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Obertheres
Akkorde Lernen durch Spielkarten: Wie ein Gitarrenlehrer aus Obertheres den Musikunterricht revolutioniert
Aus einem spontanen Einfall während einer Unterrichtsstunde wurde eine Geschäftsidee. Seit gut einem Jahr gibt es Gerald Brands Akkordspielkarten nun zu kaufen.
Gitarrenlehrer Gerald Brand (links) setzt im Unterricht die Akkord-Spielkarten ein, die seinem Schüler vorgeben, was er spielen soll.
Foto: Peter Schmieder | Gitarrenlehrer Gerald Brand (links) setzt im Unterricht die Akkord-Spielkarten ein, die seinem Schüler vorgeben, was er spielen soll.
Peter Schmieder
 |  aktualisiert: 11.02.2024 03:52 Uhr

Wer lernen will, Gitarre zu spielen, wird nicht darum herumkommen, eine Reihe von Akkorden und Griffwechseln zu üben. Wie greife ich D-Dur, G-Dur oder A-Moll? Und wie komme ich möglichst schnell von einem Griff auf den anderen? Zum Einstieg werden dafür üblicherweise Lieder mit einer einfachen Akkordfolge gewählt, an denen die Musikschülerinnen und -schüler Akkorde und Akkordfolgen üben können. Doch dem Gitarrenlehrer Gerald Brand aus Obertheres ist bei dieser Methode ein Problem aufgefallen. Und er hatte eine Idee, wie sich dieses Problem lösen lässt. Daraus entstanden schließlich seine Akkordspielkarten, die es seit etwas mehr als einem Jahr zu kaufen gibt.

Wenn eine vermeintlich leichte Übung doch nicht funktioniert

"Die Idee ist im Unterricht entstanden", erzählt der 37-Jährige. Gerade habe er mit einem Kind das Lied "Shallow" von Lady Gaga und Bradley Cooper gespielt. Das habe auch richtig gut geklappt. Daraufhin wollte der Gitarrenlehrer das Kind ein anderes Lied spielen lassen, das sich aus den gleichen Akkorden zusammensetzt. Das hätte eigentlich eine leichte Übung sein sollen, funktionierte aber zu Brands Überraschung gar nicht.

Dem Gitarrenlehrer wurde klar: Das Kind hatte offenbar nur die Bewegungsabläufe mit den Fingern auswendig gelernt, die nötig waren, um "Shallow" zu spielen, ohne diese Bewegungen wirklich mit den Akkorden in Verbindung zu bringen. "Der Transfer von Akkordname zu Akkordgriff geht zu langsam", beschreibt Brand die Schwierigkeit. So kam ihm die Idee, seinen Schüler erst einmal Akkorde üben zu lassen, ohne dabei gleich einen bestimmten Song im Kopf zu haben. Erst wenn die Griffe und Griffwechsel richtig sitzen, sollte die Arbeit an einzelnen Liedern beginnen.

Aber wie legt man die Reihenfolge fest, in der die Akkorde gespielt werden sollen, ohne sich an einem Musikstück zu orientieren? Und wie lässt sich die Idee vermitteln, dass die Akkorde in jeder beliebigen Reihenfolge miteinander kombiniert werden können? Spontan bastelte Gerald Brand in der Unterrichtsstunde ein Hilfsmittel: Er schrieb die Namen der Akkorde auf Zettel, die er in beliebiger Reihenfolge hinlegen und auch zufällig durchmischen konnte.

Von den handschriftlichen Karten bis in den Musikladen

Das war Anfang 2019, und so entstand die erste, primitive Fassung der "Akkordspielkarten". Im nächsten Schritt gestaltete Gerald Brand am Computer eine schönere Variante. Dabei entstand auch die Idee, mit farbigen Streifen auf den Karten zu markieren, in welchen Tonarten ein bestimmter Akkord vorkommt. Das heißt: Alle Karten, die mindestens einen Streifen in der gleichen Farbe gemeinsam haben, können miteinander zu einer Übung kombiniert werden.

Mit den Akkordspielkarten können sich Gitarrenschülerinnen und -schüler ihre eigenen Übungen zusammenstellen – auch nach dem Zufallsprinzip.
Foto: Peter Schmieder | Mit den Akkordspielkarten können sich Gitarrenschülerinnen und -schüler ihre eigenen Übungen zusammenstellen – auch nach dem Zufallsprinzip.

Dieser Prototyp der gedruckten Karten hatte bereits die typische Spielkartenform. Zunächst nur für den eigenen Gebrauch gedacht, kam irgendwann der Gedanke, dass das nicht nur für seine eigenen Schülerinnen und Schülern ein gutes Hilfsmittel sein könnte, sondern auch für andere Gitarren-Neulinge. "Am Anfang habe ich recherchiert: Gibt's das schon?" Aber er fand nichts Vergleichbares und so kam der Entschluss, die Karten selbst auf den Markt zu bringen.

