Für etwa eine Stunde kamen am Freitagnachmittag in Haßfurt Kraftfahrerinnen und Kraftfahrer nur noch mühsam voran. Der Verkehr geriet deutlich ins Stocken, als Bauunternehmer aus der Kreisstadt mit gut einem Dutzend großen Nutzfahrzeugen sich den Weg durch die Straßen bahnten. Ziel war es, mit diesem Demozug die Öffentlichkeit darauf aufmerksam zu machen, dass die heimischen Unternehmen in einer hausgemachten Misere stecken: Die einzige Lagerfläche in Haßfurt für Bodenaushub ist seit vier Wochen erschöpft, es kann dort derzeit nichts mehr angeliefert werden.
"Wir fordern, dass der Landkreis endlich in die Gänge kommt und für den ganzen Landkreis mindestens eine Erdaushubdeponie zur Verfügung stellt", sagte Ulli Bergmann vom gleichnamigen Oberhohenrieder Baugeschäft, der den Potestzug initiiert und angemeldet hatte.
Sieben Kilometer lang war die Route, die die Lastkraftwagen zurücklegten: Die Route führte vom Betriebshof des Bauunternehmens Räder in Sylbach über die Staatsstraße beziehungsweise Hofheimer Straße zum Kreisel am Amtsgericht, von dort aus Richtung Bahnhof, einmal vom Unteren Turm bis zum Oberen Turm durch die Altstadt und zurück nach Sylbach. Mehrere Einsatzfahrzeuge der Haßfurter Polizei und zwei Beamtinnen auf den neuen Polizei-Fahrrädern schafften Platz für den ungewöhnlichen Konvoi und sicherten den Demonstrationszug ab, der ohne irgendwelche Zwischenfälle verlief.
Aufmerksamkeit durch lautes Hupen und Transparente
Durch das laute Hupen der Fahrzeuge und die dort angebrachten Transparente blieb es keinem Passanten und keiner Passantin verborgen, was die Bauunternehmen wollen. Lothar Künnel aus Haßfurt meinte zum Beispiel, dass es soviele Vorschriften für die richtige Müll- und Wertstoffentsorgung in Deutschland gäbe. Deshalb verstehe er nicht, warum im Falle des Erdaushubs keine Flächen für die Entsorgung zur Verfügen gestellt würden.
Wilhelm Dinkel, der ehemalige Inhaber des alteingessenen Haßfurter Bauunternehmens Dinkel und jetzt Angestellter bei der TM Tiefbau Mainfranken GmbH, sieht eindeutig den Landkreis in der Pflicht. Schon lange wurde geplant, jeweils im Norden und Süden des Landkreises eine Deponie zu errichten, aber seit Jahren gebe es kein positives Ergebnis.
Zurückgekehrt zum Startpunkt Sylbach, machten die Akteure gegenüber der Presse nochmal ihre Standpunkte klar. "Die Zeche zahlt zum Schluss der Bauherr", sagte Ulli Bergmann. Sein ebenfalls aus Oberhohenried stammender Berufskollege Norbert Krauser, Chef von Krauser-Bau, erklärte, dass den Beschäftigten der Bauunternehmen auch Kurzarbeit drohen könnte, wenn keine Aufträge mehr herein kommen. Der ein oder andere potenzielle Häuschenbauer überlege es sich derzeit sowieso wegen der allgemeinen Kostensteigerung überhaupt aktiv zu werden. Wenn dann noch immense Kosten für die Bodenentsorgung dazu kommen, könne das schnell zum "Nein" für das Eigenheim werden.
"Früher konnten wir den Boden für 5 Euro je Kubikmeter anliefern", unterstrich Ulli Bergmann und rechnet vor, dass private Annahmestellen 30 Euro je Kubikmeter oder noch mehr verlangen. Außerdem seien die Entfernungen erheblich größer als zur Haßfurter Deponie in die Sailershäuser Straße, auf der wegen Erreichen des genehmigten Verfüllvolumens ein Annahmestopp gilt. 50 Kilometer sind da keine Seltenheit, so Bergmann. Das wirke sich natürlich auch auf die Kosten für das Personal und den Lkw aus, der ja schließlich weitaus länger unterwegs sei, bis er eine Fuhre abkippen kann. "Die Mehrkosten müssen wir natürlich dem Auftraggeber in Rechnung stellen", sagten Ulli Bergmann und Norbert Krauser übereinstimmend.
Aber es müssen nicht immer riesengroße Mengen sein, auch bei der Entsorgung von nur wenigen Kubikmetern Erde stehen die Baufirmen vor dem gleichen Problem. Andreas Endres, dessen Bauunternehmen seinen Sitz zwar in Kleinmünster in der Gemeinde Riedbach hat, aber eine Niederlassung im Haßfurter Gewerbegebiet Godelstatt betreibt, schilderte seine Alltagsprobleme:
"Wenn ich beispielsweise Rabatten setze oder eine Mauer hochziehen will, habe ich zwar nur relativ wenig Erdaushub, aber den muss ich natürlich ebenfalls fachgerecht entsorgen". Der Hochbautechniker erklärte, dass er es nicht verstehe, warum man sich in Haßfurt nicht schon früher um das Problem gekümmert habe. Schließlich sei ja abzusehen gewesen, dass die Deponie an der Sailershäuser Straße eines Tages voll sein werde.
Falls nichts geschieht gibt es weitere Protestaktionen
Die Bauunternehmer hoffen, dass ihre Protestaktion auch die Verantwortlichen in der Kommunalpolitik wachgerüttelt hat. "Schnellstens brauchen wir eine neue Möglichkeit der Erdaushub-Anlieferung, die mit kurzen Wegen erreichbar ist", so Bergmann. Für den Fall, dass in nächster Zeit nichts geschehen sollte, kündigt der Bauunternehmer weiteren Protest an: "Dann werden wir alle Berufskollegen aus dem ganzen Landkreis mobilisieren und erneut in der Kreisstadt protestieren. Dann sind es aber nicht nur ein Dutzend Fahrzeuge, die den Verkehr blockieren, sondern wesentlich mehr".