Der Wunsch, seine Freundin im Ruhrpott zu besuchen, war im September vergangenen Jahres größer als der Inhalt seines Geldbeutels. Daher stieg ein 19-Jähriger aus dem Landkreis Haßberge damals in den Zug – ohne Fahrkarte. Dreimal wurde er auf seiner Hin- und Rückreise kontrolliert, und dreimal ohne Ticket erwischt.
In dieser Woche nun verurteilte das Amtsgericht Haßfurt den jungen Mann nach Jugendrecht wegen Erschleichens von Leistungen zu einer Geldauflage in Höhe von 400 Euro, zahlbar an die Tafel in Haßfurt. Als weitere Auflage darf er nicht mehr unentschuldigt an seinem Arbeitsplatz fehlen und er muss die Kosten des Verfahrens tragen. Außerdem muss er den nicht bezahlten Fahrpreis in Höhe von 113 Euro zahlen.
Schwierige Kindheit
In der anvisierten Ruhrpott-Stadt suchte der Angeklagte wohl nach einer Liebe, die er nach Aussage von Jugendgerichtshelfer Franz Heinrich daheim nie gefunden hat. Seine Eltern schlugen ihn und verboten ihm, im Verein Sport zu treiben. Als der Angeklagte sich schließlich an das Jugendamt wandte, kappten die Eltern die Beziehung zu ihm. Er ging freiwillig in ein Heim, wie aus der Gerichtsverhandlung hervorging. Auch seine Geschwister waren auswärts untergebracht.
Auf der Anklagebank räumte der Heranwachsende seine Schuld ein. Seine Freundin im Ruhrgebiet habe Geburtstag gehabt. Daher habe er sie besuchen wollen. Er sei damals arbeitslos gewesen und habe für die Tickets kein Geld gehabt. Ein Unbekannter ist er vor Gericht indes nicht. Wegen Hausfriedensbruchs und sexuellem Missbrauch von Kindern wurde er bereits verurteilt.
Fehlende Reue
Daher stellte das Gericht das Verfahren nicht ein, wie es bei einem Ersttäter üblich gewesen wäre. Die Staatsanwältin bemängelte die fehlende Reue und Einsicht des Angeklagten sowie die hohe Rückfallgeschwindigkeit. Denn schließlich habe er drei Straftaten innerhalb von drei Tagen begangen. Die Anklagevertreterin forderte eine Geldauflage in Höhe von 1000 Euro, was der Angeklagte mit "Ist ok" kommentierte.
Der Vorsitzende Richter Christoph Gillot redete dem jungen Mann ins Gewissen. Er solle sich lieber "fünf Wecker stellen", um nicht noch einmal zu verschlafen. Falls er dies doch tue und seine Arbeitsstelle deswegen verliere, drohten ihm vier Wochen Arrest. "Das ist wie Gefängnis. Das wollen Sie nicht", gab der Richter dem jungen Mann mit auf den Heimweg. Das Urteil ist bereits rechtskräftig.
Ansonsten klingt das nach einem völlig verkorksten Leben von Anfang an, dessen Schuld natürlich die Eltern tragen. Dem Staat ist es wohl auch nicht gelungen dieses verkorste Leben in eine gute Bahn zu lenken.