In Knetzgau ist der Zirkus Renz gestrandet. Klar: Wenn die Artisten in Corona-Zeiten nicht auftreten können, kommt kein Geld rein. Zwar sind Vorstellungen vor kleinem Publikum theoretisch möglich, doch die Ausgaben würden die Einnahmen auffressen.
Knetzgau ist kein Einzelfall: Eine kurze Google-Suche liefert zahlreiche Medienberichte über Zirkusse, die in der Corona-Krise an einem Ort hängengeblieben sind. Eine Besonderheit ist in Knetzgau allerdings der Ärger, den es zwischen der Zirkusfamilie und der Gemeinde gibt. Mittlerweile wurden dem Zirkus Strom und Wasser abgestellt und Bürgermeister Stefan Paulus beschuldigt die Zirkus-Leute, statt in Hartz-4-bedingter Armut eher in Saus und Braus zu leben. Er glaubt, sie wollen gar nicht auftreten, sondern es sich auf Kosten der Allgemeinheit bequem machen.
Die Art, wie die Diskussion um den Fall Renz teilweise geführt wird, zeigt drei Dinge. Erstens: Noch immer bestehen Vorurteile über das "Fahrende Volk"; nicht nur im Bezug auf Sinti und Roma, sondern auch auf Zirkus-Leute. Ihre Shows schaut man gerne an, über den Weg traut man ihnen trotzdem nicht.
Zweitens: Landes- und Bundespolitik haben in Corona-Zeiten versagt bei der Aufgabe, Menschen vor existenzbedrohenden Situation zu retten. Mittlerweile geht es mit vielen kleinen Familienunternehmen, die vor der Krise gut dastanden, den Bach runter, manche haben bereits aufgegeben.
Drittens: Teile unserer Gesellschaft haben unrealistische Vorstellungen. Oft ist zu hören, die Betroffenen seien "selber schuld", weil sie nicht genug vorgesorgt hatten. Aber gerade bei kleinen Unternehmen ist es oft gar nicht möglich, soviel Geld rauszuziehen, dass man viel zurücklegen kann. Wer in der aktuellen Situation Zirkussen, Gastwirten oder Markthändlern vorwirft, sich nicht darauf eingestellt zu haben, dass ihnen über mehrere Monate die Einnahmen wegbrechen könnten, der ist nicht nur empathielos, sonder auch weltfremd.