Warum Sulzbach und Erlsdorf noch keine Mitfahrerbank haben? Ganz einfach: Von dort will niemand weg. „Und das liegt auch an unserer schönen neuen Dorfmitte“, sagt Michael Weinmann nicht ohne Stolz. Mit einem Augenzwinkern und zwei Fotos, begrüßte der Vorsitzende des Dorfgemeinschaftsvereins gemeinsam mit Stadtrat Ralf Wunderlich die zur Einweihung des Dorfgemeinschaftshauses in Sulzbach erschienen Gäste.
Dem Bild von einer Mitfahrerbank folgte eine Ansicht des House of Parliament in London. Ein Radwegweiser, dort angebracht an einer Straßenlaterne, weist den Weg nach dem 1013 Kilometer entfernten Sulzbach. Würden die Engländer dem folgen und sehen, wie schön es auf dem europäischen Festland – speziell in Sulzbach – ist, nähmen sie von ihrem Austritt aus der EU schnell Abstand, ist Wunderlich überzeugt.
Ob die Sulzbacher Dorfmitte die Europapolitik beeinflussen kann, sei dahingestellt. Ein Schmuckstück ist das neue Dorfgemeinschaftshaus mit seinem einladend gestalteten Umfeld allemal. Am Samstag wurde es am „Tag der Städtebauförderung“ feierlich eingeweiht.
550 Städte und Gemeinden
Damit nahmen die Sulzbacher und Erlsdorfer zusammen mit weiteren 550 Städten und Gemeinden – neun davon in Unterfranken – am bundesweiten Aktionstag teil.
Der „Tag der Städtebauförderung“ ist eine gemeinsame Initiative von Bund, Ländern, dem Deutschen Städtetag sowie dem Deutschen Städte- und Gemeindebund. Mit rund 650 Veranstaltungen bilde der Aktionstag die Vielfalt der Städtebauförderung ab und biete den Bürgern Gelegenheit, sich über deren Ziele und Ergebnisse zu informieren, erläuterte Manfred Grüner, Sachgebietsleiter für Städtebauförderung an der Regierung von Unterfranken.
Hofheim sei bereits seit 1987 in der Städtebauförderung tätig. Inzwischen seien die Hofheimer Allianz und die Stadt Hofheim „gute Kunden“, die mit Bürgermeister Wolfgang Borst an der Spitze für zahlreiche vernünftige und nachhaltige Projekte Fördermittel aus verschiedensten Programmen der Städtebauförderung aquirierten und nutzten, lobte Grüner. Zuschüsse von rund 7,75 Millionen Euro aus Mitteln der Städtebauförderung trugen, laut Grüner, bis 2018 dazu bei, die Hofheimer Altstadt und die Stadtteile lebendiger und attraktiver zu machen.
Über das Programm „Kleinere Städte und Gemeinden“ profitierte das Sulzbacher Dorfgemeinschaftshaus mit einem Zuschuss von 153 000 Euro (60 Prozent der veranschlagten Kosten) von der Städtebauförderung. Das ehemalige Gefrierhaus war gehörig in die Jahre gekommen und bot samt seinem Umfeld mit den abgestellten Wertstoffcontainern keinen schönen Anblick.
Wirtschaftlich sei aufgrund der schlechten Bausubstanz nur ein Abbruch gewesen, erläuterte Architekt Jürgen Bergmann. Der Wiederaufbau in Holzrahmenbauweise orientiert sich mit einer Grundfläche von 110 Quadratmetern in seiner Form und seinen Abmessungen, den roten Dachziegeln und den Holzfenstern am früheren Erscheinungsbild. Der helle, liebevoll gestaltete Gastraum bietet mit Thekenbereich und Kleinküche Platz für etwa 30 Personen.
Ein geschützter Freisitz mit Blick auf den neu gestalteten Spielplatz, schön kombinierte Pflaster-, Grün- und Blühflächen und das schmuck renovierte Buswartehäuschen laden zum Verweilen im Freien ein. Bergmann hob vor allem die enorme Eigenleistung der Sulzbacher hervor, mit der etwa 45 000 Euro eingespart werden konnten.
