Seit Montag sind die Schulen wieder geöffnet – zumindest für die Abschlussklassen. Für alle anderen geht das Homeschooling weiter. Für viele Schüler:innen ist das okay. Obwohl ihnen die sozialen Kontakte und der direkte Austausch mit den Lehrer:innen fehlen, gehen sie mit dem Distanzunterricht erstaunlich pragmatisch um. An den neuen Schulalltag haben sie sich gewöhnt.
Wer sich nicht daran gewöhnen sollte, ist unser Bildungssystem. Das ist seit langem schon problem-anfällig und reformbedürftig. Die Corona-Pandemie verstärkt diese Probleme. Lehrer:innen, die wenig Interesse am Lernerfolg ihrer Schüler:innen haben und erklär-faul sind, gab es schon immer. Ihre fehlende Interaktion wird im Distanzunterricht sichtbarer als im monologhaften Frontalunterricht.
Digitalisierung an den Schulen: Setzen sechs!
Die Pandemie hat ein fundamentales Problem der Schulen zum Vorschein gebracht: die ungenügende Digitalisierung von Lernen und Schule. Was lange Zeit als Luxus und wenig relevant für das Erlangen von Wissen galt, ist nun die wichtigste Anforderung an ortsungebundenes, selbständiges Lernen. Noch immer gibt es Schulen, die keine ausreichende Internetverbindung oder WLAN besitzen und den Kindern zu wenige oder gar keine Leihgeräte zur Verfügung stellen können oder noch immer darauf warten.
Das Homeschooling verstärkt die soziale Ungerechtigkeit für die Kleinsten der Gesellschaft. Schüler:innen, die zuhause keinen PC haben, sind vom Unterricht quasi abgehängt. Kinder, die sich mit Geschwistern und Eltern Geräte teilen müssen, haben schlechtere Voraussetzungen, um an der Bildung teilzunehmen.
Digitalisierung ist mehr als nur Breitbandinternet
Das Kultusministerium hat die Situation unterschätzt und nach dem ersten Lockdown zu spät reagiert. Während der Freistaat im vergangenen Jahr vor allem auf die eigene Plattform "mebis" setzte, war vielen Schulen bereits bewusst, dass das nicht reichen kann. Lizenzen für digitale Plattformen, die auch der Kollaboration und Kommunikation dienen, wie MS Teams oder der Schulmanager, wurden zum Teil erst im zweiten Lockdown zur Verfügung gestellt oder noch später.
Die Digitalisierung der Schule ist mehr, als nur Breitbandinternet und Laptops für alle. Es bedeutet vor allem die Schüler:innen auf eine digitalisierte und zunehmend komplexere Arbeitswelt vorzubereiten. Das Homeschooling verändert "die Art zu lernen", wie die Schulleiterin des Regiomontanus Gymnasiums in Haßfurt es treffend sagte.
Doch an unseren Schulen definiert sich der Leistungserfolg noch allzu sehr am sturen Auswendiglernen von Wissen und Fakten, die im Netz nur einen Klick entfernt sind. Viel wichtiger ist aber das Anwenden und die Weiterverarbeitung von Wissen, um komplexe Probleme zu lösen. Mit dem Homeschooling wird diese Arbeitsweise in den Alltag integriert und die Schüler:innen üben so ein, was in der Arbeitswelt von morgen unerlässlich sein wird.