Es ist eigentlich alles wie immer. Der Laden platzt vor den unterschiedlichsten Artikeln aus allen Nähten. Regal-Schluchten voller Spielzeuge. Dann wieder Bastelbedarf, Stifte, Farben, oder Büroartikel in allen Varianten. Und doch ist in diesen Tagen bei Spielwaren-Hofmann in der Hofheimer Bahnhofstraße alles ganz anders. Die letzten Wochen des Geschäfts in Hofheim sind angebrochen.
Vor dem Kassen-Tresen steht Ruth Fleischmann. Wie so oft in den vergangenen mehr als vier Jahrzehnten. Hier hat die frühere Lehrerin aus Gresselgrund Bastelartikel für die Schule eingekauft. Für sie war's Anlaufstelle für Bastelbedarf, aber mehr noch: "Hier hab ich mich immer gut angenommen gefühlt", sagt Fleischmann. Und entgegenkommend waren die Inhaber obendrein, sagt sie beinahe wehmütig. Das ist an diesem Tag nicht anders, wie in den vergangenen Jahren.
Viel zu schade, um es wegzuwerfen
Geschäftig wuselt Oskar Hofmann im Hintergrund, bringt Artikel an den Tresen, schleppt kleine Geschenke für die Kundschaft an, weil dies und das viel zu schade ist, dass es später einmal weggeworfen werden müsste. "Er ist es einfach so gewohnt", sagt sein Sohn Georg schmunzelnd. Oskar Hofmann ist genau in dieser Zeit zum Geschäftsmann geworden, als das Wort Wegwerfgesellschaft noch ein Fremdwort war.
Dass er einmal Lego, Stifte oder Drucker-Papier verkaufen würde, daran hatte er im Leben nicht gedacht, als seine berufliche Laufbahn mit 14 Jahren in Ebern begann, erzählt der 88-Jährige. In Neubrunn geboren, hatte ihm ein Onkel eine Ausbildungsstelle als Buchbinder vermittelt. In einem Bretterverschlag unterm Dach hatte er bei seinem Lehrherrn gewohnt, erinnert er sich noch genau. Und daran, dass er mit seinen 14 Jahren ja beinahe schon zu alt gewesen sei für eine Ausbildung. "So war das damals halt", sagt Oskar Hofmann und verschwindet unvermittelt. Um kurz darauf wieder zu kommen und ganz stolz zu zeigen, dass Buchbinden nicht nur Handwerk, sondern auch Kunst ist. Zwei schmucke Buchausgaben zeigt er, die er in dieser Zeit gefertigt hatte.
"Die Liebe hat sich dann ergeben"
Der Beruf führte ihn dann nach Hofheim. Marianne Dürr führte in Hofheim eine Buchbinderei und suchte einen Buchbinder. Von einem Vertreter wurde ihr Oskar Hofmann empfohlen und so wechselte er in die damalige Kreisstadt. Zur Firma Dürr, die dann zur Firma Hofmann wurde, denn: "Die Liebe hat sich dann ergeben", beschreibt Hofmann schmunzelnd, dass aus den Beiden ein Paar wurde. Es waren richtig gute Zeiten, berichtet Hofmann. Für das Landratsamt, für die Stadt und für die Pfarrei mussten Buchbinderarbeiten erledigt werden, denn viele lose Blattsammlungen mussten zu Büchern zusammengefasst werden, wie etwa Amts- oder Gesetzesblätter.
Spätestens mit der Gebietsreform, als Hofheim im neuen Landkreis aufging, ging dieses Geschäft enorm zurück. Und so wurden Spielsachen, Schreibwaren und Bastelartikel mit ins Sortiment aufgenommen. Viele Modewellen hat Hofmann gerade bei den Spielsachen erlebt. "Was war da los, als das Federballspiel gerade Mode war", erinnert er sich gerne. Und dann immer wieder die hohe Zeit des Jahres: der Schulanfang. Viele Jahre war dies beinahe die wichtigste Zeit des Jahres. Das war einmal. In den vergangenen Jahren brachte dies nur noch einen Bruchteil der Einnahmen, berichtet Oskars Sohn Georg.
Kundenströme fließen in andere Kanäle
Das Problem, so der 61-Jährige: die Nachfrage ist ja geblieben, aber die Kundenströme fließen in andere Kanäle, in die Märkte, in die Discounter. Für die kleinen Einzelhandelsgeschäfte blieben da nur spezielle Kundenwünsche, die eben die große Konkurrenz nicht bietet. Weit über 20000 Artikel hatte man im Laden zu bieten, erinnert sich Oskar Hofmann, die verschiedensten Bleistifte in den verschiedensten Härtegraden, diverse Vokabelhefte, oder früher auch schon mal 30 verschiedene Tusche-Federn. Georg Hofmann: "Aber nur von ein paar Krümeln vom Kuchen kann ein Mittelständler nicht überleben". Und in einer kleinen Stadt wie Hofheim könne man mit einer Nische so nicht überleben, "das ist nicht rentabel". Vergrößert hatte sich Hofmann deshalb mit einem weiteren Laden, in der Kreisstadt Haßfurt. Und dort geht der Betrieb auch weiter, er bleibt von der Schließung in Hofheim unbenommen.
Was erschwerend dazu kam, so Georg Hofmann, vor allem beim Geschäft mit Spielwaren: "Was die Märkte nicht schafften, das schafft jetzt das Internet". Und der 61-Jährige weiter: früher seien es die Tante-Emma-Läden in den kleinen Orten gewesen, die aufgeben mussten, dann die kleinen bäuerlichen Betriebe und jetzt treffe es auch Mittelständler. Das zeichne sich auch in Hofheim ab, wenn man Hofheim als Geschäftsstadt betrachte. "Wer nur Waren hat, der wird es schwer haben. Gerade in so kleineren Städten". Das Gewicht müsse in Zukunft auf Dienstleistung liegen, so Georg Hofmann.
Ein Segment, das nun kaum noch bedient werden kann
Die Probleme, die Hofmann beschreibt, sieht auch Hofheims Bürgermeister Wolfgang Borst. Er bedauert, dass mit der Schließung des Spielwarengeschäfts Hofmann und im vergangenen Jahr des ähnlichen Geschäftes in der Hauptstraße ein Segment nun kaum noch bedient werde. Dabei sei Nachfrage und damit Kaufkraft-Potential durchaus da, so Borst auf Anfrage der Redaktion. Vielleicht sei dies gerade auch eine Chance für einen Existenzgründer. Auch er sehe die Problematik, dass der Einzelhandel massive Probleme habe. Darum sei es aus Sicht der Stadt wichtig, dass die Innenstadt attraktiv erhalten und gestaltet werde, wie es derzeit mit der Sanierung geschehe.
Wehmut hat Georg Hofmann natürlich, wenn er daran denkt, dass die lange Tradition in Hofheim zu Ende geht. Aber die Entwicklung in den vergangenen Jahren habe auch ihre Spuren hinterlassen. Man könne loslassen, so der 61-Jährige, wenn sich abzeichne, dass die Flächen wieder sinnvoll genutzt würden. Und so ist nach derzeitigen Stand geplant, dass dort Wohnraum entstehen soll.