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Königsberg
Königsberg: Wie ein Soziologieprofessor eine alte Scheune zu neuem Leben erweckt
Prof. Dr. Claus Tully (Bildmitte) lässt in Königsberg eine baufällige Scheune zu einem Wohnhaus umbauen. Bürgermeister Claus Bittenbrünn (rechts) bedankte sich beim Richtfest für das Engagement des weitgereisten Soziologen und Buchautors. 
Foto: Gerold Snater | Prof. Dr. Claus Tully (Bildmitte) lässt in Königsberg eine baufällige Scheune zu einem Wohnhaus umbauen. Bürgermeister Claus Bittenbrünn (rechts) bedankte sich beim Richtfest für das Engagement des weitgereisten ...
Gerold Snater
 |  aktualisiert: 08.02.2024 18:07 Uhr

"Der muss doch verrückt sein, der so eine alte Hütte wieder herrichtet!", das war nur eine Meinung von etlichen Äußerungen von Königsberger Bürgerinnen und Bürgern über die Erhaltung und den Wiederaufbau der Scheune in der Gasse "Altes Brauhaus" in Königsberg. Denn die alte Scheune bot von der Bausubstanz her wirklich keinen Vertrauen erweckenden Eindruck mehr. Die Riegelfelder im Fachwerk waren schon mehr oder weniger locker, die Stützbalken hinterließen auch nicht mehr den sichersten Eindruck und auf dem Ziegeldach klafften viele Lücken. Dicht war das Dach längst nicht mehr. Der Abriss drohte. Zumal der Bauausschuss der Stadt Königsberg den Erhalt der Scheune schon vor Jahren als unzumutbar bezeichnet hatte

So sah die baufällige Scheune vor der Übernahme durch Claus Tully aus.
Foto: Gerold Snater | So sah die baufällige Scheune vor der Übernahme durch Claus Tully aus.

Doch das hinderte den neuen Besitzer Prof. Dr. Claus Tully nicht, sich dieses maroden Gebäudes anzunehmen. Es wird wieder hergerichtet und soll ihm und seiner Frau später einmal die endgültige Wohnstatt sein. Claus Tully wohnt zurzeit noch im Süden Bayerns in Grassau im Chiemgau. Er ist viel in der Welt herumgekommen. Er ist Soziologe, ehemals Jugendforscher am Deutschen Jugendinstitut, lehrt aktuell an der FU Bozen und an der TU Berlin sowie an der University of Applied Science Geislingen. Er ist wissenschaftlicher Mitarbeiter in verschiedenen Sonderbereichen, hat längere Aufenthalte an Schulen und Universitäten im Ausland, wie in den USA und in Argentinien, absolviert.

Über 20 Bücher, meistens Fach- und Sachbücher, hat Claus Tully bisher geschrieben. Aber sein neuestes Buch, das am 31. Mai 2021 unter dem Titel "Auf dem Weg in die neue Heimat. Liesls Eldorado" im Iatros-Verlag erschienen ist, ist sein erster Roman und erzählt spannend eine Lebensgeschichte von zwei Frauen, die das Unmögliche wagen: Nicht vor dem Leben davonzulaufen, sondern bei sich selbst anzukommen.

In Zeil geboren und aufgewachsen

Das Licht der Welt erblickt hat Claus Tully in Zeil am Main. Dort ist er auch aufgewachsen und dorthin hat er noch heute verwandtschaftliche Verbindungen. Wie er aber jetzt auf die alte Scheune in Königsberg gekommen ist, das kommt nicht von ungefähr, wie er im Gespräch mit dieser Redaktion erzählt. So habe er schon als Kind eine Schulfreundin in Königsberg gehabt und die Familie sei auch öfters von Zeil nach Königsberg gefahren, vielleicht auch, weil hier sein Neffe Steinmetz Michael Tully wohnt, der ihm jetzt bei der Suche nach Statiker, Architekt und Bauhandwerkern sehr geholfen hat.

