"Rosl, hast scho ghört, mir wern immer digitaler."
"Ach, Lubber" - mein Lieblingsnachbar kennt sich mit solchen Sachen besser aus als ich -, "Du meinst bestimmt den bundesweiten Digitaltag am vergangenen Freitag. Daran haben die Haßfurter doch aktiv teilgenommen. Schließlich ist die Kreisstadt ja Modellkommune als Smart Green City."
"Des is aa so a Zeuch. Ich hab des ja scho oft in der Zeitung geläsn. Des scheint a feina Sach zu sein, weil sonst gäb's ja net so an Haufn Geld vo der Bundesregierung. Aber ich muss der ehrlich sagn, ich hab zwar viel geläsn über des Smart Green City, aber so recht begriffn hab ich's net."
"Aber Lubber, das ist doch nichts Exotisches. Das ist ganz einfach das ganz normale Leben und das auf digital."
"Ich versteh scho wieder nix."
"Es gibt doch Beispiele. Du kannst mit Deinem Smartphone in der Hauptstraße parken. Brauchst kein Kleingeld und musst nicht vorher schon wissen, wie lange Du brauchst, und zahlst auf die Minute nur dafür, wie lange Du wirklich parkst."
"Ich park immer am Mee, da kost's gar nix."
"Oder Du gibst ein, Du möchtest gerne einen Schweinsbraten essen und die App zeigt Dir, wo es den gibt."
"Wo's den gibt? Na wahrscheins in der Wirtschaft - wemmer neidörf mit denna ganza Virn."
"Ach, Lubber, das sind doch nur Beispiele. Smart City heißt, das ganze Leben wird digitalisiert. Die Haßfurter geben sich da große Mühe. Und nicht nur für die Kreisstadt, sie sind natürlich auch Vorreiter für den ganzen Landkreis. Drum war ja am Freitag auch die Staatsministerin Bär beim Digitaltag in Haßfurt."
"Des wärert Zeit, dass die der Dorothee net nerbloß so a Adrabbn ghäm. Wenn nämlich die Digitalisierung so wichtich is, wie sa immer sachn, und des issa, nachert wärerts a langsam notwendich, dafür a gscheits Ministerium einzurichtn, am besten unter aaner richtichn Ministerin Dorothee."
"Stimmt, das wäre angebracht."
"Aber, sach amal, zurück zur Smart City und Deine Beispiele. Ich nämm amal unner Hauptstadt Berlin. Da is scho an ganzn Haufn so smart wie Du sechst. Wenndst nein Zoo willst, musst vorher onlain buch vo wann bis wann mit wie viel Leut und dann klappt des. Oder wenndst mit an Schiffla fahrn willst - da geht's genauso. Kummst hie, steigst ein und los geht's. Des is scho richtich smart."
"Ich sehe, Du verstehst die Thematik langsam..."
"Aber wenn doch Haßfert Smart City is und a Schwimmbad hat. Warum kann dann - konkrets Beispiel - die Omma net onlain für sich und die Mamma und die Enkelich fürn Nachmittag zwää Stund im Bad buch? Des muss doch in aa Smart City net sei, dass die Leut erscht mitn Auto auf Verdacht vo weit herfahrn mit klenna Kinner bei a Bruthitz im Karrn und nachert dürfn sa net nei, weil des Kontingent erschöpft is? Da höckt die Omma dann scho dinna und wart sich Blosn aufn Allerwertesten und die Klenn höckn draußn, plärrn sich an Wolf und dürfn net plantsch? Da nützt mers wenich, wenn so Jubelarien wie am Freitach im eichena Ju-Djub-Dschännl laif übertragen wern, wenn die Digitalisierung im richtichn Leben net funktioniert. Des is dann nämlich net Smart, sondern höxtens Small Green City..."
Online-Buchungen sind nicht "noch nicht möglich" - sondern "nicht mehr" !
Bis vor Kurzem konnte und musste im Haßfurter Schwimmbad ein Termin gebucht werden. Mit fallender Inzidenz wurde das aber wieder abgeschafft.
Und ja: Das führt dazu daß man eventuell mit Kind in der prallen Sonne in der Schlange steht. Meiner Frau und mir ist das mit unserer 13 Monate alten Tochter gerade am vergangenen Freitag passiert - und das ist ärgerlich.
Dennoch: Die Aussage eine Terminbuchung sei "noch nicht möglich" ist falsch. Diese Möglichkeit gab es eben bereits schonmal.
Und auch wenn es für Familien mit Kinder in diesem Fall tatsächlich praktisch wäre - generell stehe ich dieser umfassenden "Digitalisierung" aller Lebensbereiche sehr skeptisch gegenüber. Ich brauche jedenfalls keine "Smart City". Liegt vielleicht daran daß ich beruflich als Software-Entwickler tätig bin