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Landkreis Haßberge
Rückt die Bohrung näher? Fortschritt bei der Suche nach dem "Heizkraftwerk" unter dem Haßbergkreis
Die gravimetrischen Messungen sind abgeschlossen. Wie es nun weiter geht und warum das Geothermie-Projekt auf einen Geldsegen vom Freistaat hoffen darf.
Jürg Naumann von der Gesellschaft für geowissenschaftliche Dienste, kurz GGD, aus Leipzig führt nahe der Burgruine Bramberg gravimetrische Messungen durch.
Foto: Lukas Reinhardt | Jürg Naumann von der Gesellschaft für geowissenschaftliche Dienste, kurz GGD, aus Leipzig führt nahe der Burgruine Bramberg gravimetrische Messungen durch.
Lukas Reinhardt
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:31 Uhr

In tausenden Metern Tiefe soll der Gigant aus Granit schlummern: 38 Kilometer lang, drei bis acht Kilometern breit, und das Wichtigste: bis zu 160 Grad Celsius heiß. Ein natürliches, klimaneutrales Kraftwerk unter dem Kreis Haßberge. Das zumindest ist die Hoffnung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des GeoZentrums Nordbayern an der Friedrich-Alexander-Universität (FAU) Erlangen-Nürnberg.

Sie untersuchen derzeit das geothermische Potential in der Region – und sind nun einen wichtigen Schritt weiter. Zudem könnte das Forschungsprojekt der Geothermie-Allianz-Bayern (GAB) vom Freistaat Bayern schon bald zusätzliche finanzielle Mittel in Millionenhöhe erhalten. Wird eine Nutzung der Energie aus der Tiefe also wahrscheinlicher?

Wissenschaftler messen an 3456 Punkten in der Region

Drei Monate – zwischen August und Oktober – war der von der FAU beauftragte Dienstleister Geophysik GGD aus Leipzig mit speziellen Messgeräten im Landkreis Haßberge sowie in Randbezirken der Nachbarlandkreise unterwegs. Denn dort, im Dreieck Schweinfurt, Coburg, Bamberg, vermuten die Forschenden eine besonders hohe Wärmestromdichte und damit das größte geothermische Potential in ganz Franken.

Diese gravimetrischen Messungen, die an insgesamt 3456 Punkten stattfanden, sind nun abgeschlossen, wie aus einer Pressemitteilung des Forschungsverbunds hervorgeht. Bis auf vereinzelte Probleme wegen schwacher GPS-Signale sei das ein weitgehend reibungsloser Prozess gewesen, heißt es darin weiter. Auch die Bevölkerung sei den Messungen gegenüber aufgeschlossen gewesen.

Rückt die Bohrung näher? Fortschritt bei der Suche nach dem 'Heizkraftwerk' unter dem Haßbergkreis

Mit Hilfe der gesammelten Daten möchten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nun eine Art dreidimensionale Landkarte vom Untergrund erstellen. Diese soll helfen, das Risiko eines späteren Misserfolgs bei der möglichen Erschließung der Erdwärmequelle auszuschließen. 

Doch bis die Messdaten ausgewertet sind, dauert es noch. Das erklärt Dr. Wolfgang Bauer, Geologe am GeoZentrum Nordbayern und Leiter des Forschungsprojekts. "Die Daten müssen zuerst aufbereitet werden, bevor wir sie interpretieren und Aussagen über den Aufbau des Untergrunds treffen können", sagt der Wissenschaftler. Anfang des Sommers 2023 soll der Abschlussbericht vorliegen, so Bauer. Doch schon heute zeigt er sich zuversichtlich: "Ich bin sehr optimistisch, sonst hätten wir diese aufwändigen Messungen nicht gemacht." 

"Ich bin sehr optimistisch, sonst hätten wir diese aufwändigen Messungen nicht gemacht."
Dr. Wolfgang Bauer, GeoZentrum Nordbayern

Positiv stimmen dürfte Bauer auch, was das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie jüngst in einer Pressemitteilung verkündete. Zehn Millionen Euro, so hieß es am Montag aus München, möchte der Freistaat der Geothermieforschung zusätzlich zu Verfügung stellen. Das Geld ist Teil eines 500-Millionen-Euro-Pakets, mit dem die Staatsregierung den Ausbau der Erneuerbaren Energien beschleunigen möchte. Nicht nur ein Signal an die Wirtschaft, sondern auch an die Bevölkerung angesichts extremer Preissteigerungen für fossile Brennstoffe wie Gas und Öl.

Welche Geothermie-Projekte genau profitieren, lässt das Papier offen. "Wenn es auch in unser Vorhaben fließt, freue ich mich riesig", sagt Bauer mit vorsichtiger Zuversicht. "Dann wäre beispielsweise eine Untersuchungsbohrung möglich." Mit einer solchen Bohrung in eine Tiefe von 500 Metern könnten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Messinstrumente im Untergrund installieren. Diese könnten noch detailliertere Erkenntnisse über das Potential der Wärmenutzung in der Region liefern. Auch um mögliche Risiken von Erschütterungen durch die Förderung abzuschätzen.