„Die Dorfgemeinschaft hat sich vorbildlich eingebracht“, dankte auch Bürgermeister Borst für die gute Zusammenarbeit. Dem Dank schloss sich auch Landrat Wilhelm Schneider an: „Das zeigt, dass Sie sich für Ihre Heimat verantwortlich fühlen und Ihnen die Weiterentwicklung Ihres Dorfes eine Herzensangelegenheit ist.“
„Wir können nur die Hülle fördern“, betonte Manfred Grüner, „für die Nutzung und die Gemeinschaft müssen Sie sorgen.“ Dass die Steuergelder in Sulzbach gut angelegt sind, bewiesen die zahlreichen Arbeitseinsätze, bei denen alle kräftig mit anpackten. „Für den Zusammenhalt im Dorf war das sehr gut“, bestätigt der Vorsitzende der Dorfgemeinschaft, Weinmann. Und genutzt werde das Haus auch schon fleißig, sei es zum Dorftreff oder zum Kaffeetreff.
Segen durch die Pfarrerin
„Wenn der Herr nicht das Haus baut, so arbeiten umsonst, die daran bauen.“ Mit den Worten aus Psalm 127 erinnerte Pfarrerin Lucia Langer daran, dass eine gelingende Gemeinschaft Gottes Segen bedarf. Musikalisch bereicherte der Posaunenchor der Kirchengemeinde Schweinshaupten mit Unterstützung aus Ermershausen den Gottesdienst zum Beginn des Festtages.
Das Dorfgemeinschaftshaus in Sulzbach war nicht das einzige Objekt, mit dem sich Hofheim am „Tag der Städtebauförderung“ beteiligte. Bereits am Vormittag zog das sanierte Anwesen in der Landgerichtsstraße in Hofheim das Interesse auf sich. Mit dem Sonderprogramm „Leerstand nutzen – Lebensraum schaffen“ habe es die Städtebauförderung ermöglicht, ein erhaltenswertes Haus im Stadtkern, das Jahrzehnte vom Verfall gezeichnet war, zu sanieren, dankte Borst. Die hohe Förderung von 90 Prozent gibt es ausschließlich für die Leerstand-Sanierung, verbunden mit der Schaffung von Wohnraum für anerkannte Flüchtlinge mit Wohn- und Arbeitsrecht. Für sieben Jahre innerhalb von 25 Jahren ist die Kommune an diesen Belegungszweck gebunden.
405 000 Euro Zuschuss, das sind 90 Prozent der als förderfähig anerkannten Kosten, erlaubten es, aus dem ehemaligen Leerstand ein Wohnhaus mit drei Mietwohnungen mit 30, 49 und 125 Quadratmetern zu schaffen. „Ein Glücksfall“, so Architekt Jürgen Bergmann, der durch das Haus führte, zu der hohen Förderung. „Merkmale erhalten, die den Charakter eines Gebäudes bestimmen“, genau das sei bei dieser gelungenen Sanierung geglückt, lobte Grüner. Neben dem Einbau einer Gasheizung und Bädern, wurden unter anderem der Terrazzoboden, die Holztreppe, Holzfußböden und Stuckdecken belassen. Sie verleihen den Wohnungen besonderen Reiz.
Mit dem Brau- und Backhaus in Rügheimlud am Abend das dritte beteiligte Hofheimer Projekt ein. Erst durch gemeinsame Aktivitäten entstehe Lebensqualität im Ort, wünschte Borst den Rügheimern weiterhin so viel Schwung, wie sie bisher für ihr Dorf gezeigt haben.
Bei einem Krug selbstgebrauten „Rügumer Spezialbier“ lauschten die Besucher den Ausführungen von Brauvereinvorsitzendem Rainer Huth zur Geschichte des Hauses, der Brauanlage und des Backofens. Wie das Bierbrauen vor sich geht, erklärte Biergeselle Lukas Hein. Und Walter Schwarz gewährte einen Einblick in die Sanierung des ehemaligen Kommunalbrauhauses. Zum ersten Braufest am 20. Juli soll das unfiltrierte, naturtrübe Rügheimer Bier fließen.