Das Geschäftsmodell der beiden Angeklagten klang irgendwie nach Robin Hood: Man nimmt den "Reichen" ihr Geld , erzählt den "Armen", dass sie es kriegen, wenn sie mitspielen – und behält einen satten Anteil für sich.
Von „Robin-Hood-Verträgen“ und einem "Schneeballsystem" spricht kopfschüttelnd Reinhold Emmert, der Vorsitzende der Wirtschaftstrafkammer am Landgericht Würzburg: Das Geschäftsmodell funktionierte nur, so lange sich immer neue Dumme fanden, die für die Kosten der früheren Kunden aufkamen. Dann brach das Gebilde zusammen, ein vermögender Geschäftspartner ging pleite. Aber so lange lebten der Angeklagte - der mit seinen modisch nach hinten gegelten Haaren so gar nichts von Robin Hood hat - und sein Komplize von dieser Idee.
4,6 Millionen Euro sollen ein vorbestrafter Finanzberater aus Haßfurt und sein Komplize bei vier Lebensversicherungen abgezockt haben. Als das Lügengebilde schon einzustürzen drohte, erzählten sie ihren Kunden: Man werde in Gold investieren und dabei phantastisch Renditen erzielen. Aber auch das war mehr Wollen als Können.
Verlockende Lebensversicherungen
Richter Reinhold Emmert hat schon viele Arten von Betrügern vor sich auf der Anklagebank im Landgericht Würzburg sitzen sehen. Dennoch spricht Emmert nach zweitägiger Verhandlung von einem „Geschäft, bei dem sich jedem, der halbwegs klar denkt, der Magen rumdreht.“
Die Kunden wurden zum Abschluss von Lebensversicherungen animiert, die für sie eigentlich wirtschaftlicher Unsinn waren. Aber der Angeklagte versprach ihnen, sie würde nur die erste von 144 Monatsraten zahlen müssen, um am Ende über den vollen Versicherungsbetrag verfügen zu können. Und selbst diese erste Rate werde er ihnen heimlich erstatten.
Richter: "Hanebüchener Unsinn"
Dem schlauen Anlügeberater ging es darum, die Provision zu kassieren, die Versicherungen beim Vermitteln solcher Verträge bezahlen. Davon zahlte er die erste Rate seiner Kunden und seinen Lebensunterhalt. Für die angeblich zinsstarken Investitionen, mit denen er satte Gewinne machen wollte, blieb nichts übrig, weshalb diese Geschäfte weitgehend Phantasiegebilde blieben.
Das ganze „war hanebüchener Unsinn“ und „fernab jede Realität“, sagt Richter Emmert beim Urteil. Der Hauptangeklagte hat einen Deal mit dem Gericht gemacht, der den Prozess erheblich abkürzt: Geständnis gegen einen zugesicherten Strafrahmen zwischen sechseinhalb und siebeneinhalb Jahren.
Ein Pseudo-Geständnis
Dann sagt der Angeklagte aber allen Ernstes, er habe sich „nichts Böses dabei gedacht“, was für das Urteil nicht folgenlos bleibt. Selbst sein Verteidiger Hanjo Schrepfer sagt, sein Mandant sei ein Betrüger von seltener Naivität. Sein Leben sei "den Bach runtergegangen", die Lebensgefährtin habe mit ihm Schluss gemacht.
Sein Komplize ringt sich immerhin den Satz ab: „Heute weiß ich, dass ich Fehler gemacht habe.“ Vergeblich plädiert sein Verteidiger Jan Paulsen auf eine Bewährungsstrafe. Emmert schickt den Komplizen für fast fünf Jahre ins Gefängnis. Der Haupttäter muss für Betrug, unerlaubte Bankgeschäfte, Bankrott und Insolvenzverschleppung sogar sechs Jahre hinter Gitter.
Es hätte weniger sein Können, wenn er mit seiner naiven Bemerkung sein Geständnis nicht relativiert hätte. Der Vorsitzende begründet die dadurch höher ausgefallene Strafe im Urteil mit leiser Ironie: "Diese Art, sein Gesicht zu wahren, muss einem dann schon etwas wert sein."