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Haßfurt
Geplante Schließung des Nierenzentrums: Betroffene Dialysepatienten unter Schock
Ende September soll die Einrichtung den Betrieb einstellen. Eine Entscheidung, die auf Unverständnis trifft. Hier erzählen Leidtragende von ihren Sorgen.
Eine Dialyse-Patientin sitzt an einem herkömmlichen Dialysegerät (Symbolbild).
Foto: Arno Burgi, dpa | Eine Dialyse-Patientin sitzt an einem herkömmlichen Dialysegerät (Symbolbild).
Günther Geiling
 |  aktualisiert: 08.02.2024 20:30 Uhr

Für die Patientinnen und Patienten war die Nachricht ein Schock: Das KfH Kuratorium für Dialyse und Nierentransplantation beendet in Haßfurt zum 30. September den Betrieb der nephrologischen Fachabteilung des KfH-Gesundheitszentrums – und schließt damit auch die Pforten des KfH-Nierenzentrums, das ein Vierteljahrhundert kranke Menschen versorgte. Die derzeit rund 52 Betroffenen sind erschüttert. Sie verstehen Schritt nicht, den der Verein mit Sitz im hessischen Neu-Isenburg nun vollzieht. Von einer flächendeckenden Versorgung, so die Sorge, könne nun keine Rede mehr sein.

Erklärt wird die Entscheidung, die Fachabteilung zu schließen, mit wirtschaftlichen Gründen. Vor allem mit erheblichen Defiziten aus den vergangenen Jahren. Dabei fällt auf, dass Haßfurt nicht das einzige Nierenzentrum ist, das geschlossen wird. In den vergangenen Jahren ereilte dieses Schicksal schon mehrere solcher Einrichtungen, wie etwa 2021 in Trostberg im Landkreis Traunstein. Andere wiederum wurden zusammengelegt.

Andere Zentren in Bamberg, Coburg oder Schweinfurt

Die Haßfurter Dialysepatientinnen und -patienten haben dafür kein Verständnis. Ihrer Meinung nach handele es sich um ein intaktes Zentrum, das mit voller Bettenzahl in zwei Schichten belegt sei. Zu ihrer Dialyse hatten sie hier zumutbare Wege, denn die Mobilität spiele eine große Rolle. Besonders nach einer Dialyse sei man geschlaucht und sehne sich danach, schnell wieder zu Hause zu sein.

Wenn das Nierenzentrum geschlossen werde, müssten sie längere Wege in Kauf nehmen – zu Zentren in Bamberg, Coburg oder Schweinfurt, die auch unter Personalmangel leiden und teilweise voll belegt seien. Dass hier die Versorgung der derzeit 52 Dialysepatientinnen und -patienten dennoch sichergestellt sei, wie es in der Pressemeldung des KfH zum Ausdruck gebracht werde, könne man nur schwer glauben.

Unterschriften an Landrat Wilhelm Schneider

Simone Weigmann aus Breitbrunn.
Foto: Günther Geiling | Simone Weigmann aus Breitbrunn.

Simone Weigmann aus Breitbrunn hat sich deshalb im Auftrag der Patientinnen und Patienten mit einer Unterschriftenaktion an Landrat Wilhelm Schneider gewandt.  "Es ist anscheinend so, dass in unserer Gesellschaft nur noch Profit zählt. Mit den Betroffenen wird da nicht geredet, sondern einfach beschlossen, egal wohin sie kommen. Man kommt sich vor wie eine Herde Tiere, die auch keine Wahl hat", schreibt Weigmann in einer Stellungnahme. Ihre Bitte an Landrat Schneider: Die Schließung nach Möglichkeit doch noch zu verhindern und sich für die Belange der Betroffenen einzusetzen.

Für Maria Stielgerich etwa, sie ist 67 Jahre alt und seit sieben Jahren Dialysepatientin. Sie meint: "Man kann es nicht nachvollziehen. Die Betten waren voll und das Personal hat sich in der Corona-Krise drei Jahre lang aufgearbeitet und Sonderschichten eingelegt. Das war für sie eine Schinderei. Wir sind deswegen geplättet, denn wir haben es mit der Dialyse vor der Haustüre doch einigermaßen gut gehabt. Nun hängen wir voll in der Luft und es kommen schon allein durch die Fahrzeiten weitere Beschwerden auf uns zu."

"Nun hängen wir voll in der Luft und es kommen schon allein durch die Fahrzeiten weitere Beschwerden auf uns zu."
Maria Stielgerich, 67, Dialysepatientin

Nach Coburg zu fahren, wäre eine Zumutung. Zum einen komme hier der Kampf mit den Taxifahrern dazu. Zum anderen hätten die Kassen alles auf die kürzeste Strecke gekürzt. Dass die Versorgung angeblich sichergestellt sei, sieht sie mit gemischten Gefühlen. "Sie wollen anscheinend nur noch große Zentren. Warum das alles geschieht, ist uns ein Rätsel, und wir können es nur als Sparmaßnahmen sehen."

