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Haßfurt
Amtsgericht Haßfurt: Ehemann soll seine Frau jahrzehntelang misshandelt und immer wieder vergewaltigt haben
Zum Auftakt des Prozesses machte der Vorsitzende Richter klar, dass die von der Verteidigung geforderte Bewährungsstrafe für das Gericht nicht in Frage kommt.
Immer wieder hat das Amtsgericht Haßfurt auch mit Gewalt in Familien zu tun. Jetzt ist ein 73-Jähriger angeklagt, seine Ehefrau jahrzehntelang misshandelt zu haben. (Symbolfoto)
Foto: Fabian Sommer, dpa | Immer wieder hat das Amtsgericht Haßfurt auch mit Gewalt in Familien zu tun. Jetzt ist ein 73-Jähriger angeklagt, seine Ehefrau jahrzehntelang misshandelt zu haben. (Symbolfoto)
Martin Schweiger
 |  aktualisiert: 21.07.2024 14:03 Uhr

Im Dezember 1976 haben ein damals 25-jähriger Arbeiter aus dem Landkreis Haßberge und seine gleichaltrige Ehefrau geheiratet. Doch nach Angaben, die eine Beamtin der Kripo Schweinfurt am Dienstag am Amtsgericht machte, hielt das Glück nicht lange. Bereits kurz nach der Hochzeit sei der Ehemann handgreiflich gegen seine Frau geworden.

Nach Angaben der Ehefrau bei Ermittlungsbehörden folgte ein jahrzehntelanges Martyrium mit Schlägen, Drohungen und Vergewaltigungen, bis der mutmaßliche Täter im Jahr 2022 aus dem gemeinsamen Wohnhaus auszog. Seit Dienstag muss sich der heute 73-jährige Ehemann vor dem Schöffengericht am Amtsgericht Haßfurt wegen Vergewaltigung in sieben Fällen verantworten.

Bereits im Jahr 2007 hatte die Ehefrau ihren Mann angezeigt, zog diese Anzeige jedoch wieder zurück, sodass die Ermittlungen eingestellt wurden. Erst als auch die eigene Tochter gegen den Angeklagten vorging und ihren Vater wegen sexueller Belästigung im Jahr 2021 anzeigte, kam es zu weiteren Entwicklungen.

Verteidiger will für Geständnis Bewährungsstrafe

Verteidiger Christian Barthelmes (Bamberg) regte in der Verhandlung ein Rechtsgespräch an. Darin sagte er, er könne sich eine Bewährungsstrafe für seinen Mandanten vorstellen, da die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft "detailarm" seien. Zudem handle es sich um eine lange Zeitspanne und das Gutachten sei zu hinterfragen. Im Gegenzug würde sein Mandant ein umfangreiches Geständnis ablegen und auf einen Zugewinnausgleich im Scheidungsverfahren verzichten.

Darauf ließ sich das Gericht jedoch nicht ein. Das Schöffengericht schlug seinerseits einen "Verständigungsvorschlag" vor: Bei einem umfangreichen Geständnis könnten drei der sieben angeklagten Fälle eingestellt werden. Der Angeklagte könne dann mit einer Freiheitsstrafe zwischen zweieinhalb und drei Jahren rechnen. Eine Bewährungsstrafe sei auch bei einem Täter-Opfer-Ausgleich rechtlich nicht vertretbar, sagte der Vorsitzende Richter Christoph Gillot. Denn pro Fall sehe das Gesetz eine Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren vor. Zudem gebe es eine Reihe von Zeugen und ein Gutachten, die den Angeklagten belasten. Nach kurzer Rücksprache mit seinem Mandanten lehnte der Verteidiger diesen Vorschlag ab.

Ehefrau äußert sich nicht vor Gericht

Die Ehefrau selbst machte im Zeugenstand von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch. Dabei würdigte sie ihren Mann keines Blickes. Sie stimmte jedoch zu, dass ihre Aussagen bei der Polizei vor Gericht verwendet werden dürfen. Außerdem entband sie die sie behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht.

Laut der ermittelnden Kripo-Beamtin hat die Geschädigte die Vergewaltigungen durch ihren Ehemann in Kalendern und Therapiebüchern dokumentiert und diese unter Wäschestücken versteckt. Die geschädigte Ehefrau sei erleichtert gewesen, als sie die Dokumente der Polizei übergab. Nach den Aufzeichnungen habe es allein im Jahr 2007 14 Vergewaltigungen gegeben. Ihr Ehemann habe sie in einem Fall "wie ein Irrer durchs Haus gejagt". Er habe auch die Tochter geschlagen, die in ein Frauenhaus flüchtete, wo sie jedoch keinen Platz fand.

Sie habe sich wie ein "Gebrauchsgegenstand" gefühlt, habe ihr die Geschädigte erzählt, sagte die Polizeibeamtin. Die sexuellen Übergriffe seien "Alltag" gewesen.

Da der Angeklagte kein Geständnis ablegte, wird der Prozess am 2. August fortgesetzt. Dann sollen weitere Zeugen zu Wort kommen. Die geschädigte Ehefrau trat als Nebenklägerin auf. Dass das Tischtuch zwischen ihr und ihrem Noch-Gatten noch nicht zerschnitten ist, zeigt sich in der Tatsache, dass sie ihm keinen Gefängnisaufenthalt wünscht. Sie wünsche sich für ihn eine Bewährungsstrafe, sagte ihr Anwalt Alexander Wessel im Gerichtssaal. Sie selbst saß während der Verhandlung nicht im Saal.

 
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