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ERMERSHAUSEN
Ermershausen feiert den Jahrestag der Grenzöffnung
Am 26. Dezember 1989 machten sich tausende Menschen von Ermershausen aus auf den Weg ins Thüringische Schweickershausen. Das Ereignis feiert die Evangelische Landjugend am Freitagabend mit einer Waldweihnacht dort, wo der Eiserne Vorhang Ost und West trennte.
Foto: Adolf Höhn | Am 26. Dezember 1989 machten sich tausende Menschen von Ermershausen aus auf den Weg ins Thüringische Schweickershausen.
Beate Dahinten
 |  aktualisiert: 29.03.2021 10:38 Uhr

Die Evangelische Landjugend (ELJ) feiert am Freitagabend ihre Waldweihnacht an der ehemaligen DDR-Grenze. Der Anlass: Zur Waldweihnacht vor 30 Jahren an der damals noch bestehenden deutsch-deutschen Grenze ging für die Bürger aus dem thüringischen Schweickershausen zum ersten Mal das Tor Richtung Ermershausen auf – wenn auch nur für ein paar Stunden. Die offizielle Grenzöffnung am zweiten Weihnachtsfeiertag wurde mit einem großen Fest in Schweickershausen gefeiert.

„Für uns war es natürlich eine bewegende Zeit“, sagt Bea Hofmann. Die gebürtige Schweickershäuserin und ihr Mann Rainer aus Ermershausen haben sich in diesen Tagen kennengelernt. Schon am 19. Dezember war die damals 17-Jährige mit zwei anderen jungen Leuten auf eigene Faust losgezogen. „Es gab das Gerücht, dass was stattfindet an der Grenze.“ Das Trio hatte den Umweg über den Grenzübergang Eishausen in Kauf genommen und mit dem Begrüßungsgeld in der Tasche in Ermershausen das Gasthaus angesteuert. „Wir kannten Ermershausen nur vom Hörensagen, vom Läuten der Sonntagsglocken und den Silvesterknallern, jetzt war es für uns Realität.“

Unvergesslich und unbeschreiblich

Im „Goldenen Schwan“ tagte am selben Abend die Faschingsgesellschaft Ermetzia, einen Stock höher war Chorprobe. Die Erinnerung an dieses Erlebnis, an die Aufmerksamkeit und die Gastfreundschaft, die den jungen Leuten aus Schweickershausen entgegengebracht wurden, lässt Bea Hofmann heute noch schwärmen. „Unvergesslich“, „unbeschreiblich.“ Noch dazu begegnete sie an dem Abend erstmals ihrem späteren Mann.

Die zweite Begegnung zwischen Bea Koch, wie sie damals noch hieß, und Rainer Hofmann gab es bei der Waldweihnacht am Freitag vor dem Fest. „Es war die allererste Öffnung der Grenze zwischen den zwei Dörfern.“ Viele Ältere, die sich von früher gekannt haben, sahen sich wieder. „Das war auch für uns Jüngere sehr ergreifend.“ Eine andere Augenzeugin berichtet, es seien „wahnsinnig viele Leute“ zusammengekommen.

Ein Treffen an der Grenze in kleinem Kreis hatte es schon Ende November gegeben. Auf Betreiben der CSU-Ortsverbände Ermershausen und Maroldsweisach wurde bei Ermershausen für eine Delegation von Kommunalpolitikern der Union unter Führung von MdB Eduard Lintner und dem Ermershäuser Bürgersprecher Adolf Höhn ein Tor geöffnet, auch im übertragenen Sinn. Unter anderem mit Gerd Grützner vom Rat des Kreises Hildburghausen und Schweickershausens Bürgermeister Ulrich Klette besprachen sie die Möglichkeit eines Grenzüberganges zwischen Ermershausen und Schweickershausen. Die Gemeinde Schweickershausen richtete die alte Verbindungsstraße Richtung Ermershausen als Fußgängerüberweg her.

Die Grenzöffnung am 26. Dezember 1989 war ein Erfolg der gegenseitigen Bemühungen. In der Feierstunde am Morgen – immer noch bewacht von Vopos mit ihren Gewehren – durchschnitten die Ehrengäste symbolisch ein Band und gaben damit den Überweg für Fußgänger frei. Nicht weniger beeindruckend als die Ansprachen über die neuen Möglichkeiten nach 40 Jahren Trennung war das anschließende große Fest in Schweickershausen. „Die Menschen kamen auch von weiter her“, berichtet Bea Hofmann, aus Schweinfurt und Würzburg etwa. Die damals 17-Jährige bekam es als Lektorin beim Dankgottesdienst mit der Angst angesichts der vielen Leute in der Schweickershäuser Kirche. „Ich stand vorne am Pult und hab gedacht: Wenn jetzt die Empore runterbricht…“. Die Bürger des kleinen Dorfes hatten alles aufgeboten, um die schätzungsweise etwa 2000 Besucher zu verköstigen. Sogar ein Shuttle-Service von der Grenze in den Ort war eingerichtet worden.

Kein Vopo mehr an der Grenze

„Das Allerschönste“ für Bea Koch war die Einladung der Ermershäuser zum Weihnachtstanz am Abend. „Kommt doch mit rüber, haben sie gesagt. Ich dachte zuerst: Ihr seid verrückt, die Grenze wird doch abends wieder zugemacht. Aber dann bin ich mit dem letzten Bus nach Ermershausen gefahren. Und just war Ulrich Klette auch auf dem Tanz. Mit ihm sind wir dann später heimgelaufen. Er hatte einen Schlüssel für den Zaun, keine Ahnung, woher. Und von den Vopos war keiner mehr da.“ (bat)

Die Waldweihnacht der ELJ startet am Freitag um 17.30 Uhr am Rathaus mit einem Fackelzug zur Landesgrenze. Ab 18 Uhr wird ein Fahrdienst angeboten.

 
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