
Ein kleines bisschen Pep verpasste Grünen-Sprecher Harald Kuhn der eher langweiligen Auftaktsitzung des Kreistags Haßberge. Er hatte es ganz gendergenerationstypisch möglichst korrekt formuliert. Sollte die Führungsspitze des Kreistagsgremiums aus drei Vertretern desselben Geschlechts bestehen, sollte noch ein weiterer Vertreter - man erspare mir an dieser Stelle Sternchen und Großschreibung -aus dem nicht berücksichtigten Geschlecht dazugewählt werden. Da mit Landrat Schneider ein Wilhelm und somit Mann bereits vorher feststand, hätte man das auch einfacher haben und einfach die Wahl einer Vertreterin beantragen können - aber was soll's. Es geht ja um die Sache.
Hundert Jahre Wahlrecht für Frauen
Hundert Jahre nach Einführung des Wahlrechts für Frauen, argumentierte der Grünen-Kreisrat, sei es an der Zeit, dass auch im Landkreis Haßberge erstmals für den Landrat eine Stellvertreterin gewählt würde. Da die beiden bisherigen Sachwalter ihre Sache aber gut gemacht haben, wollte man die nicht einfach aufgrund ihrer Zugehörigkeit zum falschen Geschlecht in die Wüste schicken. Also spräche Einiges für eine weitere Landrätin. Nicht nur die Wirkung des Landkreises nach außen, wie Kuhn betonte.
Die Landkreisordnung sollte dem Vorhaben nicht im Wege stehen. Schließlich hatte in der vergangenen Amtsperiode zum Beispiel der Landkreis Rosenheim in Oberbayern sogar fünf Stellvertreter des Landrates im Einsatz. Schwieriger wird es bei der Suche nach der geeigneten Elevin da eher schon aus Gründen des Parteiproporzes. Der Landrat ist CSU'ler, sein erster Stellvertreter auch, der zweite Stellvertreter ist Freier Wähler. Damit würden eine ganze Reihe geeigneter Kandidatinnen wie Birgit Bayer, Sabine Weinbeer, Gertrud Bühl, Heidi Müller-Gärtner, die alle schon als Bürgermeisterinnen oder Stellvertreterinnen Erfahrungen gewonnen haben oder noch sammeln, nicht infrage kommen.
Erfahrung oder Parteiproporz?
Bei den anderen Parteien sind die Vertreterinnen des sogenannten "schwachen"Geschlechts aber eher dünn gesät oder noch absolute Neuling*Innen - jetzt hab ich's doch getan - im politischen Geschäft. Sollten Landrat und Gremium sich dem nicht nur gut gemeinten, sondern auch logischen Vorschlag von Harald Kuhn und seiner Fraktion anschließen wollen, müssten die Kreisräte sich entscheiden, vielleicht doch eine erfahrene Frau zu wählen, die aber aus einem Lager stammt, das schon einen Vertreter entsendet, oder eine Novizin ins kalte Wasser zu werfen.