
Keines Blickes hat eine Mutter aus dem Maintal ihren Sohn gewürdigt, der am Dienstag auf der Anklagebank des Amtsgerichts Haßfurt saß. Sie sagte im Zeugenstand gegen den 29-Jährigen aus. Als Mutter hätte sie von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch machen können. Doch das tat sie nicht.
Seit Jahren leidet sie nach eigenen Angaben unter dem "Psychoterror" ihres Sprösslings. Im November vergangenen Jahres soll es zu einem weiteren Aussetzer gekommen sein. Im Alkohol- und Drogenrausch soll der Angeklagte seine Mutter und deren Lebensgefährten beleidigt und bedroht haben. Auch handgreiflich sei er geworden.
Angeklagter räumt alle Vorwürfe ein
Zur Tatzeit war er bereits elfmal vorbestraft und stand unter laufender Bewährung. Im Gefängnis war er noch nie. Doch das könnte sich bald ändern. Denn der Vorsitzende Richter Christoph Gillot verurteilte den Beschuldigten wegen vorsätzlichem Vollrausch und versuchter Nötigung zu einer sechsmonatigen Freiheitsstrafe – ohne Bewährung.
Auf der Anklagebank räumte der 29-Jährige alle Vorwürfe der Anklageschrift ein. Demnach drohte er am Abend des 11. November vergangenen Jahres seiner Mutter und deren Freund, sie umzubringen und zu schlagen. Er beleidigte die beiden, warf Gläser an die Wand und zerschlug Flaschen. Den Freund der Mutter packte er am Hals, der dadurch Kratzer erlitt. Auch am darauffolgenden Morgen drohte er, "alles kaputtzumachen".
Er habe damals Heroin, Cannabis, Alkohol und Benzoide im Blut gehabt, gab der Angeklagte zu Protokoll. Im Drogenrausch habe er die Fassung verloren. Seit dem Vorfall habe er Hausverbot. Er habe zwei Entgiftungen hinter sich und warte auf eine stationäre Therapie.
Mutter kann Entschuldigung nicht annehmen
Im Zeugenstand schilderte die Mutter ihr Leid. Ihr Sohn habe in der Tatnacht Katzen "herumgeschmissen" und sie beleidigt. Als ihr Freund sich dazwischen stellte, habe sich die Situation "hochgeschaukelt". Ihr Sohn sei ein anderer Mensch, wenn er Alkohol trinke. Es sei immer schlimmer mit ihm geworden. Sie habe Nächte lang nicht geschlafen. Sie habe Angst gehabt, als er noch bei ihr wohnte.
Mittlerweile gebe es ein Kontaktverbot, an das der Sohn sich halte. Am Tatabend sei er "komplett dicht" gewesen und fünfmal die Treppe hinuntergefallen. Seit Jahren höre sie von ihm: "Es tut mir leid." – "Ich kann es nicht annehmen", sagte sie verbittert vor Gericht.
Lange Liste an Vorstrafen im Gepäck
Im Alter von 18 Jahren wurde der Angeklagte zum ersten Mal wegen eines Drogendelikts verurteilt. Es folgten weitere Straftaten wie Beleidigungen, Körperverletzungen oder Diebstahl. Seit eineinhalb Jahren ist der 29-Jährige arbeitslos und lebt von Bürgergeld.
Angesichts der Vorstrafen beantragte die Staatsanwältin eine achtmonatige Haftstrafe ohne Bewährung. Der Verteidiger führte aufgrund der starken Alkoholisierung eine verminderte Schuldfähigkeit seines Mandanten an, der einen "Filmriss" gehabt habe. Er forderte eine fünfmonatige Bewährungsstrafe plus Therapie.
"Sie brauchen Druck. Sie hören einfach nicht auf", ermahnte der Vorsitzende den Beschuldigten. Bei dem Angeklagten handle es sich um einen "untherapierten, polytoxikomanen Bewährungsversager". Der Richter ging davon aus, dass der Angeklagte in die nächste Instanz geht. "Dem Berufungsgericht müssen Sie viel bieten", gab er ihm mit auf den Weg.