Sie rannten, als ginge es um einen Eintrag ins Guinessbuch der Rekorde, die Grundschulkinder aus Zeil und Sand. Doch sie rannten nicht für sich, sondern für ihre Altersgenossen im Kinder- und Jugendhospiz "Sternenzelt" in Bamberg. Sie rannten, um Geld zu sammeln, das den Kindern im Hospiz vielleicht den einen oder anderen Wunsch erfüllen kann.
Leider, so Einrichtungsleiterin Beate Neumeister, gebe es in Deutschland derzeit keine kostendeckende Finanzierung für Kinderhospize. Deshalb würden für den Bau und den Betrieb dieser so wichtigen Einrichtungen Spendengelder benötigt, um den schwerstkranken Kindern und Jugendlichen zusammen mit ihren Familien eine besondere Auszeit zu ermöglichen.
Fast 300 Mädchen und Buben haben mitgemacht
Das gab den Ausschlag, als fast 300 Kinder der Grundschule Zeil/Sand und der Elternbeirat sich entschlossen, Ende Juni statt eines Schulfestes lieber einen Spendenlauf zu organisieren. Demokratisch wählten die Buben und Mädchen aus drei Institutionen das Hospiz "Sternenzelt" in Bamberg aus, malten sogar im Rahmen eines Wettbewerbs Bilder zum Thema Hospiz, und anschließend machte sich der Elternbeirat unter der Führung von Jenny Stößel mit Unterstützung der planenden Lehrerinnen Kristina Franke und Christine Tully an die Umsetzung der Idee. "Kinder laufen für Kinder" wurde als Motto gewählt.
Aber wie sollte bei dem Lauf das dringend benötigte Geld zusammenkommen? Die Kinder wollten so viele Runden wie möglich rund ums Caritashaus in Zeil laufen. Das entspricht einer Länge von rund 400 Metern. Die Kinder suchten sich Sponsoren, die bereit waren, pro gelaufene Runde einen Geldbetrag zu spenden. Das konnten die Eltern sein, Großeltern, Tanten, Onkels oder auch Firmen. Was die alle gemein hatten: Sie unterschätzten gewaltig das Durchhaltevermögen der Kleinen, die sich noch dazu tatkräftige Unterstützung durch ihre Geschwisterchen aus den Kindergärten geholt hatten.
Es stand aber jedem Sponsor offen, wie viel er schließlich berappen wollte. So kam die Mutter eines Migrantenkindes mit einem Umschlag zu den Organisatorinnen, in den sie "was ich halt geben kann" gesteckt hatte. Darin waren vierzig Euro von dem Bisschen, das sie zum Leben hat.
Unter der Organisation des Elternbeirats wirkten zahlreiche Helfer mit, so dass aus dem Event eine Erfolgsgeschichte werden konnte. Unterwegs standen Getränke bereit, die Feuerwehr garantierte die Sicherheit der jungen Athletinnen und Athleten. Für das Wohl der begeistert mitgehenden Zuschauerinnen und Zuschauer war ebenfalls mit Kaffee, Kuchen und Bratwürsten gesorgt.
"Trotz nicht idealen Wetters", so Schulleiterin Andrea Rauh im Gespräch mit dieser Redaktion, "herrschte richtige Gänsehautatmosphäre. Die Kinder haben sich so angestrengt, keines hat vorzeitig aufgegeben." Runde um Runde – insgesamt rund 2200 an der Zahl – absolvierten die jungen Dauerläufer und so stieg das Guthaben Euro um Euro kontinuierlich an. Am Ende steht dann die unglaubliche Summe von 19.231,11 Euro auf dem Scheck. Und diesen Scheck bekam das Kinderhospiz vergangenen Donnerstag überreicht.
Beate Neumeister hat Tränen in den Augen. Sie war bei der Veranstaltung selber vor Ort, sogar eine Runde mitgelaufen und schon damals absolut "begeistert, wie engagiert die Kinder waren". Sie freut sich riesig über den "ganz tollen Betrag, mit dem man wirklich was machen kann. Wahnsinn, wie viel da zusammengekommen ist".
Die Betreuung der erkrankten Kinder bringe die Eltern an die Grenzen ihrer physischen und psychischen Belastbarkeit, berichtet die Hospizleiterin aus ihrem Alltag. "Einrichtungen wie das neu errichtete Kinder- und Jugendhospiz Sternenzelt in Bamberg begleiten und unterstützen die Betroffenen in der schweren Zeit." Seit April 2023 könnten hier Kinder und Jugendliche mit ihren Eltern und Geschwistern eine Auszeit von ihrem Alltag erleben.
Das Hospiz in Bamberg nehme betroffene Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene bis zur Vollendung des 26. Lebensjahres in der stationären sowie teilstationären Einrichtung auf. Auch ein Aufenthalt zur Sterbe- und Trauerbegleitung mithilfe seelsorgerischer und psychologischer Fachkräfte sei möglich.
Viele Familien mit sterbenskranken Kindern seien zudem finanziell schlecht gestellt, erklärt Neumeister, da oft ein Elternteil kaum einer Arbeit nachgehen könne, weil ja das Kind zu Hause versorgt werden müsse. Durch die Spendengelder könnten zum Beispiel Ausflüge für betroffene Familien realisiert werden, oder ein Fahrrad angeschafft, oder ein Rolli. "Musik- und Kunsttherapie, das läuft alles ausschließlich über Spenden."
"Da kriegt man Gänsehaut", sagt Neumeister, "wenn man sieht, wie begeistert die Kinder sich in die Aufgabe reingekniet haben. Kinder gehen mit diesem Thema viel offener um, es ist für sie noch nicht so ein Tabu, wie es Erwachsene dabei empfinden."
Ein gesundes Kind zu haben ist nicht selbstverständlich
"Ein gesundes Kind zu haben, ist nicht selbstverständlich", erklärt Pia Mühlfelder das Engagement von Kindern, Sponsoren, Helfern und Organisatoren. "Durch diesen Lauf", sagt die Mama, die selbst kräftig gespendet hat, "wird uns das allen bewusst." Umso wichtiger sei es, das Bamberger Kinderhospiz zu unterstützen. "Denn auch wir alle könnten dessen Hilfe irgendwann einmal gebrauchen. Bei diesem Lauf ging es nicht um den einzelnen Läufer, sondern um die Gemeinschaft. Und darum, mit dem Geld diesen Kindern schöne Momente zu ermöglichen."
Genau wie alle anderen Sponsoren hatte aber auch Pia Mühlfelder nicht mit so einem leidenschaftlichen Willen der Kinder gerechnet. Zweitklässlerin Emma hatte noch vor dem Lauf angekündigt: "Ich laufe so viele Runden wie ich kann, bis kein Platz mehr auf meinem Laufzettel ist." Und nach dem Rennen schnaufte das Kind zufrieden: "Das war ganz schön anstrengend. Aber ich habe viele Runden geschafft. Jetzt können die Kinder in Bamberg mit ihren Familien einen schönen Ausflug machen."