Beim Richtfest war das neue Innenleben der Scheune schon zu erkennen.
Foto: Gerold Snater | Beim Richtfest war das neue Innenleben der Scheune schon zu erkennen.

"In Königsberg haben wir auch Familienfeste gefeiert und im Regiomontanushaus gewohnt. Der Ort hat mir und meiner Frau wegen seiner Lebensqualität schon immer gefallen. Und dann gab es irgendwann die Möglichkeit die Scheune zu erwerben. Dazu gehört immer eine gewisse Naivität, sonst macht man so etwas nicht. Als Wissenschaftler ist man naiv, sonst würde man nichts Neues erfahren. So hat man das Projekt angefangen, auch etwas mit der eigenen Biographie,." führte Tully weiter aus.

Wohnen auf einer Ebene

Die Vorteile in der Scheune sieht Tully darin, dass er hier auf einer Ebene wohnen kann im Gegensatz zu seiner derzeitigen Wohnung: "Wir wohnen zurzeit auf mehreren Etagen in einem Reihenhaus." So gesehen waren seine Liebe zu dem Gemäuer aus dem Jahr 1560 und die Fertigstellung und Veröffentlichung seines ersten Romans für Claus Tully unter anderem der Anlass, diese neue Bleibe in der "Alten Braugasse" in Königsberg in Angriff zu nehmen. Eine Bleibe, in die noch viel Arbeit fließen wird bis zu ihrer endgültigen Fertigstellung. Das konnten die zum Richtfest eingeladenen Gäste feststellen. Aber dann wird sie fertig sein und seinen und den Ansprüchen seiner Frau gerecht werden, in einem Haus zu wohnen, das die Wünsche erfüllt, "in einer schönen Umgebung zu leben, die man fußläufig bewältigen kann".

Außergewöhnliches Richtfest

Das Richtfest selbst, das am vergangenen Donnerstag stattfand, war schon etwas außergewöhnlich. Es gab keinen Rohbau zu besichtigen, aber zumindest das neue hölzerne Innenleben der Scheune. Und daraus konnte man schon entnehmen, dass es einmal eine wunderschöne Bleibe werden wird. Dieser Meinung waren auch die geladenen Gäste, unter ihnen auch Bürgermeister Claus Bittenbrünn, der Claus Tully bescheinigte: "Mit Claus Tully haben wir jemanden gefunden, der dieses historische Objekt in einer vom Denkmalschutz vorbildlich begleiteten Maßnahme mit viel Liebe aufwendig saniert und einen Wohnraum in einer der ältesten Scheunen der Stadt schafft - eine tolle Maßnahme für unsere historische Altstadt." Gast war auch die vorherige Besitzerin Elisabeth Baier, die mit einem Gedicht zum Richtfest gratulierte.

Claus Tully und seine Frau wollen nach Abschluss der Arbeiten in der Scheune wohnen. Bis dahin ist noch viel zu tun.
Foto: Gerold Snater | Claus Tully und seine Frau wollen nach Abschluss der Arbeiten in der Scheune wohnen. Bis dahin ist noch viel zu tun.

Claus Tully selbst antwortete in einem kurzen Interview auf die Frage, warum er sich an den Ausbau herangewagt hat: "Wenn es jetzt gelingt, und danach sieht es aus, dass man das Ding so herrichtet, dass es in der Ortsmitte stehen bleibt, und, dass es ein Relikt ist, das von 1560 ist. Und so hat früher die äußere Form ausgesehen. Das ist schön." Tully will mit seiner Frau möglichst bald in das neue Haus einziehen. Wann, das ist zurzeit noch von vielen unterschiedlichen Faktoren abhängig. Dass er dann aber auch nicht immer zu Hause sein wird, kann man aus seiner Aussage folgern: "Ich war immer gerne Forscher und kein einseitiger Mensch."

 
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