Dass die Corona-Krise öffentliche Veranstaltungen für mehrere Monate unmöglich gemacht hat, trifft vor allem diejenigen hart, die mit diesen Veranstaltungen ihr Geld verdienen. Oft war in den letzten Wochen von den Sorgen der Künstler die Rede - Musiker, Schauspieler, Kabarettisten und viele andere können nicht auftreten und haben dementsprechend keine Einnahmen. Weniger im Fokus standen dagegen die Mitarbeiter im Hintergrund. Diejenigen, die nicht selbst auf der Bühne stehen, ohne die aber Konzerte und andere Events ebenfalls nicht möglich wären. Dazu gehören beispielsweise Unternehmen, die die Technik für Veranstaltungen zur Verfügung stellen.
"Die komplette Firma ist in Kurzarbeit", sagt Andreas Drees, Managing Director (Geschäftsführer) bei Soundhouse in Haßfurt. Wobei Kurzarbeit in diesem Fall nicht wie bei anderen Unternehmen bedeutet, dass die Mitarbeiter wenigstens noch einen Teil ihrer üblichen Arbeitsstunden leisten können. Bei dem Unternehmen, das Veranstaltungstechnik zur Verfügung stellt, geht momentan gar nichts. "Wir wurden innerhalb von 48 Stunden auf null gesetzt", beschreibt Drees die Tage, in denen klar wurde, dass auf längere Sicht keine Veranstaltungen mehr möglich sein würden. "Niemand arbeitet. Weil es nichts zu arbeiten gibt."
Durststrecke bis zum Jahresende?
So sei die Veranstaltungstechnik eine der Branchen, die es am härtesten getroffen hat, sagt er. Zwar versuche Soundhouse im Moment noch, zumindest ein paar Kunden mit der nötigen Technik für Streaming zu versorgen, was durch die Ausgangsbeschränkungen deutlich an Bedeutung gewonnen hat. Doch richtig Geld verdienen lasse sich damit nicht.
Dazu kommt, dass Drees befürchtet, dass seine Branche eine der letzten sein wird, in der das Geschäft wieder anläuft. Großveranstaltungen dürfen bis zum 31. August nicht stattfinden, aber auch danach glaubt er nicht daran, dass es für sein Unternehmen schnell wieder losgehen kann. Er hält es für realistischer, dass er sich noch auf eine Durststrecke bis zum Jahresende einstellen muss. Denn die Kunden von Soundhouse sind vor allem Superstars, die große Konzerthallen füllen.
Die Branche lebt von Menschenmengen
Als die Corona-Beschränkungen kamen, liefen bei Soundhouse gerade die Vorbereitungen für eine Tour von Roland Kaiser. Auch Santiano und Alex Christensen wären bald mit Technik von Soundhouse auf Tour gegangen, außerdem hätten ein großes Open-Air mit Helene Fischer sowie Musikfestivals wie Rock im Park oder das Taubertalfestival angestanden, für die Soundhouse schon seit Jahren regelmäßig die Technik bereitstellt.
Selbst wenn Veranstaltungen mit bis zu 1000 Besuchern irgendwann wieder freigegeben werden, lägen diese Konzerte noch in weiter Ferne. Aber könnte man nicht für die Übergangszeit Veranstaltungen in "abgespeckter Form" stattfinden lassen? Wäre es nicht für Künstler, die sonst Hallen mit 5000 Zuschauern füllen, immer noch besser, vor knapp 1000 Menschen aufzutreten, als gar nicht aufzutreten? Der Soundhouse-Geschäftsführer glaubt nicht, dass sich das rechnen würde. Selbst wenn der Künstler auf einen Teil der Gage verzichten würde: Wo soll die Bezahlung der Mitarbeiter im Hintergrund herkommen, wo das Geld für die horrende Miete vieler Konzerthallen? In diesem Bereich sei es kaum möglich, die Größenordnung eines Konzerts herunterzuschrauben, ohne dabei gewaltigen Verlust zu machen. "Wir leben davon, möglichst viele Menschen in eine Arena zu bekommen." Und selbst wenn die Veranstaltungen irgendwann wieder erlaubt sind, bleibe die Frage, wie sich bis dahin das Verhalten der Zuschauer verändert. Wie lange wird es dauern, bis sie sich wieder trauen, ein großes Konzert zu besuchen?
Dabei hat Drees bereits in der Vergangenheit zwei schwere Krisen der Veranstaltungsbranche mitgemacht: Nach dem ersten Irak-Krieg und nach den Anschlägen am 11. September 2001 hatte die Angst vor Krieg und Terror dazu geführt, dass für einige Monate Veranstaltungen abgesagt wurden und die Menschen große Angst vor Ansammlungen hatten. "Aber da war ein Ende in Sicht", sagt Andreas Drees. "Nach drei Monaten hat man gemerkt: Es geht weiter."
Spezialisten haben keine Alternative
Auch für ein anderes Unternehmen für Veranstaltungstechnik, das im Landkreis Haßberge beheimatet ist, ist die aktuelle Situation eine Herausforderung: Wenn keine Hilfen vom Staat kommen, könne es für die gesamte Branche schwierig werden, meint Norbert Stark, Geschäftsführer von Strong P.A. mit Sitz in Königsberg. Und wie sieht es mit der Möglichkeit aus, sich alternative Geschäftsfelder zu suchen, mit denen sich auch in einer Zeit ohne Veranstaltungen Geld verdienen lässt? "Das ist halt schwer, wenn man sich spezialisiert hat", sagt Stark. Dabei ist sein Unternehmen sogar noch etwas breiter aufgestellt als die Kollegen in Haßfurt, denn im Gegensatz zu Soundhouse bietet Strong P.A. nicht nur Ton- sondern auch andere Veranstaltungstechnik, beispielsweise für Licht und Video.
Die Zeit ohne Aufträge zu überbrücken, könne zwar funktionieren, aber nicht ewig. "Die Schnellhilfen sind schon geflossen", sagt Stark, aber diese allein brächten noch nicht viel, zumal sie auch noch versteuert werden müssen. Auch seine Mitarbeiter sind derzeit in Kurzarbeit.
Ähnlich wie Andreas Drees ist er sicher, dass seine Branche zu den letzten gehören wird, in denen es wieder losgeht. Wäre nicht das Coronavirus dazwischen gekommen, dann hätte das Unternehmen in diesen Monaten unter anderem Konzerte der Rammstein-Tribute-Band Stahlzeit, die Best-of-Musical-Veranstaltung "This is the Greatest Show" sowie diverse Festivals und – in Zusammenarbeit mit Soundhouse – die Band Haindling mit Technik versorgt.
Ständiger Kontakt mit den Veranstaltern
So hofft er nun, dass wenigstens ein Teil der Veranstaltungen, die für den Herbst geplant waren, stattfinden kann. So könnte er sich vorstellen, dass zu einem Zeitpunkt, zu dem es noch keine großen Konzerte geben darf, immerhin bestimmte Theaterveranstaltungen oder auch Messen möglich wären, für die seine Firma ebenfalls die Technik stellt.
Ein weiteres Problem mit den für Herbst geplanten Veranstaltungen ist, dass, falls sie stattfinden können, einiges an Vorbereitung nötig ist. Doch wie viel Arbeit soll man in ein Projekt stecken, von dem noch in den Sternen steht, ob man es überhaupt umsetzen kann? "Wir stehen immer in Kontakt mit den Veranstaltern", sagt Stark. Die wiederum stünden in Kontakt mit den Ämtern, um möglichst früh einschätzen zu können, ab wann wieder welche Art von Veranstaltungen unter welchen Auflagen möglich sein könnte.