"Durch das Zufallsprinzip und das leicht verständliche Farbsystem ist das eine super Ergänzung zum Unterricht."
Armin Gierth, Musikhaus Thomann

Deshalb setzte sich Gerald Brand mit dem Musikhaus Thomann in Treppendorf (Lkr. Bamberg) in Verbindung – dem umsatzstärksten Musikfachhändler der Welt. Von dort bekam er eine positive Rückmeldung: "Der Chef der Notenabteilung war begeistert", sagt Brand. Was dann folgte, beschreibt der Gitarrist als "spannende Entdeckungsreise", denn nun musste er sich in alles hineinarbeiten, was nötig war, um seine Erfindung produzieren zu können. Es ging unter anderem darum, ein Logo zu kreieren, dieses schützen zu lassen und die Karten drucken zu lassen. Fündig wurde Brand bei einer Druckerei in Hamburg, bei der es möglich ist, individuelle Spielkarten drucken zu lassen.

Positives Feedback von Musikfachhändlern und Gitarrenlehrern

Erhältlich sind die Karten nun seit März 2021. Brand vertreibt sie über eine eigene Internetseite, aber auch diverse Musikgeschäfte haben sie im Sortiment, darunter auch Thomann. "Es gab schon viele Versuche, den Gitarrenunterricht spielerisch aufzulockern. Aber meiner Meinung nach ist die Idee mit den Akkordkarten bislang die beste und auch die Umsetzung ist hervorragend", kommentiert Armin Gierth von der Notenabteilung des Musikgeschäfts. "Durch das Zufallsprinzip und das leicht verständliche Farbsystem ist das eine super Ergänzung zum Unterricht", schreibt er weiter. "In unserer Abteilung arbeitete zum Zeitpunkt der Anfrage ein Gitarrenlehrer, der war auch sofort überzeugt vom Konzept."

Auch von anderen Gitarrenlehrern habe Brand schon positives Feedback bekommen. Einer davon ist Klaus Neubert aus Zeil, der das auch dieser Redaktion gegenüber bestätigt: "Die Akkordspielkarten sind gut durchdacht, ansprechend gestaltet und laden auf spielerische und kreative Weise zum Lernen von Akkordkadenzen und zum Experimentieren ein", schreibt er.

Gerald Brand ist der Erfinder der Akkord-Spielkarten. Mittlerweile hat er auch von anderen Gitarrenlehrern positives Feedback bekommen.
Foto: Peter Schmieder | Gerald Brand ist der Erfinder der Akkord-Spielkarten. Mittlerweile hat er auch von anderen Gitarrenlehrern positives Feedback bekommen.

Wer sich bei einem Griff doch nicht ganz sicher ist, wie er gespielt wird, kann die Karte umdrehen. Dort findet sich eine Abbildung, die erklärt, welcher Finger an welcher Stelle greifen muss. Neben den Akkordkarten sind in dem Set auch Rhythmuskarten enthalten, mit denen Gitarrenschülerinnen und -schüler sich auch zufällig einen Schlagrhythmus zusammenstellen können. Aktuell gibt es drei Sets zu kaufen: Ein Anfänger-Set mit neun Akkord- und acht Rhythmuskarten, ein Ergänzungs-Set, das die komplizierteren Barré-Griffe sowie komplexere Rhythmen enthält, und schließlich ein Set für die Ukulele.

Weitere Sets sind in Planung

Weitere Sets sind in Arbeit, so soll es demnächst auch Spielkarten für Bassisten geben, ebenso wie eines mit typischen Jazz-Akkorden und ein Improvisations-Set, das Gitarristinnen und Gitarristen auf einen Blick vermittelt, welche Töne sie verwenden können, wenn sie in einer bestimmten Tonart Melodien spielen. Gerald Brand spricht auch über sein nächstes Ziel: Er möchte zu jedem Set ein Begleitheft schreiben.

"Das ist das schönste, wenn man merkt: Da wird einfach Musik gemacht."
Gerald Brand, Gitarrenlehrer

Und wie schnell kommen die Gitarren-Neulinge mit den Karten voran? Je nach Lerntempo dauere es rund vier bis fünf Wochen, bis sie die Akkorde so weit verinnerlicht haben, dass sie anfangen können, Lieder zu spielen, meint Gerald Brand. Dann versuche er auch, auf den persönlichen Musikgeschmack seiner Schülerinnen und Schüler einzugehen. Wenn jemand Fan einer bestimmten Band oder Musikrichtung ist, sei es fast immer möglich, ein passendes Lied zu finden, das sich mit den bisher gelernten Griffen spielen lässt.

Wenn Kinder anfangen, ihre ersten eigenen Lieder zu schreiben

Wichtig sei ihm im Musikunterricht: "Die Kids sollen das aus Spaß lernen. Ohne Druck." Ein besonderes Erlebnis, das Brand beschreibt, ist wenn Schülerinnen und Schüler mit den Akkordkarten spielen und dann anfangen, eine Melodie zu pfeifen, die ihnen dazu gerade einfällt. Dann habe er ihnen auch schon die Aufgabe gegeben: "Mach doch mal einen Text dazu", und so hätten die Kinder ihre ersten eigenen Lieder geschrieben. "Das ist das schönste, wenn man merkt: Da wird einfach Musik gemacht."

Weitere Infos gibt es im Internet unter www.akkordspielkarten.de

 
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