Ein heißer Sommertag, Mitte August. Im Parteibüro der Grünen am Haßfurter Floriansplatz ist es angenehm kühl. An einem runden Tisch im Innenraum sitzt Roland Baumann in einem gestreiften Anzug, sein Blick ist wach. Er wirkt freundlich. Der 51-jährige Dankenfelder ist der Direktkandidat der Grünen im Stimmkreis 604, der den Landkreis Haßberge und Teile von Rhön-Grabfeld umfasst. Er kandidiert zum ersten Mal für den Landtag. 2003 trat er als Bezirkstagskandidat an, allerdings nicht für die Grünen, sondern für die SPD.
Denn der heute Grüne war ehemals ein Roter. Seine politische Karriere verlief "mit einigen Mäander und Winkelzügen" erklärt Baumann im Gespräch mit der Redaktion. 1993 trat Baumann in die SPD ein, hielt der Partei dann jahrelang die Treue. Bis zum Jahr 2019. Da trat Baumann bei den Sozialdemokraten aus – und bei den Grünen ein.
Baumann ist kein Ideologe
"Ich habe die Partei aus inhaltlichen Gründen verlassen", berichtet Baumann. "Der Knackpunkt war der Klimawandel." Der zweifache Vater habe jede Möglichkeit ergreifen wollen, um die Zukunft seiner Kinder zu verbessern. Bessere Chancen dazu habe er bei den Grünen gesehen, erklärt er.
Baumann selbst ist ein gutes Beispiel, dass sich nicht alle Grünen über einen Kamm scheren lassen. Er wirkt entgegen der landläufigen Meinung von den Grünen nicht ideologisiert, erst recht nicht versessen. Wer sich mit dem Dankenfelder unterhält, gewinnt schnell den Eindruck, dass er sich erst gründlich Gedanken macht, bevor er spricht. Im Gespräch mit der Redaktion spricht der Landtagskandidat an diesem Tag viele Themen an. Ab und an hält er inne. Denkt nach. Wägt ab.
Naturnah und heimatverbunden
Ein Tempolimit auf deutschen Autobahnen? Für Baumann eine ideologisierte Debatte. Er selbst ist dafür, dem Klimaschutz und der Fahrsicherheit wegen. Das Gebäudeenergiegesetz von Wirtschaftsminister Robert Habeck? "Zu viel, zu schnell", macht er klar. Und auch ganz generell: von Schnellschüssen halte er nichts. Auf die Frage, ob die Grünen nicht manchmal vergessen, die Menschen mitzunehmen, schmunzelt Baumann. So manche "Pirouette" der Grünen in Berlin habe er auch nicht nachvollziehen können, gibt er zu.
Politische Beschlüsse sollten nicht pauschalisiert werden. Was in der Stadt funktioniere, funktioniere nicht gleichzeitig auf dem Land, sagt Baumann. Ein Beispiel: Der ÖPNV in der Region habe deutlichen Aufholbedarf. "Es ist traurig, dass man auf dem Land als Familie auf ein zweites Auto angewiesen ist." Und auch von der Idee, den Menschen im Steigerwald zu verbieten, mit Holz zu heizen, hält Baumann nichts.
Holz als Heizmittel im Steigerwald
"Das wäre schwachsinnig", sagt der 51-Jährige, der selbst ein Waldstück besitzt. Ebenso eine landwirtschaftliche Fläche, die er jahrzehntelang mit seinen Eltern bewirtschaftet habe. Es sei nur richtig, dass sich die Grünen-Fraktion in Bayern in diesem Bereich für eine Nachbesserung eingesetzt habe. Baumann merkt aber auch an, dass Holz als Heizmittel nicht die Lösung für "alle Neubausiedlungen des Landes" wäre.
Der 51-Jährige beschreibt sich selbst als Heimatmensch, als naturverbunden. Im Nationalpark Steigerwald sieht er Potenzial. "Andere Nationalparks machen in der Summe eher positive Erfahrungen als negative", berichtet er. Der Nationalpark wäre für ihn ein "kleines Juwel", das für den Natur-, Artenschutz und auch deren Erhalt sorgt.
Sein Wunschzettel ist lang, sollte er es ins Maximilianeum nach München schaffen. Landwirte sollen auf dem Markt reelle Preise für ihre Erzeugnisse bekommen, fordert Baumann. Außerdem wolle er die Administration und Bürokratisierung in diesem Bereich abbauen. Er möchte, dass die Energiewende auf allen Ebenen gelingt und die Digitalisierung weiter vorangetrieben wird.
"Die hört nicht auf, wenn das YouTube-Video ruckelfrei läuft", sagt der Dankenfelder. Doch sich etwas zu wünschen und die Sache selbst in die Hand zu nehmen, das sind zwei unterschiedliche Dinge. Das weiß auch Baumann. "Politik ist keine Schön-Wetter-Veranstaltung", sagt er. Wer Ergebnisse sehen will, der müsse auch tätig werden – und keine "Wunschzettelpolitik" aufkommen lassen.
Die Stimmung ihm gegenüber, als Grüner auf dem Land, erlebe er ganz unterschiedlich. Beflügelnd, beschreibt es Baumann auf der einen Seite. "Wir kriegen aber auch ganz schön unser Fett weg", berichtet der Landtagskandidat.
Als Mandatsträger müsse man zwar mit Kritik umgehen können, sagt Baumann. Als im Frühjahr Hetzparolen im Haßbergkreis – "Hängt die Grünen" stand damals auf mehreren Werbebannern – auftauchten, sei das jedoch eine ganz andere Hausnummer gewesen. "Man muss Auseinandersetzungen aushalten können, muss sie sogar suchen", findet der Dankenfelder. Bei Extremismus höre es für ihn aber auf. Mit der AfD würde er im Landtag nicht zusammenarbeiten.