
Brisante Abstimmung im Knetzgauer Gemeinderat: Nach dem Ergebnis der Rechnungsprüfung hat das Gremium am Montag Bürgermeister Stefan Paulus nur teilweise entlastet. Wie Mark Zehe (CSU), Vorsitzender des Rechnungsprüfungsausschusses, am Tag nach der Sitzung im Gespräch mit der Redaktion berichtet, fiel dieser Beschluss einstimmig. Somit haben auch die Gemeinderätinnen und -räte von CWG und SPD gegen die Entlastung des Bürgermeisters gestimmt - die Gruppierung beziehungsweise Partei also, deren Kandidat Paulus bei der Bürgermeisterwahl war.
Hat der Rathauschef zu viel Geld für Werbung ausgegeben?
Grund dafür, dass der Gemeinderat dem Rathauschef eine vollständige Entlastung verweigert hat, war nach Zehes Angaben das weit überzogene Werbebudget aus dem Jahr 2019. Im Haushalt war ein Betrag von 15.000 Euro festgelegt, über den der Bürgermeister zu Zwecken der Werbung für die Gemeinde frei verfügen kann, ohne jedes Mal einen Gemeinderatsbeschluss zu benötigen. Ausgegeben habe er aber insgesamt 60.000 Euro.
Zehe sagt, der Rechnungsprüfungsausschuss hätte Verständnis gehabt, wenn bei einem Haushalt von insgesamt rund 18 Millionen Euro das im Vergleich dazu relativ kleine Werbebudget ein bisschen überzogen worden wäre. Da aber der Bürgermeister insgesamt das Vierfache dessen ausgegeben habe, was vorgesehen war, sei nun das Vertrauen erschüttert. So hätten es die Ratsmitglieder nicht verantworten können, Paulus vollständig zu entlasten.
"Ein Instrument, mit dem man vorsichtig umgehen muss"
"Das ist ein Instrument, mit dem man vorsichtig umgehen muss", sagt Zehe. Deswegen habe es immerhin eine Teilentlastung gegeben. "Alles abzulehnen, wäre nicht verhältnismäßig gewesen", betont der Vorsitzende des Rechnungsprüfungsausschusses; immerhin habe es in keinem anderen Punkt etwas zu beanstanden gegeben. Wie Zehe berichtet, setzen sich die Werbeausgaben von rund 60.000 Euro zusammen aus rund 30.000 Euro für allgemeine Ausgaben und weiteren 30.000 für das Projekt "Maininformationszentrum" (MIZ) und die Initiative "GeMAINsam".
Der Kämmerer verteidigt den Bürgermeister
Anders als Zehe und die übrigen Kreisräte sieht es Kämmerer Marco Depner. Er betont, das gesamte Werbebudget der Gemeinde Knetzgau für die Jahre 2018, 2019 und 2020 sei sogar unterschritten worden. Demnach seien 40.000 Euro für allgemeine Werbekosten vorgesehen gewesen, die mit 45.000 Euro nur leicht überzogen wurden. 90.000 Euro seien für MIZ und "GeMAINsam" eingepant gewesen, davon habe die Gemeinde aber insgesamt lediglich 36.000 ausgegeben.
Bürgermeister und Verwaltung hätten also nicht insgesamt mehr Geld für die Werbung ausgegeben als eingeplant. Das Problem sei lediglich gewesen, dass der Rathauschef nur bis zu einem Betrag von 15.000 Euro frei über den Verwendungszweck hätte entscheiden dürfen. Bei Kosten, die darüber hinausgehen, wäre ein weiterer Gemeinderatsbeschluss nötig gewesen.
Gewählte Vertreter der Bevölkerung haben eine Verantwortung
Aber eben das ist die Kritik der Ratsmitglieder: "Wenn man für etwas Geld ausgeben will, was vielleicht nicht jeder haben will, dann muss man sich halt einen Gemeinderatsbeschluss holen", sagt Gemeinderat Bernhard Jilke (FDP). Dass das Gremium den Bürgermeister nur teilweise entlastet hat, sei "kein böser Wille" gewesen. "Aber wir machen uns ja mitschuldig, wenn wir das einfach absegnen."
