
Matthias Köhler und Thomas Reinhard sitzen an einem Tisch, sprechen freundlich miteinander, ab und zu wird auch gelacht. Was nicht nach einer spektakulären Nachricht klingt, hätte wohl vor einigen Jahren niemand für möglich gehalten. Denn Reinhard ist der Chef einer Bürgerinitiative, die sich zeitweise für die Schließung des Recycling-Betriebs Loacker im Wonfurter Gewerbegebiet einsetzte, Köhler ist Geschäftsführer ebendieses Unternehmens. Doch nachdem seinerzeit einige böse Worte gefallen waren, ist es beiden Seiten mittlerweile gelungen, einen guten Umgang miteinander zu finden – ohne Anfeindungen oder gegenseitige Schuldzuweisungen.
Thomas Reinhard beschreibt das Miteinander als harmonisch. "Er hat eine Frage und kommt auf uns zu, wir haben eine Frage und kommen auf ihn zu", sagt er über Matthias Köhler. Ein Mediationsverfahren hatte im Oktober 2013 dazu beigetragen, die Parteien, zwischen denen die Fronten verhärtet waren, an einen Tisch zu bringen. "Wir haben alle nicht gewusst, worauf wir uns einlassen", sagt Köhler. Doch am Ende sei das tatsächlich der richtige Weg gewesen. Neben dem Unternehmen und der Bürgerinitiative saß damals auch die Gemeinde Wonfurt mit am Tisch.
Beide Seite bekommen ein Gesicht
Auslöser für den Unmut vieler Wonfurter war, dass wiederholt "glitzernder Staub" auf Autos und Fensterbrettern lag. Auch Lärm und Gerüche, die von der Recyclingfirma ausgingen, empfanden viele Anwohner als störend. So kämpfte schließlich die Bürgerinitiative "Lebenswertes Wonfurt" dafür, dass sich etwas verändern müsse. Im Jahr 2012 veranstaltete sie Demonstrationen und verlangte Gutachten zur Schadstoffbelastung. Unterstützung kam von der Gemeinde Wonfurt, Kritik übten die Aktivisten dagegen am Landratsamt, dem sie Untätigkeit vorwarfen. Unter anderem hatte Peter Werner, seinerzeit Vorsitzender der Bürgerinitiative, den damaligen Landrat Rudolf Handwerker als "Provinzpatriarchen" bezeichnet, der nicht in der Lage sei, seine Bürger zu schützen.

Von solchen Formulierungen sind die Beteiligten heute weit entfernt. "Es hat alles seine Gründe gehabt", sagt Thomas Reinhard. "Aber wer wann was falsches gemacht hat, will ich jetzt nicht diskutieren." Aus Matthias Köhlers Sicht hat es sicher auch zur Entspannung beigetragen, "dass beide Seiten ein Gesicht bekommen haben". Vorher gab es "die Bürgerinitiative" und "die Firma aus Österreich", heute gibt es zwei Männer, die sich regelmäßig austauschen, bevor Konflikte entstehen. "Wenn man zeitnah antwortet, nimmt das viel Schießpulver raus", meint Köhler. "Und wir wollen beide nicht in alten Wunden stochern."
"Ein Stillstand ist ein Rückschritt"
Dass die Probleme, die die Bürgerinitiative damals moniert hatte, weitgehend beseitigt sind, hat mehrere Gründe. Viel hat mit der 2014 gebauten Einhausung des Betriebs zu tun. "Bei einem Recycling-Betrieb wird es immer Gerüche, Lärm und Staub geben. Aber in den letzten fünf Jahren war das in einem Rahmen, mit dem alle leben können." Der Lärm sei gleich komplett verschwunden, berichtet Reinhard. Die "Verfrachtung", also der Staub, den es in der nähe der Firma regnete, habe sich zwar nicht komplett abstellen lassen, aber es passiere heute viel seltener als früher.

Ähnlich sei es mit der Geruchsentwicklung. Auch diese lasse sich kaum abstellen; bei keinem Betrieb. Auch wer an einem Firmengelände vorbeiläuft, auf dem Holz verarbeitet wird, werde sicher den typischen Holzgeruch wahrnehmen. "Aber der ist halt angenehmer, weil er natürlich ist", meint Reinhard. Dass auch von der Recycling-Firma gewisse Gerüche ausgehen, sehe er ein, "damit werden wir leben müssen". Sehr unangenehme, beißende Gerüche gehören bei Loacker aber der Vergangenheit an. Zudem werde auch weiter investiert, um die Verfahren zu verfeinern und die Belästigung weiter einzudämmen. Das sei auch nötig, sagt Matthias Köhler, denn wie in vielen anderen Branchen gelte auch hier: "Ein Stillstand ist ein Rückschritt."
Zur Verbesserung habe auch beigetragen, dass sich die Firma, die früher auch Elektroschrott verarbeitete, sich mittlerweile auf die Arbeit mit alten Kabeln spezialisiert hat. Auch eine geänderte Marktsituation für das Recycling-Unternehmen habe dazu beigetragen, dass es heute mehr Möglichkeiten zur Geruchsvermeidung gibt als noch vor einigen Jahren. "Man kann natürlich mehr machen, wenn man sich die Kunden aussuchen kann und nicht um jeden Kunden kämpfen muss", sagt Köhler.
Kommunikation und Transparenz
Wichtig sei nun vor allem die Transparenz. "Es ist keine Schande, mal zu sagen, dass es einen Kleinbrand gegeben hat oder dass ein Krankenwagen da war, weil sich ein Arbeiter an der Hand verletzt hat", berichtet Geschäftsführer Köhler. Auch wenn es um Bauarbeiten oder andere Änderungen beim Betrieb geht, die Behörden wie das Landratsamt absegnen müssen, werden zeitnah auch die Wonfurter informiert. "Bevor wir irgendwas einreichen, kriegen die Bürgerinitiative und die Gemeinde Infos darüber." Thomas Reinhard betont allerdings, dass "Lebenswertes Wonfurt" nicht die Aufgabe habe, den Betrieb zu überwachen und beispielsweise zu überprüfen, ob das Unternehmen die Grenzwerte einhält.
Manchmal gebe es auch Stimmen, die fragen, ob die Bürgerinitiative in der aktuellen Situation überhaupt noch gebraucht werde. "Darauf sage ich: Ja, denn wir sind Vertragspartner." Sprich: Um den Streit zwischen der Gemeinde, den Bürgern und der Firma beizulegen, wurden seinerzeit Dokumente unterschrieben, für die es nun wichtig ist, dass die unterzeichnenden Organisationen auch weiter bestehen bleiben. Matthias Köhler freut sich zudem darüber, dass er somit einen festen Ansprechpartner hat. "Kommunikation ist wichtig, am besten auch in einem Vier-Augen-Gespräch."