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Haßfurt
Energiewende: Internationale Würdigung für Stadtwerk Haßfurt
Seit Jahren setzt sich der kommunale Energieversorger für einen Ausbau der erneuerbaren Energien ein. Das bringt der Stadt und dem Stadtwerk internationale Anerkennung.
Der Windpark im Sailershäuser Wald ist nur eines von vielen Projekten des Haßfurter Stadtwerks, um regenerative Energien voranzubringen.
Foto: Christian Licha | Der Windpark im Sailershäuser Wald ist nur eines von vielen Projekten des Haßfurter Stadtwerks, um regenerative Energien voranzubringen.
Peter Schmieder
 |  aktualisiert: 29.03.2021 10:37 Uhr

Die Liste an Projekten, mit denen das Haßfurter Stadtwerk versucht, die Energiewende voranzutreiben, ist lang. Und vieles davon ist gut aufeinander abgestimmt: Erst kam der Windpark im Sailershäuser Wald, dann mit der Power-to-Gas-Anlage im Hafen eine Möglichkeit, die dort gewonnene Energie zu speichern, und mit dem Wasserstoff-Blockheizkraftwerk ebendort schließlich auch eine Anlage, mit der aus dem Wasserstoff wieder Strom gewonnen werden kann. Dabei setzt Haßfurt nicht nur auf bekannte und bewährte Technik, sondern arbeitet auch mit Forschungseinrichtungen zusammen, die im "Reallabor" Haßfurt neue Methoden testen.

"Es freut uns, dass unser Stadtwerk immer mehr Aufmerksamkeit bekommt", sagt Bürgermeister Günther Werner und lobt vor allem Stadtwerksleiter Norbert Zösch, der schon in den 90-er Jahren, als Werner noch Zweiter Bürgermeister war, "in weiser Voraussicht" vieles angestoßen habe. Das hat dem Stadtwerk nun einen Eintrag im neuen Weißbuch der Internationalen Organisation für Erneuerbare Energien (IRENA) eingebracht. In diesem werden weltweit 44 Energieversorger vorgestellt, die auf eine Versorgung mit 100 Prozent regenerativen Energien hinarbeiten.

Es geht viel mehr, als viele glauben

"Das Stadtwerk Haßfurt hat es als einziger Energieversorger in Deutschland auf die Liste geschafft", sagte Hans-Josef Fell am Donnerstag bei einem Pressetermin zur Vorstellung des Buches. Allerdings sei Haßfurt nicht nur eine von 44 Städten, die hier erwähnt werden, "sondern die herausragende Stadt in Europa". Der ehemalige Grünen-Bundestagsabgeordnete Hans-Josef Fell ist Präsident der von ihm initiierten Energy Watch Group, eines Netzwerks aus Wissenschaftlern und Politikern, die Ausbaumöglichkeiten für erneuerbare Energien suchen.

Diese ist wiederum teil der Coalition of Action, die bei IRENA das Weißbuch herausgibt. "Die Energy Watch Group hat vorgeschlagen, das Stadtwerk Haßfurt aufzunehmen", berichtete Fell. Es sei auch schnell unstrittig gewesen, dass der kommunale Energieversorger die Aufnahme in die Liste verdient habe. "Die Zielvorstellung ist, aufzuzeigen, dass viel mehr geht, als wir glauben."

So wird das Stadtwerk Haßfurt mit seinen Bemühungen um die Energiewende in dem Weißbuch vorgestellt, dazu ist ein Interview mit Stadtwerksleiter Norbert Zösch abgedruckt – auf Englisch, denn in deutscher Sprache ist das Buch nicht erschienen.

Billiger als herkömmliche Methoden

Beim Pressegespräch im Stadtwerk betonte Zösch, es gebe beim Stadtwerk kein Projekt, das sich nicht rechnet. Er und Fell sprachen auch einige Kritikpunkte an den erneuerbaren Energien an, die noch immer in der Bevölkerung verbreitet seien, obwohl sie mittlerweile längst widerlegt oder überholt seien. Obwohl erneuerbare Energien mittlerweile überall auf der Welt billiger zu erzeugen seien als Strom aus Kern- und Verbrennungskraftwerken, halte sich noch immer das Gerücht, durch Öko-Strom würden die Preise steigen.

