Die Anspannung hielt bis zur letzten Sekunde. Angelika Reinhart und ihr Schützling, der ghanaische Flüchtling Prince Otsibu, erlebten die Abstimmung des Petitionsausschusses im bayerischen Landtag live vor Ort. Als die 14 Abgeordneten des Ausschusses ihre Petition akzeptierten, folgte der Anspannung große Erleichterung, es war geschafft: Prince Otsibu darf in Deutschland bleiben – zumindest für die Dauer seiner Ausbildung.
"Wir haben das Bestmögliche herausgeholt", zeigt sich Angelika Reinhart auch am Tag danach glücklich, dass der Landtag ihren Schützling "duldet", so die offizielle Entscheidung aus München. Der 19-Jährige hat nun nach einem wahren Behörden-Marathon die Aussicht während seiner Ausbildung zur "Fachkraft für Systemgastronomie" auf ein Bleiberecht im Landkreis. Möglich gemacht hat das eine Petition, die der TV Haßfurt initiiert hatte und die rund 1500 Personen, darunter auch etliche Vorsitzende anderer Vereine, seit Februar unterzeichnet hatten. "Wie viele es genau sind, weiß ich nicht, ich habe irgendwann aufgehört zu zählen", freut sich TV-Vorsitzender Gerd Wolf über die große Unterstützung seitens der Bevölkerung sowie des Stimmkreisabgeordneten Steffen Vogel, der sich ebenfalls für Prince Otsibu eingesetzt hatte.
"Ich freue mich, dass ich helfen konnte und das geklappt hat", so Vogel. Es sei letztlich "eine Entscheidung des Herzens" gewesen, auch wenn das geltende Recht etwas anderes sage.
"Ich danke dem TV Haßfurt für die Unterstützung, dass ich soweit gekommen bin. Vor allem den Familien Wolf, Reinhart und Hess für den Schutz und die Hilfe, aber auch dem Bischof in Würzburg und Haßfurts Stadtpfarrer sowie allen, die die Petition unterschrieben haben, meiner Schule und meiner Lehrerin. Sie waren da, als ich Hilfe brauchte. Mit ihrer Hilfe kann ich nun meine Ausbildung angehen und meine Ziele verfolgen", zeigt sich auch Prince Otsibu glücklich, dass seine seit Februar drohende Abschiebung nun erst einmal vom Tisch ist.
Getrübt wird Otsibus Freude allerdings dadurch, dass er voraussichtlich noch einmal nach Ghana zurückkehren muss, um dort beim deutschen Konsulat ein Ausbildungsvisum zu beantragen. Das geht – nach heutigem Stand – nur vor Ort und persönlich. "Ich habe Angst, bei meiner Rückkehr verhaftet zu werden", ist Otsibu nicht davon überzeugt, dass sein Leidensweg tatsächlich schon vorbei ist. Der junge Ghanaer ist homosexuell, ein Umstand, der in seinem Heimatland als Straftat gilt und mit Gefängnis bestraft wird. Die Erfahrungen, die er bereits vor seiner Flucht nach Deutschland vor rund zwei Jahren gemacht, als er von Jugendgangs wegen seiner sexuellen Orientierung schwer misshandelt wurde, will er nicht noch einmal erleben.
Lynchjustiz und Gefängnis
Bereits Anfang November berichtete diese Redaktion über den Fall und die Umstände, die den Jugendlichen damals dazu gebracht hatten, Ghana den Rücken zu kehren. Der drohenden Lynchjustiz in dem westafrikanischen Staat entkommen, folgten weitere schwere Monate für Prince Otsibu. Während er in Ghana aufgrund seiner Homosexualität verfolgt wurde, musste er diese in Deutschland nun nachweisen, um einen triftigen Grund für sein Asylverfahren zu haben. Ghana gilt grundsätzlich als "sicheres Herkunftsland", die Verfolgung Homosexueller wird allerdings als Asylgrund anerkannt. Doch wie soll ein junger Mann seine sexuelle Orientierung nachweisen? "Das muss eigentlich beim ersten Gespräch in der Flüchtlingsaufnahme auf den Tisch", weiß Angelika Reinhart inzwischen, dass ein nachträgliches "Geständnis" kaum mehr Beachtung bei deutschen Behörden findet, vielmehr als Ausrede abgetan wird.
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Doch hatte Otsibu nach seiner Flucht erst einmal andere Probleme. Von seinem Onkel, der ihn nach Deutschland brachte, in Nürnberg im Stich gelassen und der Papiere beraubt, übernachtete er zunächst unter einer Brücke, bevor er sich bei der Polizei und dann beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Zirndorf meldete. Seinen Ausweis konnte er nicht vorlegen, es folgten mehrere Besuche bei der ghanaischen Botschaft in Berlin, um seine Identität zu bestätigen und einen neuen Ausweis zu erhalten. Auf den wartet Prince Otsibu allerdings noch heute. - ein Umstand, der die angedrohte Abschiebung ebenfalls verhinderte.
In der Zwischenzeit wurde der Ghanaer im Jugendheim in Haßfurt einquartiert, knüpfte Kontakte zum TV Haßfurt und wurde am Eichelsee ein Teil der Fußballer, lebt größtenteils sogar auf dem TV-Gelände. Dem Verein ist der inzwischen volljährige "Neuzugang" ans Herz gewachsen. Vorsitzender Gerd Wolf nahm den jungen Ghanaer unter seine Fittiche, half bei allen notwendigen Behördengängen, begleitete ihn sogar nach Berlin und startete, als im Februar die Abschiebung des Flüchtlings beschieden wurde, die Petition, hinter die sich nur die Fußballer des Kreisstadtvereins stellten.
Ausschuss persönlich überzeugt
Und die war in dieser Woche nun endlich erfolgreich. Otsibu und Angelika Reinhart konnten den Petitionsausschusses persönlich davon überzeugen, dass er in seiner Heimat verfolgt wird, er in Haßfurt perfekt integriert ist, gute Noten in der Berufsschule erzielt und einen Ausbildungsplatz in Aussicht hat.
Den kann er nun noch im Sommer antreten. Im Restaurant eines Haßfurter Möbelhauses wird Prince Otsibu dann in der Küche ausgebildet und kann endlich seinen Lebensunterhalt selbst bestreiten. Damit hat sich ein Traum des 19-Jährigen zunächst einmal erfüllt, er beteuert, niemandem auf der Tasche liegen zu wollen. Für seine Helfer geht es nun darum, einen Weg zu finden, ihm die Rückkehr nach Ghana zu ersparen. Sie suchen nach einer Möglichkeit, das benötigte Ausbildungsvisum zu besorgen, ohne Prince Otsibu einer erneuten Gefährdung auszusetzen.
Sind sie jetzt enttäuscht.?
Null weil sie durch den Zensur fallen und daher nicht veröffentlicht werden....
Was mich mal interessieren würde wäre die Zahl der Hasskommentare zu diesem Artikel.