"Wie ihr alle wisst, müssen wir unseren Chor auflösen. Das Alter nagt an uns, aber auch Corona hat seinen Rest dazu beigetragen. Wir sind und waren schon eine tolle Truppe. Und auch unser Gesang konnte sich immer hören lassen. Wir hatten effektive Chorproben und sehr schöne Auftritte und natürlich kam auch das Feiern nie zu kurz." Mit diesen Worten, in denen die Wehmut deutlich mitklang, beschrieb Richard Schätzlein als Sprecher des Kugelfischer-Sängerchors Eltmann das letzte Treffen, bei dem man auf das 60-jährige Bestehen dieses Betriebschores zurückblickte, aber gleichzeitig auch seinem Ende entgegensah und die Noten beiseite legte.
Richard Schätzlein gestand ein "das Alter nagt an uns, wenn man das uns auch nicht ansieht. Wir haben immer alles darangesetzt, weiterzumachen, aber irgendwann ist halt der Zeitpunkt gekommen, Adieu zu sagen. Wir vom Eltmanner Chor werden uns nicht mehr jeden Dienstag zur Chorprobe treffen, aber ich möchte, dass wir uns auch künftig zwischendurch einmal gemütlich auf einen Schoppen Wein zusammensetzen."
Sprecher des Kugelfischer-Sängerchors Eltmann
Zuvor vergaß man aber nicht, einige Mitglieder für besondere Jubiläen zu ehren. Dies galt für das einzige noch lebende Gründungsmitglied Lorenz Dümpert aus Eltmann, der vor 61 Jahren beigetreten sei, so lange aktiver Sänger war und mit seinem Schifferklavier und schönen Beiträgen viele Feiern bereicherte. Er erhielt dafür Auszeichnungen des Vereins, des Fränkischen Sängerbundes und des Deutschen Chorverbands, die der Vorsitzende des Kugelfischer-Sängerchores aus Schweinfurt, Heinz Vogt, überreichte.
Otto Frank aus Ebelsbach, der auch als Dirigent immer wieder einsprang, wurde für 60 Jahre, Manfred Hess aus Stettfeld für 50 Jahre und Siegfried Gerhart aus Ebelsbach für 40 Jahre Mitgliedschaft ausgezeichnet. Besondere Anerkennung wurde auch Dirigent Adrian Georg Micsa zuteil, der den Chor von 1995 bis zuletzt geleitet hat.
"Ja, die Zeit bleibt nicht stehen und die Lebensuhr ist für den Sängerchor nach 60 Jahren abgelaufen", betonte dann Dümpert als einzig noch lebendes Gründungsmitglied und schilderte, wie es zur Gründung dieses Betriebschores gekommen ist: "Wir haben dem damaligen Firmenchef Dr. Georg Schäfer und dem langjährigen Werksleiter Diplom-Ingenieur Wilhelm Stenger die Gründung zu verdanken. Als Georg Schäfer senior damals wünschte, dass auch ein Chor aus dem Werk Eltmann zu seinem Geburtstag singen möge, hieß es in Eltmann ,Ihr Wunsch sei uns Befehl', und damit war die Gründung des Chores geboren."
Am 23. November 1960 wurde mit 34 sangesfreudigen Mitarbeitern des Kugelfischerwerkes in Eltmann die offizielle Gründung bestätigt. Darunter waren Sänger, die teilweise schon im Männerchor Eltmann aktiv waren, aber auch solche von anderen Orten, die gerne in solch einem Werkschor mitsingen wollten.
Erster Vorsitzender des Chores sei Georg Jakob gewesen, der Meister in der Kugelhärterei. Weitere Vorsitzende waren Lothar Kolbert (1966-1970), Günter Bobrowski (1970-1990), Manfred Hess (1990-1994), Siegfried Gerhart (1994-2003), und zuletzt war nun Richard Schätzlein Sprecher des Chores, der sich 1993 mit dem Kugelfischer-Sängerchor aus Schweinfurt zusammenschloss und seitdem auch im Vereinsregister eingetragen war.