Bürgermeister Günther Werner, Stadtwerksleiter Norbert Zösch und Ex-Bundestagsabgeordneter Hans-Josef Fell (von links) stellten in Haßfurt das Weißbuch der Internationalen Organisation für Erneuerbare Energien (IRENA) vor.
Foto: Peter Schmieder | Bürgermeister Günther Werner, Stadtwerksleiter Norbert Zösch und Ex-Bundestagsabgeordneter Hans-Josef Fell (von links) stellten in Haßfurt das Weißbuch der Internationalen Organisation für Erneuerbare Energien ...

Auch die Diskussion um fragwürdige Methoden beim Abbau von Rohstoffen wie Lithium oder Kobalt, die in Elektroautos verbaut werden, werde oft unfair geführt. Denn die gleichen Stoffe werden auch in zahlreichen anderen Geräten verbaut, von den Batterien in Autos mit Verbrennungsmotor bis zum Handy. Angesprochen werde das Thema aber nur bei Elektroautos. "Ja, wir müssen bei allen Rohstoffen auf saubere Gewinnung achten. Das gilt aber auch für andere Technik", sagte Fell.

Kein Geld für Ölscheichs und Terroristen

Der Umstieg auf erneuerbare Energien sei nicht nur wichtig für den Umweltschutz. Auch könne sich Deutschland damit von Exporten unabhängig machen, was auch vor dem Hintergrund gut sei, dass das Öl oft aus Ländern stammt, die ein zweifelhaftes Verhältnis zu Menschenrechten haben. "Jeder, der an die Tankstelle fährt, unterstützt irgendeinen Ölscheich", meinte Zösch und Fell ergänzte, dass diese mit deutschem Geld dann oft Terrorismus finanzierten.

Den Gegnern der erneuerbaren Energien warf der Stadtwerksleiter auch die Verbreitung von "Fake News" vor, beispielsweise was den Schattenschlag oder getötete Fledermäuse durch Windräder angeht. Dabei gebe es mittlerweile alle möglichen Techniken, um die Anlagen zu bestimmten Zeiten oder unter bestimmten Bedingungen abzuschalten. Mittlerweile gebe es sogar Kameras in Windrädern, die die Anlage stoppen, sobald sich ein größerer Vogel nähert.

Hans-Josef Fell wies Vogelschutz als Argument gegen Windräder zurück: "Die Klimaveränderung ist die stärkste Bedrohung für Tiere." Und die lasse sich nur mit einem Umstieg auf Ökostrom bekämpfen.

Stadtwerk will Menschen "mitnehmen"

Kritik gab es auch an der Politik, die den Ausbau der erneuerbaren Energien verzögere – beispielsweise durch die 10-H-Regel, die einen zu großen Abstand der Windkraftanlagen von Wohnhäusern fordere, oder durch Gesetze, die große Energieversorger gegenüber kleinen bevorzugen; dabei seien gerade große Versorger oft ein bremsender Faktor und den kleinen werde es schwer gemacht, auf neue Technologien zu setzen.

Das Haßfurter Stadtwerk versorgt derzeit rund 17 000 Menschen mit Strom. Die "bilanzielle regenerative Eigenversorgungsquote" liege dabei bei über 200 Prozent. Das Stadtwerk produziert also sogar mehr Ökostrom, als die Menschen im Einzugsgebiet benötigen.

"Die Bevölkerung steht dahinter", sagte Bürgermeister Werner zum Umstieg auf erneuerbare Energien. Das liege auch daran, dass das Stadtwerk mit Infoveranstaltungen wie dem Energieforum darauf gesetzt habe, die Menschen "mitzunehmen".

 
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