindeteilen hat Netto jetzt aber quasi eine Monopolstellung. "Einen Tante-Emma-Laden oder etwas Vergleichbares gibt es nirgendwo mehr in unserer Gemeinde", sagt Thein.
Er ist froh, dass "Maro" Netto von der Ansiedlung überzeugen konnte. Doch auch der Lebensmitteldiscounter mit Sitz im bayerischen Maxhütte-Haidhof geht nicht in die Vollen: Die Regierung von Unterfranken hatte einen Markt mit 1200 Quadratmetern Verkaufsfläche genehmigt, Netto hat nur 800 Quadratmeter gebaut.
Bäckerei ja, Metzgerei nein.
Dafür zieht eine Bäckerei in die "Vorkassenzone", einen Metzger suchen Netto-Kunden hingegen vergeblich. Das sei auch eine bewusste Entscheidung gewesen, erklärt der Bürgermeister, um dem im Hauptort ansässigen Unternehmen mit eigenem Schlachtbetrieb keine Konkurrenz zu machen.

Übrigens: In dem Ende 2019 fertig erschlossenen und rund ein Hektar großen Gewerbegebiet Breitäcker ist Netto nicht der erste Anlieger. Schon vor gut einem halben Jahr hat dort eine Avia-Automatentankstelle rund um die Uhr geöffnet. Wer mag, kann hier auch sein Auto waschen. "Wir hatten keine Läden mehr, aber auch kein Benzin, um anderswo einkaufen zu fahren", scherzte ein Rentner über die prekäre Situation der letzten zwei, drei Jahre. Die nun endgültig überwunden ist.