Waldspaziergänge können erholsam sein. Oder verhängnisvoll, wenn die Naturgewalten überraschend zuschlagen. Wie unerwartet ein Baum umfallen kann, hat sich tragischerweise dieser Tage im Steigerwald gezeigt, als ein Forstarbeiter bei Fabrikschleichach von einem umstürzenden Baum erschlagen wurde. Über die Gefahren im Wald hat die Redaktion schon vor einiger Zeit mit Daniel Steuer, dem stellvertretenden Forstbetriebsleiter bei den Bayerischen Staatsforsten im Forstbetrieb Ebrach, gesprochen. Hier die Antworten, die er damals auf die wichtigsten Fragen gegeben hatte.
Typische Gefahrenpotentiale seien umfallende Bäume, Gipfelbrüche und herabfallende Äste, erklärt Steuer. Auch müsse stets damit gerechnet werden, dass auf den Wegen und Pfaden Äste oder auch Stämme querliegen. Worauf insbesondere Mountainbikefahrende achten sollten, denn hinter jeder Kurve, nach jeder Kuppe könne solch ein Hindernis den Weg versperren. Natürlich sei auch die Rutschgefahr zu benennen, welche sich besonders in den Wintermonaten ergibt, wenn der Boden durchnässt oder gefroren ist.
Wenn auch die Gefahren, im Fachjargon "waldtypisch" bezeichnet, so alt sind wie der Wald selbst, so hinterlässt die Klimaveränderung laut Steuer doch deutliche Spuren: Die Trockenjahre stressen die Bäume und lassen sie anfällig werden; heftige Regen weichen die Böden auf. Und wenn dann beispielsweise ein heftiger Sturm durch die Wälder tobt, halten viele Bäume den Belastungen nicht mehr stand. Es dauere mehrere Tage, bis nach einem heftigen Sturmereignis alle abgebrochenen Gipfel oder Trockenäste herabgefallen sind, denn "auch angeschobene Bäume fallen noch unvermittelt um".
In Waldbeständen und an Waldrändern gilt, dass Grundstückseigentümerinnen und -eigentümer nicht für waldtypische Gefährdungen haften, die sie nicht selber verursacht haben. Dies gilt auch für private Eigentümerwege und fast alle Forststraßen. "Es besteht keine Verkehrssicherungspflicht, auch nicht auf ausgewiesenen Wanderwegen", sagt Daniel Steuer. Der Gipfelbruch etwa stelle eine waldtypische Gefahr da. Es bestehe daher keine Verkehrssicherungspflicht. Wer den Wald besucht, ist somit selber für seine Sicherheit verantwortlich.
Befindet sich der gebrochene Gripfel hingegen an einer öffentlichen Straße, sieht es anders aus. Dort und bei Wegen und Einrichtungen, zu denen Besucher "gelenkt" werden, beispielsweise durch Informationstafeln, gilt, dass der Grundeigentümer für die Verkehrssicherheit beziehungsweise für die Gefährdung, die von seinem Grundstück ausgeht, haftet. Dort müssen Gefahren schnellstmöglich beseitigt werden oder, wenn dies nicht möglich ist, entsprechende Schutzvorkehrungen getroffen werden. Beispielsweise Absperrungen. Gleiches gilt, wenn bei Forstarbeiten ein Baum gefällt wird, dieser aber nicht auf den Boden fällt, sondern sich an einem benachbarten Baum "aufhängt. Diese Gefahrensituation ist vom Eigentümer selber herbeigeführt worden, also haftet er auch für Schäden, die daraus möglicherweise entstehen.
Wie schaut es jetzt in der Praxis aus: An öffentlichen Straßen gibt es zweimal im Jahr eine sogenannte Verkehrsschau durch den Baulastträger der Straße und betroffenen Waldeigentümern. Im Anschluss an diesen Begang werden die notwendigen Verkehrssicherungsmaßnahmen zeitnah durchgeführt. Im Grenzbereich zur Bebauung erfolgt der Begang einmal jährlich eigenverantwortlich durch die zuständige Revierleitung. Auch die nicht öffentlichen Wege, diese umfassen rund 500 Kilometer im Forstbetrieb, werden auf potentielle Gefährdungen angeschaut. Und wenn Betriebsarbeiten in der Nähe sind, werden diese Gefahrstellen in der Regel dann beseitigt. Dies erfolgt nicht in einem zeitlich so kurzen Zusammenhang wie an den öffentlichen Straßen.
"Insbesondere nach Sturmereignissen erhalten wir Hinweise von Waldbesuchern, dass Forstraßen nicht passierbar sind", sagt Steuer. "Den Meldungen gehen wir nach, aber es dauert schon einige Tage manchmal sogar länger bis wir alle Wege mit unseren Mitarbeitern kontrolliert haben." Mit Hindernissen muß gerechnet werden, erklärt Steuer unmissverständlich. In der "Waldfläche" selber werden die Gefahrstellen nicht beseitigt, wer sich in der freien Natur aufhält, unterwegs ist, sollte durchaus im Blick haben, was über dem Kopf so alles passiert oder passieren könnte. Und nach Stürmen sei es sinnvoll, den Wald einige Tage lang nicht zu betreten.
vielen Dank für Ihren Kommentar. Wir weisen an dieser Stelle noch einmal darauf hin, dass unser Reporter das Gespräch mit dem Forstbetrieb geführt hat, lange bevor das Unglück in dieser Woche geschehen ist. Von "Ablenkung" (von welcher Seite auch immer) kann also nicht die Rede sein. Wir haben das tragische Ereignis nun als Anlass genommen, über die Gefahren im Wald aufzuklären.
Mit freundlichen Grüßen aus der Redaktion,
Martin Sage
Ein ehrlicher und aufrichtiger Aufklärungsversuch, über das, was jeder, der in den Wald geht wissen sollte?
Oder ein erster zaghafter Versuch, von einem tragischen Ereignis abzulenken, um Nachlässigkeiten auf den Wettergott oder gar den Leidtragenden abzuwälzen?
Komisch jedenfalls schon, da es Stürme und Windbrüche schon seit Wochen und Monaten, teilweise heftigerer Art, gegeben hat.