Gründungsmitglied
"Der Chor zählte zu den Besten im Sängerkreis Franken. In den sechs Jahrzehnten gestaltete der Kugelfischer-Sängerchor Schweinfurt-Eltmann in vielen Kirchen und Sälen unvergessliche Konzerte. Ein besonderer Höhepunkt war das Deutsche Chorfest 1976 in Berlin, der Auftritt mit den vereinigten Werkschören 1978 in Bielefeld und Wuppertal sowie die Konzertreise nach Wien mit Auftritten im Bendorfer Theater", schwelgte Dümpert in alten Erinnerungen.
"Nesthäckchen" Siegfried Gerhart, der mit 34 Jahren anfing, heute auch schon 75 Jahre in diesem erlesenen Sängerkreis mit einem Durchschnittsalter weit über 80 Jahren, ist und während dieser Zeit nahezu alle Vorstandsposten vom Kassier bis zum ersten Vorsitzenden bekleidete, ist auch bis zuletzt Notenwartwart gewesen. Er unterstrich die große Unterstützung des Chores, der in seinen besten Jahren 40 Sänger vereinigte, in den ersten Jahrzehnten durch die Familien Schäfer und Ritzmann und darauf sei man stolz gewesen.
Noch heute mache das Wort von der "Familie Schäfer" die Runde in Eltmann und erinnere an die guten Zeiten. Sogar bei Wikipedia kann man von diesem besonderen Gemeinschaftsgefühl bei Kugelfischer lesen. "Ein Anstellung bei FAG Kugelfischer hatte, ähnlich wie bei Siemens, Beamtenstatus. Das Unternehmen unterhielt eigene Ferienheime und Kinderheime für Arbeitnehmer und ihre Familien. Als legendär galten die Weihnachtsfeiern, bei denen jedes Kind aller Arbeitsnehmerfamilien ein Geschenk erhielten."
Siegfried Gerhart sprach dabei auch die Gesangsproben im Betrieb an. "Wir haben uns jeden Dienstagnachmittag im Mitarbeitercasino zur Probe getroffen, und die jeweiligen Sänger wurden dabei von ihrer Arbeit bei fortlaufender Bezahlung freigestellt. Selbstverständlich haben wir auch sämtliche Betriebsfeste oder Weihnachtsfeiern, Sommerfeste umrahmt und haben den Namen Kugelfischer auch bei Auftritten des Fränkischen Sängerbundes, bei vielen anderen Konzerten oder sogar Werbeveranstaltungen unterstrichen". Im Werk Eltmann habe man auch einmal den "Stadtsängertag" veranstaltet.
Die Qualität des "Kugelfischer-Sängerchores" habe man natürlich auch den Dirigenten zu verdanken. Da erwähnte Dümpert insbesondere Professor Karl Haus, der den Chor von 1961 bis 1995 und damit 34 Jahre leitete. Sogar bis zu Rundfunk- und Schallplattenaufnahmen habe man es gebracht und sei dazu aufs Schloss Saaleck bei Hammelburg zu fahren, um hier in einem Studio beste Aufnahmen zu produzieren. 1995 habe dann Musiklehrer Adam Georg Micsa den Dirigentenstab übernommen. "Beide Dirigenten führten den Sängerchor zu Höchstleistungen."
Lorenz Dümpert erinnerte aber auch an den Übergang des Werkes von Kugelfischer auf die Firma Schaeffler, womit auch der Sängerchor nicht mehr diese Aufmerksamkeit und Unterstützung bekam. Und nun soll ja in naher Zukunft der ganze Betrieb in Eltmann geschlossen werden. Dies habe auch dazu geführt, dass keine jungen Sänger mehr zum Chor stießen und man in letzter Zeit nur noch mit neun bis elf Sängern auftrat. Dabei liege die letzte Probe wegen der Pandemie schon eineinhalb Jahre zurück.
Man war sich deswegen unsicher, dass man sogar für ein kleines "Abschlusskonzert" den richtigen Ton treffe. Dies gelang aber voll bei den Liedern "Wahre Freundschaft soll nicht wanken" und "So jung wie heute sehen wir uns nie wieder".