Ist ein 51-jähriger Tierarzt aus dem Landkreis ein Tierquäler? Diese Frage versucht das Amtsgericht seit Donnerstag zu beantworten. Die Staatsanwaltschaft legt dem Tiermediziner zwei Anklagepunkte zur Last.
Im September 2018 soll er einen rund 80 Kilogramm schweren Ziegenbock, der sich nach einer Operation noch in Narkose befand, an den Hörnern gepackt und vom OP-Tisch auf den Betonboden geworfen haben. Im Februar vergangenen Jahres wollte der Veterinär einer Katze Blut abnehmen. Als der Kater sich mit Kratzen und Beißen wehrte, soll der Angeklagte das Tier fest im Nacken gepackt und zweimal den Kopf des Tieres auf den OP-Tisch geschlagen haben. Dabei verlor die Katze zwei Zähne, hatte eine blaue Zunge und verstarb wenig später, heißt es seitens der Staatsanwaltschaft.
Einspruch gegen den Strafbefehl
Der Angeklagte erhielt einen Strafbefehl über 60 Tagessätze zu 100 Euro, also 6000 Euro, wegen eines Vergehens nach dem Tierschutzgesetz. Dagegen legte er Einspruch ein, sodass es zur Verhandlung am Amtsgericht kam. Dort wies er die Vorwürfe weitgehend von sich. Der Ziegenbock habe nach der OP an seiner Wunde geblutet. Die Blutung sei unfachmännisch von einem Kollegen gestillt worden.
Der Angeklagte habe deswegen nach Feierabend noch einmal an seinen Arbeitsplatz zurückkehren müssen. Als dann der Ziegenbock Probleme beim Aufwachen aus der Narkose gemacht habe, habe sich der Tierarzt nach eigenen Worten "lautstark Luft gemacht". Er habe das Tier an den Hörnern gepackt und an den Rand des Tisches gezogen. Von dort aus sei es auf den Boden gerutscht. Grob behandelt habe er das Tier nicht.
Probleme beim Blutabnehmen
Auch der Vorfall mit dem Kater klang aus dem Mund des Veterinärs anders: Den Kater habe der Besitzer gebracht, um das alte Tier einschläfern zu lassen. Es habe zuvor seit Tagen nichts gefressen und habe unter Atemproblemen gelitten.
Der Tierarzt habe dem Kater Blut abnehmen wollen, was jedoch nicht gelang. Zu dritt habe man schließlich versucht, das Tier zu fixieren, weil es um sich biss. Schließlich habe der Kater in einen Kugelschreiber gebissen, den der Arzt in seinem Kittel trug. Dabei seien zwei Zähne abgebrochen und die Zunge blau angelaufen. Geschlagen oder gar geworfen habe er das Tier nicht, beteuerte der Angeklagte.
Belastende Zeugenaussagen
Anders schilderte eine Mitarbeiterin der Tierpraxis den ersten Vorfall. Zwei Kolleginnen seien aus Angst zu ihr gekommen, da der Angeklagte getobt und geschrien habe. Sie sei daraufhin in den OP-Raum gegangen, wo sie von hinten gesehen haben will, wie der Arzt den Ziegenbock an den Hörnern packte und auf den Betonboden warf. "Ich dachte, der lebt nicht mehr", gab sie zu Protokoll.
Auch eine weitere Angestellte schilderte den Gewaltausbruch des Mediziners. Er habe die zappelnde Ziege an den Hörnern gepackt und zu Boden geworfen. Bei einer anderen Gelegenheit, die aber nicht Teil der Anklage war, habe der Veterinär eine Katze, die sich nicht spritzen lassen wollte, sehr stark fixiert und ihr auf den Kopf geschlagen. Die Katze habe vor Angst uriniert und sich danach tagelang nicht mehr anfassen lassen.
Berufliche Existenz steht auf dem Spiel
Verteidiger Steffen Vogel wies darauf hin, dass für seinen Mandanten die berufliche Existenz bedroht sei. Denn im Fall einer Verurteilung könnte der Arzt seine Approbation verlieren. Es stehe Aussage gegen Aussage, sagte Vogel, und stellte eine Einstellung des Verfahrens in den Raum. Staatsanwältin Anne Völkl stimmte dem allerdings nicht zu. Die Hauptverhandlung wird am 18. November um 13.30 Uhr fortgesetzt. Dann sollen weitere Zeugen gehört werden.