Auf die Frage, wie ihr ihr Arbeitsplatz gefällt, antwortet Nina Röhr mit einem Wort: "Hammer!" Dabei strahlt die 21-Jährige bis über beide Ohren. Seit Sommer 2019 macht Röhr im Tierheim in Zell eine Ausbildung zur Tierpflegerin. Dass die junge Frau ihren Traumjob gefunden hat, ist ihr deutlich anzumerken.
Das Tierheim für den Landkreis Haßberge nahm im Mai 2018 die Arbeit auf. Mit Nina Röhr macht nun zum ersten Mal jemand eine Tierpfleger-Ausbildung in der relativ neuen Einrichtung, damit ist das Tierheim nun ein offizieller Ausbildungsbetrieb der Industrie- und Handelskammer (IHK). Deshalb bekam das Übergangszuhause für Fund- und Abgabetiere am Montag Besuch von Bildungs-Bereichsleiter Dr. Lukas Kagerbauer und Ausbildungsberater Oliver Proske von der IHK Würzburg-Schweinfurt.
153 neue Ausbildungsbetriebe
Denn neue Ausbildungsbetriebe erhalten von der Kammer eine Urkunde. Immer am Anfang eines neuen Jahres suchen sich Kagerbauer und Proske einen Betrieb aus dem gesamten Bereich der IHK Würzburg-Schweinfurt aus, der im Jahr davor erstmals einen Azubi hatte, um dort symbolisch diese Urkunde zu übergeben. Diesmal war es das Tierheim in Zell, das stellvertretend für alle 153 neuen Ausbildungsbetriebe einen Besuch der IHK-Vertreter bekam.
Zur Urkunde gibt es auch ein Siegel, mit dem die Betriebe an ihrem Eingang darauf hinweisen können, dass dort ausgebildet wird. Ein eigenes Siegel gibt es zudem für Betrieb, in denen ein Azubi seine Abschlussprüfung mit der Note 1 bestanden hat. Auch hier gibt es für den gesamten IHK-Bereich einen stellvertretenden Besuch bei einer Firma, der in diesem Jahr ebenfalls im Landkreis Haßberge stattfand, nämlich beim Maschinenbauer Elso Elbe in Hofheim. Dort hatte im Sommer Jeremias Hau seine Ausbildung zum Fachlageristen mit der Note sehr gut abgeschlossen.
Nina Röhr kommt aus Schweinfurt und hatte 2019 ihr Abitur an der Haßfurter Waldorfschule gemacht. "Dann wollte ich in Richtung Tierphysiotherapie gehen", erzählt sie. Vorher entschied sie sich aber für den Bundesfreiwilligendienst und wollte schon hier mit Tieren arbeiten. Deshalb bewarb sie sich zunächst in Schwebheim beim Tierheim ihres Heimatlandkreises. Dort war zwar keine Stelle mehr frei, doch die Mitarbeiter schlugen ihr vor, es doch mal im Nachbarlandkreis zu probieren. "Wir arbeiten auch gut mit Schwebheim zusammen", ergänzt Britta Merkel, Vorsitzende der Tierschutzinitiative Haßberge, die das Tierheim betreibt.
So kam es, dass Nina Röhr am 1. Juli im Haßberge-Tierheim anfing - zunächst als Bundesfreiwilligendienst-Leistende. "In der Zeit kam die Frage auf, ob ich mir vorstellen könnte, hier eine Ausbildung zu machen", erzählt die 21-Jährige. So verwarf sie ihren ursprünglichen Berufswunsch. "Ich habe gemerkt, dass es das ist, was ich machen will", sagt sie über die Arbeit im Tierheim.
Wenn "gequälte Kreaturen" langsam auftauen
Britta Merkel erinnert sich an den Tag, an dem Nina Röhr ihr Vorstellungsgespräch hatte. Tierheim-Chefin Merkel hatte nicht sofort Zeit für Bewerberin. Da im Eingangsbereich des Tierheims oft Hunde frei herumlaufen, vertrieb sich Nina Röhr die Zeit, in der sie warten musste, mit diesen Tieren. "Als ich sie so gesehen habe, habe ich mir gedacht, sie könnte zu uns passen."
Drei Jahre dauert die Tierpfleger-Ausbildung. "Ich könnte mir nichts besseres vorstellen, als den ganzen Tag mit Tieren zu verbringen", sagt Nina Röhr. Dabei sei es besonders schön, zu sehen, wie sich so manches Tier im Tierheim entwickelt. Denn unter den Fund- und Abgabetieren gebe es durchaus "gequälte Kreaturen", wie es Britta Merkel ausdrückt. Doch mit der Zeit könne man sehen, wie diese Tiere "langsam auftauen", freut sich Nina Röhr.
Genaugenommen macht sie ihre Ausbildung in der "Tierpflege im Bereich Tierheim und Tierpension". Daneben gibt es eine andere Tierpfleger-Ausbildung für Zoos sowie eine für Forschungseinrichtungen, in denen mit Tieren gearbeitet wird.
Sollte Nina Röhr also in ein paar Jahren beschließen, dass sie lieber als Tierpflegerin in einem Zoo arbeiten würde, wäre das nicht ohne weiteres möglich, da die Ausbildungen in den verschiedenen Fachrichtungen recht unterschiedlich sind. Allerdings glaubt die Auszubildende ohnehin nicht, dass ein Wechsel für sie in Frage kommt. "Ich will definitiv in Zell bleiben", sagt sie. "Es ist so schön hier."
Tiere sollen am Leben teilhaben
So lobt sie die Atmosphäre und die Zusammenarbeit im Tierheim. Das Arbeitsklima gefalle ihr sehr gut und auch der Umgang mit den Tieren sei sehr liebevoll. "Darauf legen wir auch viel Wert", betont Britta Merkel. Zwar bestehe der Job eines Tierpflegers zu 90 Prozent aus Putzen, "aber die anderen zehn Prozent sind sehr wichtig". Es gehe eben darum, die Tiere nicht nur zu versorgen, sondern sie auch "am Leben teilhaben" zu lassen.
Wenn ein Tier ein neues Zuhause findet, sehe sie das "mit einem lachenden und einem weinenden Auge": Einerseits freue sie sich, wenn ein Tier ein schönes, neues Zuhause findet, andererseits baue sie zu den Tieren auch eine Beziehung auf, so dass es manchmal schade sei, sie nicht wiederzusehen. "Aber vor allem freue ich mich für die Tiere", sagt sie. Eines der Tiere aus dem Tierheim hat sie dann auch selbst adoptiert: Die erste Katze, die sie selbst mit der Flasche großgezogen hat.