Verkaufsoffene Sonntage sind ein Thema, das vielen Kommunen in Deutschland derzeit schlaflose Nächte bereitet. Aber – soll man sie verteufeln, weil sie viele Menschen den sauer verdienten und benötigten Sonntag kosten, oder sind sie das heilbringende Instrument im Kampf gegen den übermächtigen und rund um die Uhr verfügbaren Online-Handel, mit dem heimische Einzelhändler ihr Überleben und somit eben auch die Arbeitsplätze der Mitarbeiter sichern können, die eben unter diesen offenen Sonntagen leiden?
Das Bundesverwaltungsgericht war in seiner Rechtsprechung im Jahre 2017 eindeutig. Sonntags dürfen Geschäfte nur in absoluten Ausnahmefällen geöffnet werden. Es muss in der betreffenden Kommune eine außergewöhnliche Veranstaltung stattfinden, die die Besucher anlockt. Nicht der Kommerz darf der Grund für den Besuch der Kommune sein. Notfalls muss das die Stadt vor Gericht beweisen.
Eines hat das Gericht außerdem klargestellt. Steigt ein solches kundenanlockendes Happening – eines, das geeignet wäre, die juristischen Vorgaben zu erfüllen – zum Beispiel in einer Innenstadt, dürften nicht automatisch gleichzeitig die Geschäfte, meist Einkaufsmärkte, an der Peripherie dieser Stadt geöffnet werden. Ein herber Schlag vor allem auch für so manche Möbelhäuser, die einen nicht unerheblichen Prozentsatz ihrer Monatsumsätze bei einem solchen verkaufsoffenen Sonntag erzielen.
Im Landkreis Haßberge gibt es sechs Kommunen, in denen überhaupt an Sonntagen die Geschäfte öffnen. Haßfurt und die beiden ehemaligen anderen Kreisstädte Hofheim und Ebern spielen dabei wohl eine Sonderrolle, weil einfach mehr Geschäfte betroffen sind. Die Stadt Eltmann hat gar keinen verkaufsoffenen Sonntag. Und Ebern hat schon vor Jahren einen vierten offenen Sonntag abgeschafft – als hätten die Eberner die Entwicklung vorausgeahnt.
Knetzgaus Bürgermeister Stefan Paulus hat sich – im Gegensatz zu seinen Amtskollegen, die meist am Status Quo festhalten oder juristisch angepasste Alibiattraktionen installieren wollen – angesichts der aktuellen Rechtsprechung einmal in die Rolle des „Gegners“ versetzt. Es hilft ja auch nicht viel, den Zusammenschluss aus Gewerkschaften und Kirchen zu verteufeln. Frank Firsching, Regionsgeschäftsführer Unterfranken des DGB, sieht die Sonntagsruhe als grundgesetzlich geschützten Wert, da der Sonntag als Feiertag der Woche dem Leben einen gleichmäßigen Rhythmus gibt.
Vor diesem Hintergrund ist es gar nicht abwegig, wenn Stefan Paulus philosophiert, dass ein Kirchweihfest, das ja eine kirchliche Feier darstellt, im Sinne des Wortes ethisch ungeeignet ist, ausgerechnet an so einem Tag Menschen zur Sonntagsarbeit zu knechten. Und Paulus geht noch einen Weg weiter. Der Knetzgauer Bürgermeister findet es gut, eine alteingefahrene Tradition auch einmal zu hinterfragen, und er versteht, dass die Gewerkschaften auf die Einhaltung der Grundrechte achten. Der verkaufsoffene Sonntag ist für ihn kein Werkzeug gegen die Online-Versender. „Die Leute sollen diese Internetportale nicht nutzen, sondern beim heimischen Verkäufer ihres Vertrauens einkaufen. Der haut sie auch nicht übers Ohr, weil er ihnen morgen wieder begegnet.“ Nicht nur sein Fazit: „Der Konsument hat's selber in der Hand.“