Vergabe der Mittel ist abhängig von Förderanträgen

Doch profitiert die GAB und damit das Geothermie-Projekt im Haßbergkreis nun auch direkt von diesem Geldsegen? Aus dem Staatsministerium kommen zurückhaltende Worte, hier heißt auf Nachfrage: "Dies hängt davon ab, welche Förderanträge zu Tiefengeothermie-Projekten in Franken in Zukunft gestellt werden." Doch die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Forschungsprojekts können optimistisch bleiben. Grundsätzlich, so die Antwort aus München weiter, soll durch diese Mittel auch die "Tiefengeothermie in Nordbayern vom Grundlagenbereich in Richtung Marktnähe gebracht werden".

Dr. Wolfgang Bauer vom GeoZentrum Nordbayern an der FAU Nürnberg-Erlangen.
Foto: Lukas Reinhardt | Dr. Wolfgang Bauer vom GeoZentrum Nordbayern an der FAU Nürnberg-Erlangen.

Dass die Vorarbeit dafür sich über Jahre hinzieht und Investitionen in Millionenhöhe nötig sind, liegt an den Dimensionen, in welche die Tiefengeothermie vorstößt. Laut Umweltbundesamt werden "nicht nur Wärmereservoire in größeren Tiefen erschlossen" und Löcher von "bis zu fünf Kilometer Tiefe gebohrt". Auch die Anlagen seien wesentlich größer und leistungsfähiger. Am Ende liefern sie nicht nur klimafreundliche Wärme für einzelne Haushalte. Ganze Stadtviertel, etwa in Haßfurt, Bamberg, Coburg und Schweinfurt, sowie Kommunen und Industriestandorte im Maintal könnten profitieren. Ist die Temperatur hoch genug – wie es die Forscherinnen und Forscher auch im Haßbergkreis erwarten –, kann mit einem Geothermiekraftwerk auch Strom erzeugt werden.

Landkreis setzt bislang auf andere Formen

Um die schier unerschöpfliche Energiequelle im Untergrund auch wirklich zutage fördern und nutzbar machen zu können, so erklärt Geologe Wolfgang Bauer, brauche es aber noch mehr als Geld und Geduld, nämlich Kooperation. Einen Verbund verschiedener Stadtwerke in der Region etwa, um das Megaprojekt gemeinsam zu stemmen. Entsprechende Gespräche gebe es bereits.

Bislang setzt man im Landkreis aber vor allem auf Energie aus Wind und Sonne. Norbert Zösch, Geschäftsführer des Stadtwerks Haßurt, will deshalb die Ergebnisse der aktuellen Untersuchung abwarten. "Das ist grundsätzlich schon interessant, doch der Aufwand ist relativ groß", erklärt Zösch auf Nachfrage zurückhaltend. Ob die Erschließung des Potentials aus der Tiefe am Ende also tatsächlich gelingt, ähnlich wie heute schon im Alpenvorland, bleibt also offen. 

Messungen im Landkreis Haßberge

Die Wärmeanomalie  im Untergrund maßgeblich entdeckt hat der Geologe Wolfgang Bauer im Rahmen seiner Dissertation. Darin wertete er vor rund 20 Jahren Daten von Bohrungen aus dem vergangenen Jahrhundert bei Bad Staffelstein, Eltmann und Mürsbach aus. Das Ergebnis: Die Temperaturen in der Tiefe waren allesamt höher als erwartet. 
2018 wurden sogenannte seismische Messungen vorgenommen, um das Erdwärmevorkommen der Region zu ermitteln. Dabei erzeugen Spezialfahrzeuge Schallwellen mit Hilfe einer Rüttelplatte, die auf den Boden abgesenkt wird. Das damalige Untersuchungsgebiet dehnte sich noch über die Städte Haßfurt, Bayreuth, Bamberg und Coburg aus. Gleich dem Schnitt durch eine Torte liefete diese Messmethode  ein zweidimensionales Bild des Untergrunds.
2022 folgten gravimetrischen Messungen. Sie dienen der flächenhaften Bestimmung der an der Erdoberfläche vorhandenen Schwerkraft (Gravitation.) Aus deren Verteilung können Aussagen über die Strukturen des Untergrunds getroffen werden. Hochempfindliche Messgeräte, sogenannte Gravimeter, registrieren dabei geringste Schwerkraft-Änderungen, die von Dichteunterschieden im Untergrund hervorgerufen werden.
Quelle: GeoZentrum Nordbayern
 
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  • Braun_Matthias@hotmail.com
    Ein sehr interessanter Artikel. Ich wünsche ein erfolgreiches Gelingen, dass die gefundene Wärmequelle technisch genutzt werden kann.
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