Geht die Haßfurter Innenstadt in Flammen auf? Nein, aber die Ritterkapelle und das Alte Rathaus könnten in der Nacht vom kommenden Montag auf den Dienstag eben diesen Anschein erwecken. Und das ganz gezielt: Ein flammender Appell soll die Aktion sein, mit der die Veranstaltungswirtschaft bundesweit auf ihre schwierige Lage aufmerksam machen will.
Es geht um nächtliche Illuminationen in Feuerrot. Durch die Corona-Krise sei der Branche praktisch über Nacht die Arbeitsgrundlage entzogen worden - und in der Folge drohe nun einem "riesigen Wirtschaftszweig eine Pleitewelle enormen Ausmaßes", wie Thomas Koperek (Essen), der Initiator der "Night of Light", befürchtet.
Von der Pandemie hart getroffen
Koparek kündigt für mehr als 200 Städte in ganz Deutschland Illuminationen an. In rotes Licht getaucht werden Eventlocations, Spielstätten, historische Gebäude und prominente Bauwerke. Dazu gehören auch Lokalitäten im Haßbergkreis - wie die Ritterkapelle und das Alte Rathaus in Haßfurt. Auch ein Firmengebäude in der Industriestraße 38 wird dann zwischen 22 Uhr am Montag und 1 Uhr am Dienstag zum leuchtenden Mahnmal: Hier nämlich sitzt mit der Soundhouse Veranstaltungstechnik GmbH eine der betroffenen Firmen, die sich selbst und die anderen Haßfurter Objekte in Rot taucht. "Die Pandemie hat uns hart erwischt", gibt Philipp Stapf, Projektleiter bei Soundhouse, unumwunden zu. "Wir wollen darauf aufmerksam machen, wie schwer die ganze Branche betroffen ist und was da alles dranhängt."
Ausstatter, Bühnenbauer oder Caterer: Alle hat es erwischt
Und diese "Alles" seien nicht nur die Veranstalter selbst. Sondern auch Spielstätten, Zulieferer und Dienstleister jeder Art und Größe, wie auch Initiator Koperek bekräftigt. Er denkt an Technikfirmen, Bühnen- und Messebauer, Caterer, Ausstatter und Logistiker ebenso als Beispiel wie an Künstler, Drehbuchschreiber oder Regisseure. Alles zusammen sie das "eine systemrelevante Veranstaltungswirtschaft, die mit Konzerten, Messen, Volksfesten oder Firmenfeiern in normalen Jahren 500 Millionen Menschen anziehe."
Soundhouse gehört mit 30 Mitarbeitern zu den großen der Branche, tourt durch ganz Europa, sorgt etwa bei Helene Fischer für die Beschallung oder ist für die Hauptbühne bei Rock im Park verantwortlich. Das Unternehmen bietet Komplettlösungen für die Ausstattung und Durchführung Ebents aller Art, im Sport ebenso wie bei Messen, Feierlichkeiten und Konzerten.
Davon ist die MAD Veranstaltungstechnik in Oberaurach weit entfernt. Mario Pfaff ist Einzelunternehmer, der zum Beispiel beim Zeiler Weinfest für das richtige Licht und den richtigen Ton sorgt. Dass auch er bei der Night of Light mitmacht, zeige "die Solidarität quer durch die Branche" ungeachtet der Größe oder Ausrichtung der Firmen. Pfaff wird das Zeiler Rathaus mit Rotlicht bestrahlen, dazu genügen rote Farbfilter, den er auf die vorhandenen weißen Schweinwerfer auflegen wird.
Verhungern am ausgestreckten Arm
"Man setzt uns praktisch über Nacht auf Null und lässt uns dann am ausgestreckten Arm verhungern", ärgert sich Pfaff über die große Politik. Solo-Selbstständige wie er können Soforthilfe in Höhe von 9000 Euro beantragen. Doch die darf er nur für gewerbliche Kosten ausgeben. "Auch wenn ich jetzt verhungern würde, dürfte ich keine Lebensmittel davon kaufen." Weil es derzeit aber keine Einnahmen durch Veranstaltungen gibt, verdingt sich Mario Pfaff "als Tagelöhner" beim Landratsamt. Er denkt daran, zur Night of Light seinen Beamer mitzubringen und Infos an die Rathauswand zu projizieren, die in der Bevölkerung kaum bekannt seien: "In der Veranstaltungsbranche in Deutschland arbeiten mehr Beschäftigte als in der Autoindustrie samt Zulieferern." Nicht nur von Berlin oder München wünscht sich Pfaff mehr Unterstützung, sondern auch von der Lokalpolitik. Mit Willen und Kreativität ließe sich da manches umsetzen, meint der Oberauracher, und denkt etwa an ein Open-Air-Kino.
Die Strong P.A. in Königsberg möchte sich nach Angaben von Inhaber Norbert Stark ebenfalls an der Aktion beteiligen, welches Gebäude beleuchtet wird, stand am Freitag noch nicht abschließend fest. Angedacht ist, entweder das Rathaus am Marktplatz oder den Schlossberg zu illuminieren. Auch Stark lobt die groß angelegte Aktion einer Branche, die komplett auf "Null" heruntergefahren sei: "Ich denke, dass der Zusammenhalt der Firmen in dieser Zeit ein gutes Signal nach Außen senden und somit eine gewisse Aufmerksamkeit erreicht werden kann."
An die 3000 beleuchtete Gebäude hat Initiator Koperek in einer Karte vermerkt, es könnten - auch im Haßbergkreis - noch weitere dazukommen. Nicht jedes Veranstaltungsunternehmen hat sich bei ihm rückgemeldet.