Der 2. Weltkrieg wurde in Ebelsbach - abgesehen von den menschlichen Schicksalen – vor allem in zweifacher Hinsicht spürbar: Zum einen durch die Luftangriffe auf das Kugelfischerwerk, zum anderen durch den Bau der Stollenanlage "Kies" im Ebelsberg als Folge der Kugelfischerbombardierung. Der "Heimatgeschichtliche Arbeitskreis" stellt aus diesem Anlass einen neuen "Heimatbogen" vor und lädt interessierte Bürger zu Gedenkveranstaltungen ein.
Während des 2. Weltkrieges wurde das Werksgelände der Firma Kugelfischer von den alliierten Streitkräften schwer bombardiert. Grund für diese Angriffe war die Kugellagerproduktion, insbesondere für die Rüstung. Die Luftangriffe erfolgten vor 80 Jahren am 19. und 21. Juli 1944. Beim zweiten Angriff auf das Werk wurde eine der beiden Fertigungshallen schwer beschädigt, die zweite Fertigungshalle und zwei Trafostationen wurden total zerstört.
In nur fünf Monaten waren die Stollen fertig - aber doch zu spät
Nachdem mit weiteren Angriffen zu rechnen war, wurde mit dem Bau einer Stollenanlage im Ebelsberg begonnen, um unter Tage sicher produzieren zu können. In einer Bauzeit von nur fünf Monaten entstand das heute noch vorhandene Stollensystem. Es besteht aus neun Stollen, die durch Seitengänge miteinander verbunden sind.
Kugelfischer stellte Maschinen für die Produktion auf, Probeläufe fanden statt. Die Produktion wurde jedoch durch das plötzliche Kriegsende niemals aufgenommen. In der Nachkriegszeit fanden die Stollen kaum Nutzung. Seit Mitte der 90-er Jahre betreibt jedoch Martin Fischer in Teilen der ehemaligen Stollenanlage am Schützenplatz eine Sektkellerei.
Zum Gedenken an die Kriegszeit und die Luftangriffe auf Ebelsbach hat nun der "Heimatgeschichtliche Arbeitskreis" unter Federführung von Roland Mayer, Martin Fischer und Vanessa Zehendner neueste Forschungsergebnisse zusammengetragen, die unter dem Titel "Rüstungsindustrie im Zweiten Weltkrieg" veröffentlicht werden. Der erste Teil umfasst die Luftangriffe auf das Kugelfischerwerk, der zweite die Stollenanlage "Kies" im Ebelsberg.
Durch die Kontakte von Martin Fischer zu amerikanischen Bekannten gelang es außerdem, Unterlagen des amerikanischen Geheimdienstes in dortigen Archiven aufzufinden. Roland Mayer und Vanessa Zehendner übersetzten die Dokumente und übernahmen sie als Originalquellen in den Heimatbogen auf.
Zu den Luftangriffen auf das Kugelfischwerk finden sich interessante Planungen, Abbildungen, Berichte und Gutachten, die durch Original-Luftaufnahmen vom Juli/August 1944 ergänzt werden. Die Texte, Karten und Pläne zur Stollenanlage führten zu neuen Erkenntnissen, so dass bisherige Annahmen zum Teil korrigiert werden müssen.
Führungen für die interessierte Bevölkerung
In Erinnerung an die Luftangriffe vor 80 Jahren lädt Martin Fischer in die Stollen ein, wobei das in einer Veranstaltung mit geladenen Gästen am Donnerstag 18. Juli erfolgt. Aber auch die Bevölkerung ist willkommen. Wie die Redaktion auf Nachfrage erfahren hat, sind zwei Veranstaltungen am Sonntag, 21. Juli, um 14 und 17 Uhr, schon ausgebucht. Am Sonntag, 28. Juli, gibt es um 16 Uhr noch eine Präsentation der Stollenanlage mit Film, Fotos und schriftlichen Dokumenten und einer anschlienden Führung durch die Stollen; hier sind noch Plätze frei. Wer teilnehmen will, muss ich bei Martin Fischer unter der Rufnummer (09522/5065) anmelden. Taschenlampe, festes Schuhwerk und an die kühle Stollen angepasste Bekleidung sind empfehlenswert. Der Treffpunkt ist in Ebelsbach am Stolleneingang am Schützenplatz 6. Der Unkostenbeitrag beträgt 8 Euro.
Der „Heimatbogen“ Nummer 9 wird im Eigenverlag des „Heimatgeschichtlichen Arbeitskreises Ebelsbach“ vertrieben, ist bei Vorsitzender Sonja Horn und in der Gastwirtschaft Zehendner (Vanessa Zehendner) oder bei Roland Mayer und Martin Fischer erhältlich. Der Heimatbogen umfasst 44 Seiten und kostet fünf Euro. Bei Bedarf kann der Bogen nachgedruckt werden.