So betont Jilke, dass die Ratsmitglieder als gewählte Vertreter der Bürgerinnen und Bürger auch eine gewisse Verantwortung hätten. "Der Bürgermeister hat niemanden - auch von seiner eigenen Gruppierung - davon überzeugen können, dass das eine Lappalie ist." So seien alle der Meinung gewesen, "dass man da mal den Finger heben muss".
Ein großes Projekt etwas blauäugig angegangen
Dass ein weiterer Gemeinderatsbeschluss über die Verwendung des Geldes nicht eingeholt wurde, bezeichnet Stefan Paulus auf Nachfrage der Redaktion als "einen formellen Fehler, für den ich verantwortlich bin, wobei der vom Gemeinderat genehmigte Ansatz im Haushaltsplan nicht überschritten wurde".

Das sieht auch Kämmerer Depner so, der außerdem erklärt, wie es seiner Ansicht nach dazu kommen konnte, dass in sehr kurzer Zeit sehr viel Geld für Werbung ausgegeben werden musste, gerade was das MIZ angeht. "Es musste schnell gehen", betont er. Zudem sei es im Nachhinein betrachtet wohl "etwas blauäugig" gewesen, bei einem derart großes Projekt so wenig Budget zur sofortigen Verfügung für die Akquise von Fördermitteln einzuplanen. So sei eine Unternehmensberatung mit an Bord gewesen, außerdem mussten Internetauftritte erstellt und Termine mit Landespolitikern organisiert werden. "Aber wir haben sowas eben noch nie gemacht." Und immerhin sei die Akquise im Endergebnis auch erfolgreich gewesen.
Dennoch räumt Depner Fehler ein: "Den Vorwurf muss man sich machen: Wir hätten den Gemeinderat mehr mitnehmen müssen." Nun sei es ein Politikum geworden. Offenbar gehen die Meinungen darüber auseinander, für welche Ausgaben die Begrenzung auf 15.000 Euro galt. Laut Marco Depner galt die Begrenzung lediglich für die Ausgaben für MIZ und "GeMAINsam", es gehe also lediglich um eine Steigerung von 15.000 auf 30.000 Euro, nicht auf 60.000, wie der Rechnungsprüfungsausschuss angibt.
Gemeinderäte fühlen sich übergangen
Die Gemeinderätinnen und -räte ließen sich davon aber in der Sitzung nicht überzeugen. "Für uns ist es im Nachhinein halt blöd, wenn höhere Beträge ausgegeben werden, ohne dass wir informiert werden", sagt Rober Beetz (CWG). "Bei einigen - oder bei allen - ist das sauer aufgestoßen." Sein Fazit lautet daher: "Wir können sowas im Nachhinein nicht gutheißen. Das soll ja auch ein Tipp sein: So bitte nicht mehr!"
Und auch Benjamin Schraven (Grüne) übt Kritik am Rathauschef. "Es war sachlich angemessen", sagt er über die Entscheidung, den Bürgermeister nicht zu entlasten. Zudem bekämen die Gemeinderäte von vielen Leuten das Signal, dass es Zeit werde, zu reagieren. "Leute haben den Eindruck, dass Dinge aus dem Ruder laufen."
Paulus sieht der überörtlichen Prüfung gelassen entgegen
Nun muss sich die überörtliche Rechnungsprüfung mit dem Fall beschäftigen. "Deren Bericht sehe ich gelassen entgegen und werde zu gegebener Zeit Stellung beziehen", schreibt Stefan Paulus.

Und welche Konsequenzen könnten dem Bürgermeister drohen, wenn eine überörtliche Prüfung tatsächlich zum Ergebnis kommt, dass er falsch gehandelt hat? "Die Entlastung ist kein Instrument einer allgemeinen Rechts- oder Zweckmäßigkeitskontrolle oder einer politischen Kontrolle", antwortet Moni Göhr, Pressesprecherin des Landratsamtes, schriftlich auf eine Anfrage dieser Redaktion. "Die Verweigerung der Entlastung hat daher keine unmittelbaren rechtlichen Folgen. Sie kann aber Anlass für die Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen den ersten Bürgermeister oder die sonst Verantwortlichen bieten und die Rechtsaufsichtbehörde zu rechtsaufsichtlichem Einschreiten veranlassen." Ob es zu weiteren Schritten komme, hänge vom Einzelfall ab und müsse im vorliegenden Fall erst noch geprüft werden.
Aber wie ist das jetzt, muss er die Mehrausgaben jetzt selbst tragen, oder wie läuft das?