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Bamberg
Drogendeal in Ebelsbach fliegt durch einen verdeckten Ermittler auf: Die Details aus dem Gerichtsprozess
Sie kamen mit dem Zug aus Frankfurt: Zwei Männer, von denen einer im Landkreis Haßberge Drogen verkaufen wollte. Doch dann lief alles anders als geplant.
Zwei Männer, die in Ebelsbach mit Drogen erwischt worden waren, standen nun vor dem Landgericht Bamberg (Archivbild).
Foto: Lukas Reinhardt | Zwei Männer, die in Ebelsbach mit Drogen erwischt worden waren, standen nun vor dem Landgericht Bamberg (Archivbild).
Udo Güldner
 |  aktualisiert: 08.02.2024 15:13 Uhr

Zwei Männer kommen im Mai 2022 mit dem Regionalexpress aus Frankfurt am Main nach Ebelsbach. Einer von ihnen hat Crack und andere berauschende Dinge zum Verkauf im Landkreis Haßberge dabei. So hat er das offenbar schon mehrfach gemacht. Der andere weiß wohl nichts vom Drogenverkauf, will nur einem Bekannten ein Tattoo stechen. Am Ende landen die beiden in U-Haft und schließlich vor dem Landgericht Bamberg, wo die eingangs beschriebene Szene geschildert wird.

Polizisten warteten schon am Bahnhofsgelände in Ebelsbach

Rückblende in den Mai 2022: Thomas (Name von der Redaktion geändert) geht es nicht gut. Er kann sich kaum auf den Beinen halten. Einmal schlägt er auf dem Bahnsteig lang hin, blutet an der Stirn. Die ständigen Drogen fordern ihren Tribut. Seit diesem Schlaganfall ist der Mann nur noch ein Schatten seiner selbst. "Den hätte sogar ein Zwölfjähriger umnieten können", schildert ein Zeuge vor Gericht. Was Thomas damals nicht weiß: Jeder seiner wankenden Schritte wird genau beobachtet. Das gesamte Bahnhofsgelände ist voller Polizisten.

Der 55-Jährige steht aber nicht im Zentrum der Ermittlungen, sondern sein langjähriger Freund, mit dem er im Zug nach Ebelsbach gekommen ist, weil er auf dessen Zugticket kostenlos habe mitfahren können. So viel Geld hat Thomas nämlich nicht, wie in der Gerichtsverhandlung berichtet wird. Er habe in Eltmann ein paar Euro verdienen wollen, indem er einem Bekannten ein Tattoo zu Ende sticht. Doch soweit kommt es nicht. Thomas findet sich in einer Zelle wieder, auch weil er knapp ein Gramm Crack und eine Crackpfeife zum Rauchen der weißen Kristalle in der Tasche hat.

Kriminelle Anfänge bereits in der Jugend gemacht

Nun sitzen Thomas und sein langjähriger Freund, Raimund (58, Name ebenfalls von der Redaktion geändert), auf der Anklagebank des Landgerichts Bamberg. Beide wirken deutlich älter als sie tatsächlich sind. Ihre Delikte reichen bis in die früheste Jugend zurück. Bei Thomas sind es 41 Urteile, mit denen er die Amtsgerichte, unter anderem in Frankfurt und Aschaffenburg, beschäftigt hat. Diebstähle und Einbrüche, Unterschlagungen und Hehlerei – alles, um an Geld für Drogen zu kommen. Außerdem: Körperverletzungen, Bedrohung und Beleidung, wenn er im Rausch war.

In Raimunds Vergangenheit finden sich Prozesse im Saarland, in Hessen und in Bayern. Auch bei ihm waren Betäubungsmittel der Lebensinhalt, wie aus der Gerichtsverhandlung hervorgeht. Es handelt sich dabei offenbar auch um eine Art Selbstmedikation in Folge einer posttraumatischen Belastungsstörung. Von seinem Stiefvater war Raimund in der Kindheit misshandelt worden. Um mit diesen und weiteren schlimmen Gewalterfahrungen weiterleben zu können, greife er seit frühester Jugend zu allerlei Substanzen, hieß es vor Gericht.

Ein Bauchladen voller Drogen

Am Bahnhof Ebelsbach geht es um zehn Gramm Crack, die Raimund dabei hat, um diese an einen Neukunden zu verkaufen. Der aber ist ein Lockvogel der Kriminalpolizei Schweinfurt. Freilich ist Raimund nicht der erhoffte ganz große Fisch. Er ist vielmehr ein Junkie, der die meiste Zeit damit verbringt, das Geld für die eigene Sucht zusammenzubekommen. In seinem Bauchladen hat er normalerweise Heroin und Kokain, Marihuana und Haschisch sowie Crack im Angebot. Verkauft werde in Eltmann, entweder auf der Straße oder in der Wohnung eines Bekannten, heißt es.

Das Gericht verurteilt Raimund wegen des Handels und Besitzes von Rauschgift in normalen und "nicht geringen Mengen" zu einer Haftstrafe von drei Jahren und zwei Monaten. Die Dritte Strafkammer ordnet zugleich eine zweijährige Therapie in einer Entziehungsanstalt an. In einer geschlossenen Abteilung eines Bezirkskrankenhauses soll Raimund seine Drogenprobleme unter Kontrolle bekommen, damit er keine neuen Straftaten begeht.

Thomas kommt auf freien Fuß, weil er seine sechsmonatige Freiheitsstrafe für das bei ihm gefundene Crack durch die U-Haft bereits verbüßt hat. Allerdings hätte ihm nach Meinung des psychiatrischen Sachverständigen eine Therapie mehr geholfen. "Wenn er so weitermacht, wird er die nächsten fünf Jahre nicht überleben", warnte dieser.

 
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