Blick auf das mehrstöckige Gebäude (links) in Haßfurt, in dem das KfH-Dialysezentrum seit vielen Jahren untergebracht ist.
Foto: Günther Geiling | Blick auf das mehrstöckige Gebäude (links) in Haßfurt, in dem das KfH-Dialysezentrum seit vielen Jahren untergebracht ist.

Maria Böhmer aus Ebelsbach ist 68 Jahre alt, schon fünf Jahre an der Dialyse und das dreimal in der Woche. Sie erzählt, welche Gedanken ihr bei der Nachricht der Schließung durch den Kopf schossen: "Ich wollte es nicht glauben, denn das KfH in Haßfurt besteht nun schon seit 25 Jahren. Angeblich machen sie Defizite, aber welches Krankenhaus macht keine Defizite. Einfach die Einrichtung zu schließen, bedeutet für mich, dass sie nicht im geringsten an Bewohner und Bürger denken, für welche die Dialyse jetzt schon sehr beschwerlich ist."

"Einfach die Einrichtung zu schließen, bedeutet für mich, dass sie nicht im geringsten an Bewohner und Bürger denken."
Maria Böhmer, 68, Dialysepatientin

Ein Gespräch wegen dieser Situation sei mit ihr und auch anderen noch nicht geführt worden. Man habe sie nur einmal so nebenbei gefragt, ob sie nicht Heim- oder Bauchfelldialyse machen wollte. Dies sei aber alles nicht so einfach. "Bei mir ist es anscheinend erblich, denn auch die Oma hat es schon gehabt und auch meine Mutter mit 60 Jahren", sagt Maria Böhmer. Sie selbst sei erst in Bamberg zur Dialyse gewesen und weil die Krankenkasse dann den kürzeren Weg nach Haßfurt sah, wäre sie an das KfH in Haßfurt gekommen.

Morgens auf die Arbeit, Nachmittags zur Dialyse

"Ich habe dies mit einem echten Schock aufgenommen, zumal ich noch berufstätig bin", sagt Martin Halfpap aus Unfinden sichtlich gerührt. "Ich bin nämlich bisher früh in die Arbeit gegangen und dann nachmittags zur Dialyse. Wenn die Schließung käme, müsste ich eher das Arbeiten aufhören, um dann bestenfalls nach Schweinfurt zu kommen." Diesen Wunsch habe er schon an die Leitung der KfH-Zentren herangetragen. Ihm sei dann zwar die Möglichkeit einer Heimdialyse genannt worden, aber keine Zusage zu einem bestimmten Zentrum.

"Wenn die Schließung käme, müsste ich eher das Arbeiten aufhören, um nach Schweinfurt zu kommen."
Martin Halfpap, Dialysepatient

"Außerdem würde diese Heimdialyse bei mir wegen einer Prothese der Hauptschlagader gar nicht gehen. Ein richtiges Gespräch ist mit mir aber noch nicht geführt worden. Ich sehe auch die Begleitung durch Nephrologen dann gefährdet." Auch er verstehe die Schließung nicht. 

Die Dialysepatientinnen sind äußerst verunsichert. Denn noch steht nicht fest, wie es für sie nach der Schließung weitergeht. Manche, so erzählen Betroffene, haben vorsichtshalber bereits in anderen Zentren nach einem Platz angefragt, wobei sie eigenen Angaben zufolge meist negative Antworten bekamen oder mit einer "Warteliste" vertröstet wurden. Sollte ihre Unterschriftenaktion keine Wirkung zeigen, bleibt ihnen noch ein halbes Jahr Zeit, um einen für sie so wichtigen Platz zu finden.

 
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  • Floranus
    Hoffentlich bekommen CSU und SPD zur bayerischen Landtagswahl 2023 ihre Quittung von den Wählerinnen und Wählern! Diese beiden Parteien sind die Hauptverantwortlichen für die hausgemachte Misere im Gesundheitssystem! Sowohl auf Bundesebene, auf Landesebene wie auch auf Kommunalebene!
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  • Michael Fischer
    Bei den Politikern ist der normale Patient nichts mehr wert. Nur noch eine Kostenbelastung. Für Coronamaßnahmen wurde soviel Geld verpulvert. Auch die örtlichen Politiker wie in Haßfurt tun so als könnten sie nichts dagegen machen. Heute muss nur noch der Provit stimmen. Das Gesundheitssystem in Deutschland ist kurz vor dem Kollaps, egal was uns die Politiker erzählen.
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  • m.schmitt.stadtlauringen@gmail.com
    Zitat: "Erklärt wird die Entscheidung, die Fachabteilung zu schließen, mit wirtschaftlichen Gründen."

    Was will man von einem Gesundheitssystem erwarten welches größtenteils privatisiert ist und in dem die Gewinnmaximierung das Ziel Nr. 1 ist?
    In Zeiten in denen selbst staatliche Einrichtungen sich in Gewinnmitteilungen übertreffen und staatliche, defizitäre Einrichtungen geschlossen werden braucht man sich nicht wundern.

    Behandlungen die sich nicht mehr finanziell lohnen werden "aus dem Programm" genommen.

    Am Ende leidet der Patient und muss zusätzlich die Gewinne der Krankenhauskonzerne mit seinen Krankenkassenbeiträgen bezahlen.
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