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Haßfurt
Jugendstrafrecht nach Körperverletzung: Angeklagter freut sich sichtlich über mildes Urteil des Amtsgerichts Haßfurt
Nach einem Kneipenbesuch in Eltmann soll der damals 20-jährige Angeklagte auf zwei Personen eingeschlagen haben. Jetzt soll er "am Knast schnuppern".
Ein 21-Jähriger musste sich vor dem Amtsgericht Haßfurt verantworten.
Foto: Lukas Reinhardt (Archivfoto) | Ein 21-Jähriger musste sich vor dem Amtsgericht Haßfurt verantworten.
Martin Schweiger
 |  aktualisiert: 12.04.2025 02:33 Uhr

Das Grinsen eines 21-jährigen Angeklagten, der sich am Mittwoch am Jugendschöffengericht wegen gefährlicher Körperverletzung verantworten musste, wurde während der Urteilsverkündung immer breiter. Denn er wurde für seine Tat nicht nach Erwachsenenstrafrecht bestraft, sondern nach dem milderen Jugendstrafrecht.

Im März vergangenen Jahres soll der damals 20-Jährige aus dem Maintal gegen 2 Uhr nachts mit 1,5 Promille Alkohol im Blut nach einem Kneipenbesuch in Eltmann einen anderen Kneipengast verprügelt haben. Laut Anklageschrift kam es nach einem kurzen Streit zu den Schlägen, bei denen das Opfer zu Boden gegangen sei.

Der Angeklagte soll weiter auf den Kopf des auf dem Boden liegenden 24-Jährigen mit Fäusten eingeschlagen haben. Das Opfer erlitt blutende Wunden und einen Haarriss am Ellenbogen. Auch einen weiteren Kneipengast soll er mit den Fäusten traktiert haben. Dieser Geschädigte soll Hämatome und Kopfschmerzen erlitten haben.

Eine Angestellte rief die Polizei

Vor Gericht räumte der Angeklagte über seinen Verteidiger Alexander Wessel ein, dass er Schläge ausgeteilt habe, jedoch nicht auf den am Boden liegenden Geschädigten. Den zweiten Geschädigten habe er geschlagen, um sich selbst zu verteidigen.

Nach Angaben des Angeklagten sei er vom Hauptgeschädigten mit den Worten "Ich bring dich um" bedroht worden. Er habe Angst gehabt, da sechs weitere Kneipengäste auf ihn zugekommen seien. Er sei in die Kneipe geflüchtet. Eine Angestellte habe die Polizei gerufen.

Der 24-jährige Haupt-Geschädigte gab vor Gericht an, keine Erinnerung mehr an die Tatnacht zu haben. Er habe damals "gut getrunken" und kenne den Angeklagten nicht. Die Folgen waren für ihn nach eigener Zeugenaussage dramatisch: Eine große Platzwunde am Kopf musste geklebt werden. Er erlitt eine Gehirnerschütterung. Sein Arm war durch den Haarriss vier Wochen lang im Gips. Er sei mehrere Wochen krankgeschrieben gewesen und habe seinen Arbeitsplatz verloren, gab er zu Protokoll.

Eine Entschuldigung des Angeklagten im Gerichtssaal nahm er ebenso an wie ein Schmerzensgeld in Höhe von 500 Euro, das ihm der Verteidiger übergab. Böse sei er seinem Peiniger nicht mehr. "Der soll nicht ins Gefängnis. Es gibt Schlimmere", gab er sich versöhnlich.

Vier Zeugen widersprachen den Angaben

Vier Zeugen widersprachen den Angaben des Angeklagten. Sie sprachen von Schlägen auf den am Boden Liegenden. Der zweite Geschädigte gab an, er sei dazwischengegangen und habe sich Schläge vom Angeklagten eingefangen. Geblutet habe er jedoch nicht.

Eine entscheidende Frage, nämlich ob der Angeklagte bei seinen Faustschlägen ein Messer in der Hand hatte, womit er eine gefährliche Körperverletzung begangen hätte, konnte in der Verhandlung nicht beantwortet werden. Ein Polizeibeamter, der damals im Einsatz war, sagte, er habe selten eine so große Wunde gesehen, die nur durch einen Faustschlag verursacht wurde. Ob der Angeklagte ein Messer, das später in Tatortnähe gefunden wurde, bei der Tat in der Hand hatte, war aber nicht nachzuweisen.

Ein Jahr lang keinen Alkohol

Ein unbeschriebenes Blatt ist er nicht. Ein Drogendelikt und eine Körperverletzung stehen in seinem Strafregister. Da er zur Tatzeit erst 20 Jahre alt war, plädierte die Staatsanwältin auf eine Strafe nach Jugendrecht – "gerade noch". Sie forderte einen dreiwöchigen Dauerarrest, Suchtberatung, Alkoholabstinenz und ein Anti-Gewalt-Training. Der Verteidiger hielt Suchtberatung und Abstinenz für ausreichend, zumal der Angeklagte auf die Herausgabe seines Messers, eines Familienerbstücks, verzichtete.

"Sie sollen einmal am Knast schnuppern und merken: da will ich nicht hin."
Patrick Keller, Richter

Das Jugendschöffengericht schickte den Angeklagten wegen zweifacher Körperverletzung für vier Tage in einen Kurzarrest. Er muss ein Anti-Gewalt-Training absolvieren und darf ein Jahr lang keinen Alkohol konsumieren. Dem zweiten Opfer muss er 250 Euro Schmerzensgeld zahlen. "Sie sollen einmal am Knast schnuppern und merken: da will ich nicht hin", sagte Richter Patrick Keller abschließend. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

 
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  • Peter Koch
    Trotz nur zwei Vorstrafen jetzt volle 4 Tage Knast. Voll krass das Urteil! Das darf nicht rechtskräftig werden, das ist viel zu hart.
    Ironie aus. Warum nicht 4 Monate?
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