Den 22. August vergangenen Jahres wird ein 59-jähriger Polizeibeamter wohl immer in schlechter Erinnerung behalten. Als der Mann gegen 17.30 Uhr von der Arbeit heimfuhr, bemerkte er auf der Landstraße zwischen Haßfurt und Knetzgau einen Lieferwagen, der schräg auf der Fahrbahn stand. Beim Blick in den Rückspiegel sah er einen BMW, der auf der linken Fahrbahnspur auf den Lieferwagen zuraste. Der Polizist vermutete eine Suizidabsicht des BMW-Fahrers.
Polizist konnte sich das Kennzeichen merken
"Dann erwischt's mich auch", dachte sich der 59-jährige Polizist damals. Und lenkte sein Auto ungebremst nach rechts in den Straßengraben, sodass der BMW durch die entstandene Lücke hindurch fahren konnte. Außer einem Blechschaden in Höhe von rund 400 Euro am VW des Polizisten verlief der Unfall glimpflich. Der Polizeibeamte konnte sich die Nummer des BMWs merken und erstattete Anzeige gegen den damals 18-jährigen Fahrer.
Dieser hat am Dienstag vor dem Amtsgericht Haßfurt nun die Quittung für sein Verhalten bekommen. Wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs erhält er nach Jugendstrafrecht ein dreimonatiges Fahrverbot, muss 1500 Euro an die Kreisverkehrswacht zahlen und an einem Fahrsicherheitstraining teilnehmen.
Auf der Anklagebank sagt der heute 19-jährige Arbeiter aus dem Landkreis, er habe es damals eilig gehabt, weil er einen Termin hatte. Er sei mit rund 80 Kilometern pro Stunde hinter drei Fahrzeugen hinterhergefahren. Da er kein entgegenkommendes Fahrzeug sah, habe er die drei Autos mit zirka 115 Stundenkilometern überholt. "Plötzlich" sei vor ihm der weiße Transporter aufgetaucht. Er habe noch mehr Gas gegeben, um einscheren zu können. "Es war sehr knapp", gab er zu. Er habe Herzrasen und einen Schock gehabt.
Vor Gericht kein Unbekannter
Ein Unbekannter ist er vor Gericht nicht. Bereits viermal wurde er in seinen jungen Jahren straffällig. Im Verkehrszentralregister hat er jedoch noch keinen Eintrag. Für das Urteil sei der Zeitpunkt des Überholvorgangs ausschlaggebend, sagte der Vorsitzende Richter Christoph Gillot. Wenn der Angeklagte in einer Rechtskurve überholte, so wie es der Polizeibeamte bezeugte, dann sei dies "Harakiri" und sei mit einer sechsmonatigen Fahrsperre zu bestrafen. Wenn er erst nach der Kurve zum Überholen ansetzte, dann handle es sich lediglich um eine Ordnungswidrigkeit, die ein einmonatiges Fahrverbot nach sich ziehe.
Der Richter schlug daher ein dreimonatiges Fahrverbot vor, das die Staatsanwältin gerade so akzeptierte, da es sich um einen Grenzfall handle. Der Angeklagte sei "kein klassischer Verkehrsrowdy". Er habe vielmehr einen Fahrfehler begangen. Dennoch habe er rücksichtslos überholt und eine Massenkarambolage mit Toten in Kauf genommen. Diese Ansicht teilte der Vorsitzende in seiner Urteilsbegründung: "Sie hatten unglaublich viel Glück, dass fast nichts passiert ist." Das Urteil ist bereits rechtskräftig.