Die Ereignisse der vergangenen Woche hatten bei einigen Haßfurter CSU-Mitgliedern für Unmut gesorgt. Vor rund drei Wochen hatte die Partei beschlossen, Volker Ortloff als Bürgermeisterkandidatengegen Amtsinhaber Günther Werner (Wählergemeinschaft) ins Rennen zu schicken. Vor wenigen Tagen hat nun die SPD, die bisher noch nicht bekanntgegeben hat, ob sie selbst einen Bürgermeisterkandidaten aufstellen wird, öffentlich gemacht, dass Volker Ortloff von 2009 bis 2017 Mitglied bei den Sozialdemokraten war. So mancher in der Haßfurter CSU ist nun verärgert. Weniger darüber, dass Ortloff Mitglied in einer anderen Partei war, bevor er zur Union wechselte, sondern vor allem darüber, dass sie erst davon erfahren haben, nachdem sie ihn bereits zum offiziellen Kandidaten gemacht hatten - und auch das nicht von ihm selbst, sondern durch eine Pressemitteilung seiner früheren politischen Heimat.
Ortloff nutzte nun die Jahreshauptversammlung des CSU-Ortsverbandes Haßfurt, um zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen. "Richtig ist, dass ich tatsächlich SPD-Mitglied war", sagte Ortloff, betonte aber auch: "Ich war eine Karteileiche". Von seinem Elternhaus her sei er politisch immer ein Mensch der Mitte gewesen, außerdem hätten ihn 2009 einige Positionen der Bundes-SPD angesprochen. Ortloff betonte, er sei lediglich ein passives Mitglied gewesen, habe keine Ämter übernommen und habe auch mit dem Haßfurter Ortsverband der SPD nie etwas zu tun gehabt. In diesem sei er lediglich offiziell Mitglied gewesen, da eben jeder, der der Partei beitritt, einem Ortsverband angehören muss und er daher automatisch dem Verband seines Heimatortes zugeordnet wurde.
Keine Kandidatenschmiede
So wies der Bürgermeisterkandidat vor allem eine Formulierung der Haßfurter Sozialdemokraten zurück: In der Pressemitteilung, die Ortloff als Ex-Genossen geoutet hatte, hatte SPD-Ortsvorsitzender Stephan Schneider die SPD als "Bürgermeister-Kandidaten-Schmiede" bezeichnet, weil auch Amtsinhaber Günther Werner (Wählergemeinschaft) vormals Sozialdemokrat war. "Die SPD Haßfurt hat mich nie gesehen, die hätten mich wahrscheinlich bis vor drei Wochen nicht mal auf der Straße erkannt", erklärte Ortloff. Daher bleibe er dabei, dass er "keinen Stallgeruch" habe.
Dass Ortloff dann nach lange in der SPD geblieben war, obwohl er sich von der Partei entfremdet habe, begründet er unter anderem mit der Verteidigungspolitik der Union. Denn einige Entscheidungen, die "schwarze" Verteidigungsminister getroffen hatten, hätten dem Bundeswehroffizier nicht gefallen. So sprach er beispielsweise die Kundusaffäre von Franz Josef Jung an, die Aussetzung der Wehrpflicht, die Karl-Theodor zu Guttenberg beschlossen hatte, oder den Vorwurf der Führungsschwäche, den Ursula von der Leyen der Bundeswehr gemacht hatte. Auch den heftigen Streit zwischen Angela Merkel und Horst Seehofer über die Flüchtlingspolitik nannte er als Grund, warum er lange mit der Union gefremdelt hatte und sagte über das Flüchtlingskonzept der Sozialdemokraten: "So schlecht ist das nicht." Weiter sprach er von einem gewissen Schwung, den Markus Söder in die Partei gebracht habe.
Letztlich betonte Ortloff sein christliches Menschenbild und seinen Glauben an die Kardinaltugenden. "Die finde ich in der CSU am ehesten", sagte er und meinte: "Es ist legitim, die Meinung zu ändern." Vielleicht habe er "den Umweg über die SPD gebraucht, um bei der Union anzukommen."
"Es war mir nicht mehr wichtig"
Zur Frage, warum über seine "rote Vergangenheit" kaum ein CSU-ler bescheid wusste, betonte Ortloff, er habe es nicht zum Geheimnis machen wollen. "Es war mir einfach nicht mehr wichtig." Dabei räumte er Fehler ein: Er hätte die SPD früher verlassen und in der CSU offensiver mit seiner Vergangenheit umgehen sollen.
Einige Mitglieder der Haßfurter CSU kritisierten ihn in der Sitzung dennoch lautstark. So nahmen ihm nicht alle ab, dass er die SPD-Mitgliedschaft einfach vergessen oder nicht mehr als wichtig erachtet habe, wo er doch sonst alle Vereine, in denen er Mitglied ist, bei seiner Bewerbung erwähnt hätte. "Das, was Sie uns jetzt erzählt haben, hätten Sie doch auch damals kurz darlegen können", sagte Sebastian Jäpel, bezogen auf die Veranstaltung, in der Ortloff als Kandidat aufgestellt worden war. Zudem verwies Jäpel auf die Ehrung langjähriger Parteimitglieder, die vorher in der Sitzung stattgefunden hatte, und verglich diese lange Treue zur Union mit Ortloffs bisher recht kurzer Mitgliedschaft. "Wir suchen einen CSU-Bürgermeister und nicht irgendjemanden."
Ute Ulbrich sagte, dass viele Haßfurter CSU-Mitglieder erst aus der Zeitung von der Sache erfahren hätten, sei eine "Ohrfeige". Sie kritisierte, auch der Vorstand des Ortsverbandes, der im Gegensatz zu den übrigen Mitgliedern von der Vergangenheit des Kandidaten gewusst habe, hätte ihn dazu auffordern müssen, seine frühere SPD-Mitgliedschaft öffentlich zu machen. "Es gibt überall Quereinsteiger", betonte sie, dass auch ein Parteineuling mit Vergangenheit als Bürgermeisterkandidat in Frage komme, doch sie erwarte Offenheit.
Die Bürger stellen Fragen
Stadtrat Jürgen Kehrlein bezeichnete Ortloffs Umgang mit der Situation als "grobes Foul", das viele Stimmen kosten werde, und bezeichnete den derzeitigen Zweiten Bürgermeister Michael Schlegelmilch als "einzigen Bürgermeisterkandidaten, der das noch richten könnte". Schlegelmilch selbst hatte allerdings bisher nie Interesse am Posten des Stadtoberhauptes bekundet. Jürgen Kehrlein und Ubaldo Loiero betonten, als CSU-Mitglied werde man derzeit durchaus auf das Thema angesprochen. "Die Bürger fragen natürlich", meinte Kehrlein. "Es ist ein Schaden entstanden", betonte Loiero und wollte wissen: "Was sollen wir den Leuten sagen?"
Michael Schlegelmilch war es schließlich, der die Partei zum Zusammenhalt aufrief. Er räumte ein, dass Ortloff einen Fehler gemacht habe, meinte aber: "Wir dürfen uns nicht zerfleischen." Die CSU könne dem aktuellen Bürgermeister Paroli bieten, "aber nur, wenn wir zusammenarbeiten".
Und ein Lob gab es am Schluss noch für Ortloff: "Ich bin von dem Kandidaten restlos begeistert", sagte Hubertus Widera. Er habe mit ihm über Sachfragen diskutiert und Ortloff als sehr kompetent wahrgenommen; seinen Fehler habe der Kandidat revidiert.