Die Geographie – oder "Erdkunde", wie sie früher als Schulfach hieß – hat schon ihre Tücken. Da gibt es beispielsweise Ober- und Unterfranken, aber wenn man sich die beiden Regierungsbezirke auf der Landkarte anschaut, dann liegen sie eher neben- als übereinander. Und Mittelfranken liegt unter den beiden. Und dann gibt es auch noch Niederbayern, das auf der Karte über Oberbayern liegt.
Und wer als Ortsunkundiger durch den Landkreis Haßberge fährt, kann auch schnell verwirrt sein von den vielen Bezeichnungen: Dicht beieinander liegen Hofheim in Unterfranken, Königsberg in Bayern, Zeil und Sand am Main oder auch Zell am Ebersberg. Wer nicht weiß, dass sich das nicht gegenseitig ausschließen muss, mag sich da fragen: Wo bin ich denn jetzt? In Bayern? In Unterfranken? Da kann man schon einmal durcheinander kommen.
Schilder-Fauxpas
Bedenklich wird es aber, wenn ausgerechnet ein Unternehmen, dessen Job es ist, Menschen von einem Ort zum anderen zu bringen, mit der Geographie nicht so richtig klar kommt. Da kann man sich dann doch fragen: Sind die überhaupt in der Lage, mich da hin zu bringen, w0 ich hin möchte? Oder stehe ich am Ende ganz wo anders?
Diese Fragen hat die Deutsche Bahn aufgeworfen, als sie vergangenen Freitag ein Schild mit der Aufschrift "Genuss auf ganzer Strecke: Grüß Gott in Oberfranken" am Bahnhof Ebelsbach-Eltmann anbringen ließ. Auf einem weiteren Schild war zu lesen: "Genießen Sie Oberfranken in einem Zug. Und am besten auch hier vor Ort." Dass die zwei Orte, die sich einen Bahnhof teilen, beide in Unterfranken liegen, hat die Bahn dabei wohl übersehen. Sollen wir dann demnächst auch ins Rheinland fahren, um Frankreich "vor Ort" zu genießen?
War es Absicht?
Oder war das vielleicht gar kein Fehler, sondern eine absichtliche Aktion, die den Bahnreisenden subtil die Botschaft vermitteln möchte: "Wir kennen keine Grenzen!" Im übertragenen Sinn könnte das ja so etwas heißen wie: "Wir bringen euch überall hin." Die Frage ist dann nur, ob die Reisenden da auch wirklich hin wollen.
Oder sehen wir hier die ersten Anzeichen einer feindlichen Übernahme aus dem Nachbar-Regierungsbezirk? "Wir sind Oberfranken. Sie werden assimiliert werden. Widerstand ist zwecklos!"
Dass die Verantwortungsträger der DB ihre mangelhaften Geographiekenntnisse unter Beweis gestellt haben, sorgte für Hohn und Spott, für diverse Medienberichte und für etwas, das man von der Bahn in Deutschland sonst eher nicht kennt: Schnelligkeit. Eigentlich ist das Unternehmen doch vor allem für Verspätungen bekannt.
Erstaunlich schnelle Reaktion
Auch den barrierefreien Ausbau diverser Bahnhöfe hätte die Bahn schneller in Angriff nehmen können. Aber gut - zumindest in Haßfurt tut sich in diesem Punkt ja nun endlich etwas. Umso verwunderlicher ist es, wenn sich zeigt, dass die Bahn auch mal schnell sein kann – zumindest, wenn es darum geht, eine Peinlichkeit aus der Welt zu schaffen.
Denn kaum hatten am Freitag diverse Medien den Fehler bemerkt und – teilweise recht hämisch – darüber berichtet, wurden die Schilder in kürzester Zeit ersetzt, diesmal mit der unverfänglicheren Aufschrift: "Herzlich Willkommen, auch wenn Sie nur kurz bleiben." Wobei auch diese Schilder die Frage nicht beantworten: Warum steht eine Begrüßungsformel eigentlich am Eingang zum Bahnhof? Gehört die nicht eigentlich an den Ausgang?
